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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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Einrichtungen geschenkt – nein, falsch: auf 99 Jahre verliehen -, und erwartet von mir dafür, daß ich die Gießerei bis zu irgendeiner Zeit der Gefahr und Not des Landes auf eigene Kosten weiterbetreibe!
    Die sind wahnsinnig geworden! Hoffnungslos und vollständig wahnsinnig!
    Und außerdem stinkt es hier! Es ist kein penetranter Gestank. Eher weich, süßlich …
    Ich schaue mich um. Und mein Blick bleibt auf einem riesigen Haufen Pferdeäpfel und einer langen Reihe Tonnen mit Pferdejauche hängen.
    »Was, um der Liebe Christi willen, ist das?« keuche ich.
    »Die sind für die Formerei …«, stottert Orthmann.
    »Das weiß ich auch!« brülle ich meinen Altgesellen an. »Aber wieso sind sie noch hier? Wieso haben die Beamten des Privy Council diesen stinkenden Haufen nicht auch mitgenommen?«
    »Weil er nicht von der Krone bezahlt war, sondern direkt aus Scotney Castle an Euch geliefert wurde.«
    Ich lehne an der Wand des Gußhauses, fühle wie meine Beine unter mir nachgeben, ich die Wand hinunterrutsche, bis ich auf dem Boden sitze. Ich johle, schreie, brülle und lache, lache, lache …
    Pferdepisse und Pferdescheiße …!

Samstag,
der 31. August
    War es ein Sonnenstrahl, der im rechten Augenblick und im rechten Winkel durch die Tür der Formerei fiel? Oder war es eine Ahnung, mehr noch eine innere Gewißheit, die zu meiner Entdeckung heute nachmittag führte?
    Auf der feinen Lehmschlämme des Bodens waren mir eingedrückte Linien aufgefallen, gerade so, als hätte dort jemand gezeichnet. Auch wenn die Linien durcheinander und übereinander liefen, teilweise von Fußabdrücken verwischt waren, erkannte ich sie augenblicklich: die Linien der Formbretter für meine Geschütze, die sauber aufgereiht der Größe nach vom 0,5pfünder Robinet bis zur 66pfünder Cannon-Royal an der Rückwand des Raumes aufgehängt sind. Irgend jemand hatte sie offensichtlich eine nach der anderen abgenommen, auf den Boden gelegt und fein säuberlich auf Papier oder Leinen mit einem spitzen Stift nachgezeichnet! Die Parallele zu den einstigen »Mumienbinden« Katharina Löfflers in unserer vorgezogenen Hochzeitsnacht ist unverkennbar!
    In meinem Arbeitszimmer grüble ich nach: Wer? Für wen?
    Das für wen ist rasch geklärt. Wenn nicht für sich selber, dann mit Sicherheit für Sir Francis Walsingham, der vom ersten Tag meines Aufenthaltes in England versucht hatte, hinter meine Gußgeheimnisse zu kommen.
    Und wer? Solange meine Gießerei in vollem Betrieb war, wären die verräterischen Spuren binnen Stunden zertrampelt und verschwunden gewesen. Bleiben also nur vier Personen, die hier versucht haben können, meine Siegel zu brechen, jene vier, die mir noch in Mayfield Furnace die Treue halten …
    James Paine, der Schmelzmeister? Bei seiner Tätigkeit war er stets auf einen recht kleinen Teil der Gießerei beschränkt geblieben, nämlich auf seine Öfen und Tiegel. Erst jetzt hätte sich für ihn die Gelegenheit ergeben, sich auch in den anderen Teilen der Gießerei umzusehen. In seiner Position hatte ich ihm natürlich die Legierungsverhältnisse meiner verschiedenen Bronzesorten anvertrauen müssen, auch das der ›AD‹-Bronze – bis auf eine Kleinigkeit, den Zusatz an Antimon. Für Walsingham wäre er zweifellos eine interessante Informationsquelle, wenn auch eine letztlich nutzlose. Auf eigene Rechnung zu spionieren, traue ich ihm nicht zu. Paine ist der geborene Untergebene, ein Mann, der geradezu panische Angst vor Eigenverantwortung hat.
    Jonathan Stanton, der Schreinermeister? Seine Arbeit hatte ihn stets durch alle Teile der Gießerei geführt – ideal für einen Schnüffler. Zugute halten muß man ihm, daß er einerseits aufgrund seines Berufes kein Eigeninteresse haben kann, zum anderen, daß er sich genau aus diesem Grund auch kaum Kenntnisse über Schmelze und Guß aneignen konnte.
    Ysabel! Daß sie von Anfang an offen zugegeben hat, für Walsingham zu arbeiten, mag dazu dienen, mich vertrauensselig zu machen. Meine Vorsicht hat sie freilich nie so weit einlullen können, daß ich ihr echte Geheimnisse der Gießerei anvertraut hätte. Auch ist es eigentlich unlogisch, wie mir jetzt auffällt, für Walsingham meine Formbretter abzuzeichnen – auf den Schiffen Englands befinden sich so viele meiner Geschütze, daß Sir Francis an ihre äußere Form, bei Gott, einfacher herankommen kann. Wer diese Linien auf dem Boden der Formerei hinterlassen hat, der will dieses Wissen nicht in England verkaufen.
    Doch wo? In

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