Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
Vom Netzwerk:
schuld. Er hat die Sache eingefädelt. Sein Minnegesang dröhnt mir heute noch in den Ohren:
    »Mein lieber Bruder Adam!« begann er damals. »Wie die Wogen der Nordsee aufeinander folgen, so knüpft eine Verbindung an die andere. Verbindungen enden niemals. Der Vater Klementynas knüpft die Postverbindungen in Europa, und du läßt dich gefälligst mit seiner Tochter verknüpfen. So hast du doppelt ausgesorgt. Die Familie Montelupich befördert sicher und schnell die Post des Königreiches, und du beförderst Klementyna, das hübsche Kind, in den Ehestand und gründest endlich wieder eine Familie. Klementyna ist für dich in Krakau die Morgenröte der neuen Zeit. Und einer standesgemäßen Verbindung kannst du nicht ausweichen. Sie ist nun mal für uns eine Pflicht!«
    Völlig unstandesgemäß ließ ich mich daher von Klementyna anhimmeln, anschwärmen und anbeten. Seitdem erhebe ich auch keinen Einspruch mehr, wie die Kammerjungfrauen, denn die haben sich ebenfalls schnell an die Art von Klementyna gewöhnt und lassen alles klaglos mit sich geschehen. Nur bei einem kann ich nicht mithalten, sie necken sich noch gegenseitig damit.
    »So! Nun zieht Euch um – und vergeßt die Kronen nicht! Und wir, mein Liebster, wir setzen uns jetzt gemütlich an den Kamin, denn die Herbergssuche ist für dich noch nicht angebrochen!«
    »Wie du willst, Liebste«, gebe ich mich geschlagen. Klementyna merkt, daß es mich zur Herberge Mogilany zieht, da ich dort die letzten Vorbereitungen über die Feiertage treffen möchte, so daß Mitte Januar der erste Guß der neuen polnischen Adam-Dreyling-Rohre erfolgen kann. Außerdem wird dort schon Ysabel sehnlichst auf mich warten …
    Das gedankliche Hin und Her wird sanft durch die Hand meiner Gemahlin, die meine nimmt und sie auf ihren schwellenden Leib legt, beendet: »Ich habe eine Überraschung vorbereitet, Liebster.«
    »Wie schön, Liebste. Was darf ich heute hören?«
    »Ich habe Einzelgesänge vom großen Guillaume Dufay mit Norma und Jozefa eingeübt. Daneben gibt es frottole von Ottaviano de Petrucci, dargeboten von Andrea, und zum Schluß werden die drei einen Rätselkanon und einige Mehrfachgesänge vortragen. Alles Kompositionen von Orlando di Lasso und wunderschön …«
    »Ein erschöpfendes Programm, Liebste. Ich freue mich sehr darauf …«
    »Ich wußte, daß ich dir damit eine Freude machen werde. Genieße ihre Stimmen, denn nur in ihrer Unschuld – gleich der Morgenröte der Jungfräulichkeit – vermählen sich die Töne zum reinen, wahren Klang. War auch nicht leicht, meine unterschiedlichen Schäfchen zu einer kleinen Herde zusammenzuführen.«
    »Ich bewundere dich. Wann kommen die Jungfrauen endlich?«
    »Warum drängelst du schon wieder?«
    »Nein, nein, Liebste, ich drängle …«
    »Doch, doch, Liebster! Und wie du drängelst.«
    »Also gut, ich sage ja nichts mehr!«
    Nach einer weiteren guten halben Stunde, in der wir stumm zusammensitzen, beginnen die jungen Damen, zusammen mit Jakub, der treu ergeben wie immer den Blasebalg der Orgel bedienen wird, im Salon einzutreffen. In weißen bodenlangen Gewändern, mit kleinen kerzenbestückten Kronen auf dem Kopf, kommen Norma, Andrea und Jozefa hereingeschwebt. Zusätzlich trägt jede von ihnen noch eine Kerze in der Hand. Ein Anblick, der mich verzückt, sehe ich doch deutlich, daß reife junge Damen ihre Schatten über mich werfen.
    »Jakub, mehr Luft! Mehr Luft!« feuert Klementyna unseren alten Hausgeist an, während sie versucht, auf der Orgel das erste Lied von Guillaume Dufay zu intonieren.
    Als Norma zu singen beginnt, atmet Jozefa doppelt ein, so daß ihre Brüste unter dem weißen Überwurf mehr als deutlich hervortreten. Das heiße Wachs der Kerze tropft auf ihre Hand, was sie klaglos aushält, als müßte sie beweisen, daß sie jedem Schmerz gewachsen wäre. Damit ist meine Neigung, die Augen während der folgenden Gesangsstunde zu schließen, weggeblasen. Normas Gesang ist rein und klar, doch wenn sich unsere Blicke treffen, bemerke ich eine kleine Unsicherheit in ihrer Stimme. Dagegen läßt sie der Seitenblick hin zu Jozefa etwas unsicher auf den Beinen werden. Plötzlich faßt sie mit ihrer rechten Hand den Saum und rafft ihn straff zusammen, während ihre Linke die Kerze fest umschließt. Die hervortretenden Konturen, unaufhörlich begleitet von Jakubs erschöpftem Stöhnen am Blasebalg, lassen für einen Augenblick meinen Kragen zu eng werden. Als auch noch Andrea die maximale Biegung ihrer

Weitere Kostenlose Bücher