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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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Werft von Chatham traben, atme ich tief durch. Ein kurzer Blick über das Werftgelände zeigt mir, daß auch hier ungewohnte Ruhe herrscht, doch das ist wohl der Jahreszeit zuzuschreiben. Als ich vor dem efeuüberwachsenen Haus mit dem breiten Dach und den warm in die einsetzende Dämmerung hinaus schimmernden Fenstern absitze, ist es wie ein Heimkommen.
    »Adam! Was macht Ihr hier?« Mrs. Baker steht unter der Tür, hält sie weit offen. »Kommt herein! Ihr seid ja völlig durchgefroren und durchnäßt! Legt ab und zieht Eure Stiefel aus. Ich werde Euch sofort Decken und einen heißen Kamillentee bringen.«
    »Ist Matthew da?«
    »Aber sicher. Er sitzt hinten in seiner Kathedrale.«
    Ich befreie mich schnell von Mantel, Hut und Handschuhen und gehe den Hausflur hinunter. Als ich die Tür zur Kathedrale öffne, bietet sich mir das Bild einer Idylle: Im Kerzenschein von drei fünfarmigen Kandelabern sitzt Matthew in bequemer Hauskleidung in einem hochlehnigen Polsterstuhl an seinem mächtigen Arbeitstisch, umgeben von dickleibigen, schweinsledergebundenen Folianten, Papieren, Zirkeln, Linealen, Rechenschiebern, Winkelmessern, Federn und Tinte, pafft blaue Rauchwolken aus seiner Pfeife und pinselt eifrig an einer halbfertigen Zeichnung, die vor ihm auf einem Reißbrett aufgespannt liegt. Im Hintergrund knistert ein gemütliches Feuer im Kamin, und neben meinem Freund stehen ein Becher und eine Zinnkanne mit dampfendem Würzwein.
    Matthew springt auf, schüttelt mir die Hände, umarmt mich herzlich:
    »Adam! Wo hast du all die Wochen gesteckt? Puh! Du fühlst dich an wie eine Wasserleiche! Los, runter mit dem nassen Zeug, du holst dir den Tod! Margareth, Decken! Einen heißen Stein!«
    Ohne einen Widerspruch zuzulassen, schälen mich die beiden Bakers bis zur Leibhose aus meinen Kleidern, und Minuten später sitze ich warm und wohlig in Decken verpackt mit einem Becher Kamillentee in der Hand in einem geräumigen Sessel vor dem Kamin. Matthew läßt sich mir gegenüber wieder in seinen Stuhl fallen, streckt die langen Beine aus, entzündet seine erloschene Pfeife neu:
    »Also, was bringt dich bei diesem Mistwetter her nach Chatham? Was hast du überhaupt in den letzten Monaten getrieben?«
    »Nichts.«
    »Nichts?«
    »Nichts! Und genau deshalb bin ich hier. Die Königin hat mir und meinen Nachkommen, wie du vielleicht weißt, Mayfield Furnace auf 99 Jahre überlassen, mit der Bedingung, die Gießerei ständig in Einsatzbereitschaft zu halten.«
    »Und dir damit alle Kosten aufgehängt – ein typisches Tudor-Geschenk«, feixt Baker.
    »Gleichzeitig hat man mir aber fast alle Leute abgezogen …«
    »… die, wie du zugeben mußt, von den anderen Gießereien nur auf königlichen Befehl an dich ausgeliehen waren. Du wirst dir eben auf eigene Kosten neue Leute beschaffen oder dir deine alten von Owen, Hogge und wie sie sonst noch heißen zurückkaufen müssen. Das kostet Geld, gewiß, aber meinst du, ich bekomme meine Männer von der Krone geschenkt? Adam, du hast in den letzten sieben Jahren ganz schön kassiert, du bist kein armer Mann, der sich das nicht leisten könnte …«
    »Natürlich kann ich es mir leisten«, wehre ich ärgerlich ab. »Aber was ich mir nicht leisten kann, das ist, keine Aufträge zu bekommen! Ich habe an das Ordnance Board geschrieben, an das Navy Board - die Herren Winter haben mich nicht einmal einer Antwort gewürdigt. Ich habe Verbindung zum Devonshire-Clan aufgenommen, zu Hawkins und Drake. Man hat mir geantwortet, man sei wohl auf Jahre hinaus mit den hervorragenden Dreyling-Culverinen reichlich eingedeckt. Ich habe mich an Lord Warwick persönlich gewandt - die Schiffe seien so gut bestückt wie noch nie …«
    Matthew antwortet mit ernster Miene:
    »Glaubst du denn, mir geht es im Augenblick wesentlich anders? Schau doch hinaus auf die Werft. Hast du bei mir jemals eine so gähnende Leere erlebt? Ein einziges kleines Schiff der Levant Company zur Reparatur. Und meinst du, bei Pett und Chapman sieht es um ein Haar besser aus?«
    »Aber …«
    »Nichts: Aber! In den letzten Jahren hat die Krone jeden Penny, den sie erübrigen konnte, aus Angst vor den Spaniern in Schiffe und Kanonen gesteckt. Du und ich, wir haben uns eine dicke Scheibe vom Kuchen abgeschnitten. Jetzt sind die Spanier geschlagen und fort. Hast du im Ernst geglaubt, das Schlangengießen und Schiffebauen würde trotzdem unvermindert so weitergehen?«
    »Natürlich nicht. Aber nichts, absolut nichts an Aufträgen«, werfe ich

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