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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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angeschlossen. Der quirlige, vergnügte Herr in rosa Brokat, dessen Gesicht von einem überdimensionalen Riechorgan beherrscht wird, ist der Gesandte des Herzogs von Alençon, der, wie alle Welt weiß, sich seit Monaten und Monaten wenig erfolgreich bemüht, einen Ehekontrakt zwischen Königin Elizabeth und seinem Fürsten auszuhandeln. Der steife Mann im schmucklosen, calvinistischen Schwarz ist der Botschafter des niederländischen Rebellenführers Willem von Oranien, mit dem die Königin an einem antispanischen Bündnis schmiedet, und auch der Gesandte des Hofes zu Madrid ist anwesend, beobachtet das Geschehen mit einem Gesichtsausdruck, als habe er zum Frühstück mit Galle versetzten Essig und Ziegelsteine serviert bekommen. Wen ich vermisse, ist Sir Francis Walsingham, und auch sein großer Gegenspieler, der Lordschatzmeister William Cecil, Lord Burghley, scheint nicht anwesend zu sein – schade, ich hätte ihn gerne einmal persönlich kennengelernt.
    In dem ganzen bunten Gewimmel ist mir von Anfang an sofort ein Mann aufgefallen, und das nicht nur wegen seiner Größe. Obwohl er kaum älter als Mitte Vierzig sein kann, ist sein gepflegter Bart bereits schneeweiß. Über einem festen Mund erhebt sich eine große, gerade Nase zwischen stolz geschwungenen Brauen und braunen, ernsten Augen, in deren Winkeln trotzdem der Humor sitzt. Wie etliche andere der Herren trägt er die prunkvolle Ordenskette, die blaue Schärpe und das blaue Knieband des Hosenbandordens, der höchsten Auszeichnung Englands. Zufall oder kein Zufall, aber immer wieder treffen sich unsere Augen.
    »Wer ist das?« frage ich Clifford.
    »Lord Charles Howard of Effingham, der Lordkämmerer des königlichen Haushalts«, klärt mich dieser auf.
    »Sir Adam Dreyling, Herr zu Wagrain, Ebbs, Oberndorf und Stumm, Geschützgießer Ihrer Majestät«, kündigt der Herold an. Ich trete vor, beuge mein Knie, küsse die mir huldvoll hingestreckten, knochigen Fingerspitzen der Königin.
    »Lord Warwick, Sir William Winter und Kapitän Hawkins haben Uns von Euren hervorragenden Geschützen berichtet, Sir Adam.«
    Die Stimme der Königin ist leise, aber bestimmt. Elizabeth ist keine schöne Frau, zu eckig, zu knochig, die schmale, leicht gebogene Nase zu lang, der Mund zu klein; der weiße Puder überdeckt nur unvollkommen unzählige Sommersprossen. Nachdenklich mustert sie mich mit ihren großen, dunklen, klugen Vogelaugen:
    »Wir werden bei passender Gelegenheit selbst der Erprobung Eurer Geschütze beiwohnen. Und Wir sind sehr geneigt, Uns der Meinung Unserer Berater und den Empfehlungen Unseres Ersten Schiffsbaumeisters, Doktor Matthew Baker, anzuschließen, die königlichen Schiffe ausschließlich mit Geschützen aus Eurer Gießerei ausrüsten zu lassen, vornehmlich mit Euren Culverinen oder Feldschlangen, wie Ihr sie selbst wohl bezeichnet.«
    Ich verneige mich tief:
    »Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um Englands Schiffe mit den ihnen würdigen Geschützen auszurüsten, Majestät.«
    Für einen Augenblick huscht ein Lächeln über das Gesicht der Königin:
    »Wir denken, Unser Mohr, Sir Francis Walsingham, hat mit Euch einen glücklichen Griff getan. Wir denken auch, daß es angesichts der verbürgten Qualität der von Euch gelieferten Culverinen, Demiculverinen und Saker angemessen sein mag, wenn Wir Euch den Titel eines Ersten Geschützgießers des Königreiches verleihen.«
    Unter dem Applaus der Umstehenden darf ich nochmals die Fingerspitzen Ihrer Majestät küssen, dann bin ich in Gnaden entlassen, um die Glückwünsche von Matthew, Hawkins und etlichen anderen entgegenzunehmen.
    Und noch einer beglückwünscht mich herzlich, der Lordkämmerer Charles Howard of Effingham. Und ganz gewiß ist es nun kein Zufall mehr, daß Lord Howard schlicht die Tischordnung umstößt, als wir zu dem an Deck bereiteten Mahl schreiten, um sich zwischen mich und Matthew Baker zu setzen. Auch der Grund wird sehr schnell klar, denn obwohl der Lord das höchst zivile Amt eines königlichen Lordkämmerers bekleidet, gilt sein geradezu leidenschaftliches Interesse allem, was mit Schiffen, mit Schiffbau, mit Seefahrt, Seekriegstaktik und Geschützen zu tun hat. Während – neben der Königin selbstverständlich – die Hauptperson des Tages, Francis Drake, am Kopfende der Tafel einen Trinkspruch um den anderen auf Ihre Majestät und England ausbringt, während Diener und Matrosen Gang um Gang des Festmahles auftragen, prasselt ein wahrer Hagel an Fragen

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