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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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ein.
    Matthew versucht, mich zu beruhigen:
    »Die kommen schon wieder. Holz verrottet. Und weil Holz verrottet, haben Schiffe nicht das ewige Leben.«
    »Bronze verrottet nicht!«
    Matthew wiegt nachdenklich den Kopf:
    »Das ist wahr. Ein erstklassig gegossenes Bronzegeschütz schießt auch nach 50 oder 100 Jahren noch so gut wie am ersten Tag. Ich fürchte, du warst zu fleißig, Adam, und du hast zu gute Qualität geliefert!«
    »Ein schöner Trost! Und was soll ich jetzt machen? Was machst du?«
    »Ich? Ich schreibe ein Buch.«
    »Ein Buch? Worüber?«
    »Über die Kunst des Schiffbaus. Da schau her.«
    Baker reicht mir das Reißbrett. Mit feinen Tintenstrichen sind auf dem Papier zwei Schiffsrümpfe zu sehen, teilweise bereits farbig koloriert.
    »Die B ULL und die T IGER «, stelle ich fest.
    Matthew deutet auf die anderen Papiere auf seinem Arbeitstisch.
    Ich sehe Blätter mit Spantrissen, Blätter mit Formeln und Berechnungen und detaillierten Beschreibungen.
    »Weshalb machst du das nicht auch?« fragt mein Freund. »Weshalb schreibst du kein Buch über die Kunst des Bronzegeschützgusses?«
    »Und plaudere dabei all meine Gußgeheimnisse aus?«
    Matthew schmunzelt.»Weshalb denn nicht? Meinst du etwa, ich veröffentliche mein Buch morgen oder übermorgen? Nein, das bleibt bis zu meinen Tod säuberlich hinter Schloß und Riegel, und erst dann geht es als Erbe an die Universität von Cambridge.
    Weshalb machst du es nicht genauso, Adam? Meine Schiffe – irgendwann wird das letzte im Meer versunken oder abgewrackt sein. Deine Schlangen – irgendwann wird die letzte eingeschmolzen werden. Wer wird sich dann an Adam Dreyling und Matthew Baker noch erinnern?
    Holz und Bronze vergehen. Was die Zeiten überdauert, steht auf Papier!
    Also Adam, tu etwas für deinen Nachruf, für deine Unsterblichkeit!«

Donnerstag,
der 21. November
    »Tu etwas für deine Unsterblichkeit. Schreibe ein Buch.«
    In den ruhevollen, harmonischen Tagen in Chatham habe ich mir den Vorschlag meines Freundes sehr genau überlegt. Ich weiß, daß er so unrecht nicht hat. Aber ich bin nicht Matthew Baker. Ich habe nicht seine innere Ruhe, seine Gelassenheit des Gelehrten, der zu seinem Spaß Schiffe baut. Ich kann, ich will mich nicht damit abfinden, den Rest meiner Tage in einer wohlgeheizten Stube zu hocken und Papier zu bekritzeln.
    Und da ist noch etwas, das mich treibt: Das zweischneidige königliche Geschenk von Mayfield Furnace auf 99 Jahre kann ja wohl nicht alles gewesen sein, was England an Dank dem Mann abzustatten bereit ist, dessen Geschütze die unüberwindliche Armada überwunden haben! Auch hier bin ich nicht wie mein Freund Matthew, dem es gleichgültig zu sein scheint, ob man seine Verdienste nun gebührend würdigt oder nicht. Wenn man meine Verdienste zu vergessen gedenkt, dann werde ich eben die Verantwortlichen nachdrücklich daran erinnern. Mag Matthew auf seine angemessenen Lorbeeren verzichten, ein Dreyling wird dies nicht tun!
    Als mein Boot an Woolwich und Deptford vorbeizieht, halte ich mit wachsamen Augen Ausschau nach den Werften. Matthew hatte recht. Zwar liegen im Unterlauf der Themse zahlreiche Schiffe vor Anker, viele davon, die an der Schlacht gegen die Armada teilgenommen haben. In den Takelagen kriechen auch da und dort ein paar Männer herum, aber von energischen Reparatur- und Erneuerungsarbeiten ist nirgendwo etwas zu entdecken. In den Werften von Pett und Chapman herrscht Friedhofsruhe, selbst die sonst üblichen winterlichen Ausbesserungsarbeiten an den Schiffen scheinen für heuer abgesagt worden zu sein.
    Ein gedrungener Kirchturm mit spitzem Helm inmitten einiger Häuser und Hütten am Ufer rechter Hand läßt einen Gedanken in mir aufblitzen: Stepney – William Davison! Auch er ja ein Mann, der sich unbestreitbare Verdienste um England erworben hat und zunächst seinen gerechten Lohn nicht einfordern durfte … Spontan gebe ich den Ruderern das Zeichen, an der schmalen Holzmole von Stepney anzulegen.
    Stepney Cottage in dem geräumigen, ummauerten Park sieht unverändert aus seit meinem letzten Besuch. Allerdings ist von den damals so übereifrigen Wachen und Hunden nichts zu entdecken. Ich durchschreite ungehindert das Parktor und lasse den schweren Bronzering des Klopfers gegen die Haustür dröhnen. Die Tür öffnet sich einen Spalt, und ein grauhaariger Diener beäugt mich mißtrauisch.
    »Ist Master William Davison zu Hause? Meldet ihm bitte Sir Adam Dreyling.«
    »Adam Dreyling? Adam!« die

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