Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

werde also – auf eigene Kosten – Leute anwerben, kaufe – ebenfalls auf eigene Kosten – das benötigte Material.«
    Sir Francis stimmt zu:
    »Das wird von Euch erwartet, und so steht es in der Schenkungsurkunde geschrieben.«
    »Wann erhalte ich die nächsten Gußaufträge?«
    »Dazu müßt Ihr Euch an das Navy und Ordnance Board wenden, an Sir William Winter oder Lord Warwick.«
    »Das habe ich bereits getan! Und darüber hinaus an Sir Francis Drake und Sir John Hawkins.«
    »Wunderbar!«
    »Was heißt hier wunderbar?« reagiere ich erbost. »Man hat mir mitgeteilt, daß alle Schiffe mit Geschützrohren versorgt, ja, überversorgt seien. Man brauche bis auf weiteres keine Kanonen!«
    »Das ist verständlich«, bestätigt Walsingham trocken, um dann in versöhnlichem Ton fortzufahren: »Sir Adam, ich verstehe ja Eure augenblicklichen Probleme. Die Krone ist bereit, Euch ein Grundstück direkt neben Mayfield Furnace um einen günstigen Preis zu verkaufen.«
    »Und wozu soll das gut sein?«
    »Ihr habt die Formereien, Ihr habt die Brennöfen, Ihr habt die Bohreinrichtungen, Ihr habt Erfahrung mit Geschützen. Ihr könntet auf jenem Gelände doch einen Hochofen und ein Gußhaus für Eisengeschütze errichten. Eisengießer, die sich mit der Schmelz- und Gußtechnik auskennen, gibt es im Weald genug, um Euch dabei zur Hand gehen zu können. Unsere Arsenale sind zwar voll, doch nach dem Sieg über die spanische Armada sind englische Geschütze überall in Europa gesucht. Hogge, Owen und die anderen verdienen prächtig mit der Ausfuhr ihrer Eisenrohre! Ihr würdet selbstverständlich ebenso leicht eine Ausfuhrgenehmigung der Krone bekommen.«
    Für die Dauer eines Atemzuges hat das Angebot etwas Verlockendes. Aber nein! Ich werde meinen Namen nicht mit diesem Eisenschund beschmutzen!
    »Ich bin Bronzegießer!« stelle ich unmißverständlich klar. »Und ich bleibe Bronzegießer!«
    »Nun, dann werdet Ihr Euch eben für eine Weile auf Eure Kenntnisse als Kunstgießer stützen müssen. In England werden auch Kirchenglocken, Kerzenleuchter, Handwaschbecken benötigt.«
    »Der zur Zeit berühmteste Geschützgießer Europas gießt Handwaschbecken! Das kann doch nicht Euer Ernst sein, Sir Francis! Ich habe schon im letzten Monat um die Erlaubnis gebeten, einige Aufträge, die mir aus Frankreich, Dänemark und Schottland angetragen wurden, ausfuhren zu dürfen. Ich habe bis heute keine Antwort!«
    »Ihr habt den abschlägigen Bescheid noch nicht erhalten?« wundert sich mein Gegenüber.
    »Abschlägigen Bescheid?«
    »Sir Adam, Eure Kanonen und Dr. Bakers Schiffe sind das Fundament für Englands Seemacht. Mit ihrer Hilfe wurde die Armada geschlagen. England wäre wahnsinnig, wenn es diese, seine besten Waffen, aus der Hand geben würde! Das wäre ja ebenso wahnwitzig, als wollten wir Euch oder Dr. Baker erlauben, England zu verlassen und anderswo zu arbeiten!«
    »Ihr gebt also zu, daß Englands Rettung und Englands künftige Seemacht auf zwei Säulen steht: den Schiffen Matthew Bakers und meinen Geschützen?«
    Sir Francis Walsingham bestätigt: »Ja, so könnte man das ausdrücken.«
    »Was hat Matthew eigentlich als Belohnung erhalten?«
    »Die Universität von Cambridge hat ihm einen Lehrstuhl für Mathematik angeboten.«
    »Jenen Lehrstuhl, den er schon dreimal ausgeschlagen hat, weil ihn Schiffe mehr interessieren als staubige Folianten und faule Studenten? Und das erachtet die Krone als ausreichenden Dank? Für Matthew Baker einen Lehrstuhl, den er nicht haben will, und für mich eine Gießerei, die ich mangels sinnvoller Aufträge nicht betreiben kann?«
    »Master Baker und Ihr könntet gemeinsam in Cambridge lehren, das wäre für alle Seiten von Vorteil!«
    Ich verliere endgültig meine Fassung:
    »Ist Euch eigentlich klar, was wir getan haben? Mein Freund Matthew und ich, ich, Adam Dreyling zu Wagrain, haben England gerettet!«
    »Ja, das habt Ihr«, bestätigt Sir Francis. »Ihr, Sir Adam, und Master Baker und Lord Charles Howard of Effingham und Sir Francis Drake und Lord Henry Seymour und Sir John Hawkins und Sir Martin Frobisher und Sir William Winter und Dutzende von Kapitänen und Hunderte von Offizieren zur See und zu Land und Tausende von Matrosen und Soldaten und Zehntausende von Schmieden und Zimmerleuten und Bergleuten und Seilern und Faßbindern und Webern und Bauern und und und …
    Den Sieg über die unüberwindliche Armada hat nicht ein einzelner Mann errungen, nicht der Lordadmiral oder Francis