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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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Blau und Gelb. Pelzmantel und Pelzhut sind aus blauem Feh, sündhaft teuer, aber herrlich warm. Die Halskrause ist modisch klein und aus feinster Brüssler Spitze. Daß ich mit einem Minimum an Schmuck auszukommen wünsche, hat Ulrich nur ungern zugestanden; mehr Verständnis brachte er dafür auf, daß ich meinen Passauer Wolf, wenn auch in neuer Scheide, keinesfalls gegen einen höfischen Galanteriedegen zu tauschen bereit war.
    Natürlich fallen sie mir sofort auf, als wir das Tor des Wawel – halb Domberg, halb Königsresidenz und wie alles hier weiträumig und großzügig angelegt – durchschreiten, die beiden Geschütze, die neben dem Tor postiert sind. Das eine ist eine kleine Halbpfünder Bockbüchse, reich mit Grotesken, Girlanden, Akanthuslaub und Tierdarstellungen samt einem den Cacus tötenden plastischen Herkules geschmückt. Das andere Rohr, eine 8pfünder Schlange, ist freilich ebenfalls weit hinter dem Stand Dreylingscher Geschütztechnik zurück.
    Ulrich muß meine leicht verächtlich herabgezogenen Mundwinkel bemerkt haben, denn als wir am Domportal vorüberschreiten, zieht er mich plötzlich die Stufen zur Kirche hinauf:
    »Komm mit. Wir haben noch Zeit, und ich muß dir wohl doch zeigen, daß man auch in Polen mit Bronze umzugehen versteht.« Durch ein enges Seitentörchen des Kirchenschiffes drängen wir uns hinaus in den Glockenturm, und ich folge meinem Bruder über steile Holztreppen aufwärts. Durch wuchtiges Gebälk, das uns manchmal kaum noch einen Durchschlupf läßt, steigen wir höher und höher, vorbei an zwei alten Glocken. Dann stehen wir im obersten Raum. Nach beiden Seiten öffnen Fenster eine überwältigende Aussicht über Stadt und Land, doch ich widme ihnen kaum einen Blick. Meine Augen richten sich fasziniert auf die mächtige Bronzeglocke, die da in ihrem schweren, eisenbeschlagenen Gestühl über uns hängt.
    »Die Zygmunt«, erklärt Ulrich. »1520 gegossen, mit vier Ellen Durchmesser und acht Tonnen Gewicht die größte Glocke Polens.«
    Ich nicke zustimmend:
    »Ja, das ist Gießerkunst!«
    »Berühre den Klöppel mit der Hand«, weist mich Ulrich an, »und denke dir dabei einen Herzenswunsch.«
    »Wird er dann in Erfüllung gehen?«
    »Davon ist man in Krakau unerschütterlich überzeugt«, lächelt mein Bruder.
    Wie befohlen lege ich meine Hand auf den Klöppel:
    »Die Anerkennung und die Ehre, die mir zustehen!«, das ist der Wunsch, den ich an die Wunderglocke richte.

    Durch das tiefe Gewölbe des Berrecci-Tors, über dem die Inschrift: SI DEUS NOBISCUM QUIS CONTRA NOS prangt, betreten wir den inneren Schloßhof des Wawel. Ich komme mir fast nach Venedig versetzt vor. Zwischen zierlichen Säulen mit Blattkapitellen spannen sich weite, leichte Bögen, welche die dreigeschossigen Arkaden tragen, die an drei Seiten den Hof umziehen. Dahinter breite Fenster, umrahmt von reich geschmückten verkröpften Gesimsen und ornamentierten Pilastern, gehauen aus lichtem, gelblichem Stein.
    Eine Anordnung adeliger Leibhusaren nimmt uns in Empfang. Phantastisch sehen sie aus in ihrer halb orientalischen Aufmachung, in ihren Ketten- oder Schuppenpanzern, über die linke Schulter geworfen ein Leoparden- oder Wolfsfell als Mantel, die stählerne Zischägge mit breiten Nackengeschüben, Naseneisen und Flügeln auf dem Kopf, und auf dem Rücken zwei mit Adlerfedern geschmückte Stangen, die sich über ihrem Kopf nach vorne biegen. Ihre Lanzen, so hat mir Ulrich erzählt, sind mit dem Namen des Trägers versehen; findet man sie unzerbrochen auf dem Schlachtfeld, so wird ihr Besitzer mit Schande aus der vornehmen Truppe ausgestoßen. Eine Ehreneskorte von acht Husaren und zwei hochrangigen Husarenoffizieren geleitet uns linker Hand durch eine breite Tür und eine Treppe hinauf in den zweiten Stock:
    »Da der Gesandtensaal, der Saal unter den Köpfen, wie wir ihn nennen, derzeit renoviert wird«, erklärt der Anführer unserer Eskorte, während er eisenrasselnd neben uns die Treppe hinaufsteigt, »wird Euch Seine Majestät im Senatorensaal empfangen.«
    Vor einer reich geschnitzten Doppeltür werden wir von einem steifen älteren Herrn in langer, dunkler Amtsrobe mit einem schweren, vergoldeten Stab in der Hand empfangen, der sich so gerade hält, als hätte er einen Ladestock verschluckt. Auf sein Zeichen lassen zwei Diener die Türflügel aufschwingen.
    Vor uns öffnet sich ein weiter Saal, erhellt von zahllosen Kerzen auf hohen Kandelabern und Deckenlüstern, die sich in dem makellos

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