Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)
Rückenpartie vor mir zu testen beginnt, erscheint es mir, als entbrenne unter den Damen ein Wettbewerb um meine Aufmerksamkeit.
Meine anerkennenden Blicke lassen Gesang und Zeit schnell verstreichen. Egal wer von den Zofen singt, ich höre bei jeder von ihnen deutlich den sehnsüchtigen Ruf nach den wipfelnden Söhnen der verruchten Abendröte heraus. Mein Applaus ist großzügig, da sich die Damen gegenseitig überbieten. Erst als der Gesang hier und da, durch mein mühsam unterdrücktes Gelächter, von einem verräterischen Glucksen gestört wird, wird meine Gemahlin mißtrauisch. Mit strengen Blicken zwingt sie die Damen zur Ordnung, was bedeutet, daß nun endlich der komplizierte Rätselkanon beginnen kann. Die Übungsphase scheint noch nicht überwunden zu sein, denn ein echtes Charivari hebt an, so daß mich mein zunächst unverfängliches Dösen in einen tiefen Schlaf hinüberrettet.
Ich muß plötzlich laut aufgeschnarcht haben und unter beträchtlichem Getöse vom Sessel gerutscht sein. Noch am Boden liegend, fordere ich – völlig im Traum verhaftet – ins Dunkel hinein, den Anstich des Schmelzofens sofort vorzunehmen.
Dem Aufschrei läßt Klementyna drei Dinge folgen: Erst murmelt sie etwas von: »Ich finde es empörend …«; danach verlassen auf ihre Anweisung hin die Kammerzofen, einschließlich Jakub, im Gänsemarsch das Kaminzimmer. Klementyna kehrt allein zurück und bemerkt: »Mogilany ist wahrhaftig der Ort, wo ich dich jetzt hinwünsche!«
Ihr Gesichtsausdruck und das unterdrückte Schluchzen, das ihre letzten Worte begleitet, läßt mich erkennen, daß ich überhaupt nicht weiß, was wahre Musik ist …
Freitag,
der 22. Dezember
Ich wirkte, weiß Gott, nicht wie ein starker Tatra-Bär, auch nicht sanft und anmutig wie eine Taube auf dem Wawel, als ich Klementynas Vorschlag mit den Worten: »Freude meines Herzens, du hast recht, ich muß ja heute noch nach Mogilany«, annahm. So rang sie mit sich und ihrer Überzeugung, mich doch noch umstimmen zu müssen. Obwohl es ihr nicht recht war, konnte sie nicht mehr zurück, also schluckte sie meine Entscheidung.
Kurz darauf waren die drei Schlitten und Kapten Sven Larsson mit seiner Wikingertruppe bereit, mich an mein Ziel zu eskortieren, das in südlicher Richtung etwa zehn Meilen von Krakau entfernt liegt. Klementyna verabschiedete mich mit vielen, doch versöhnlichen Worten am Tor, was den Kapten nach Schließung des Tores zu der Bemerkung: »Ein schweigsames Weib ist eine Gabe Gottes. Sirach 26, Vers 14«, verleitete.
Der Kapten begreift sein menschliches Dasein ausnahmslos als einer, der dazu berufen ist, die Schwächen des menschlichen Charakters mittels passender Bibelsprüche aufzudecken. Diese Art von Lebenshilfe schlägt mir inzwischen derart aufs Gemüt, daß ich mir schon alle erdenklichen Taktiken einfallen lasse, um ihn und seine Gesellen abzuschütteln, damit ich wenigstens ab und zu einige Schritte in Krakau allein tun kann. In Mogilany ist dies fast aussichtslos, doch ist der königlich angeordnete Schutz am Ort der Gießerei noch verständlich, da das habsburgische Reich nur wenige Meilen entfernt davon an das Königreich Polen angrenzt.
»Folgen wir der Hasenlosung, dann nehmen wir die kürzeste Strecke!« kommentiert Tadeusz, mein Schlittenknecht, die Strecke, bevor er die Peitsche knallen läßt. So strebe ich mit ihm und meiner Södermanländer-Eskorte über die Weichselbrücke hinweg der ersten Hügelkette zu, die sich dick von Schnee bedeckt zeigt und sich wie eine Sperre vor der Hohen Tatra von Ost nach West erstreckt. Nach etwa acht Meilen läßt sich die Kirche von Mogilany auf der Anhöhe ausmachen, umgeben mit einer geringen Anzahl von niedrigen Dächern schmucker Holzhäuser. Auch mein Wohnhaus, dessen Dach sich als letztes dem äußeren rechten Bergrücken anschmiegt, ist aus dieser Entfernung auszumachen.
Wenn das hügelige Land auch einladend und freundlich erscheint, so ist auf den ersten Blick kein Grund zu erkennen, warum die Bewohner der Bauden so weit von Krakau weg siedeln. Doch gleich hinter der ersten Hügelkette, unten auf der Talsohle, da wo die zahlreichen Bäche und Quellen sich zu einem See für die Wasserräder stauen, bietet der Platz Vorteile, die jeden Krakauer Bürger verlocken würde, könnte er sich ein genaueres Bild davon machen. Der gestaute See ist so tief, daß er auch in frostigen Zeiten das nötige Wasser für die Wasserräder liefert. Es ist wie in den guten Jahren von Mayfield
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