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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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polierten weiß-grau-schwarzen Marmorboden spiegeln. Die Wände ringsum sind mit kostbar gewirkten, zehn bis zwölf Ellen breiten und sieben Ellen hohen Bildteppichen bedeckt, die die Geschichte Noahs und der Sintflut erzählen. Dazwischen hängen schmale Teppichstreifen mit phantastischen Tieren und orientalischen Landschaften, dem Wappen des Hauses Wasa mit dem Garbenbündel und den Initialen ›AS‹ – für Sigismund August – des Königs. Obwohl ich kein Kenner dieser Dinge bin, ist mir, dank der Schulung durch Meister Colin zu Innsbruck, klar, daß es sich hier um die Erzeugnisse der hervorragendsten Bildwirkerwerkstätten Brüssels handeln muß, nach Entwürfen der Meister Michiel Coxcie, Cornelis Floris und Cornelis Bos. Die buntbemalte hölzerne Kassettendecke gibt dem Raum trotz seiner Höhe und Weite etwas Intimes, ja fast Gemütliches.
    Bei unserem Eintreten stößt der steife ältere Mann seinen Zeremonialstab kräftig auf den Boden auf, verkündet mit tragender Stimme:
    »Ulrich Dreyling, Herr zu Wagrain, Ebbs, Oberndorf und Stumm, hochehrenwerter Erster Schmelzermeister Seiner Majestät, Baron zu Novogord Sjewersk in der Woiwodschaft Swernien.«
    Der Stab stößt wiederum auf den Boden:
    »Adam Dreyling, Herr zu Wagrain, Ebbs, Oberndorf und Stumm, ehemalig Erster Gießermeister Ihrer Majestät Elizabeth, Königin von England, Frankreich und Irland.«
    Das sanfte Gemurmel, das den Raum erfüllt hatte, verstummt. Eine breite Gasse sich höflich verneigender Herren, anmutig knicksender Damen öffnet sich vor uns, macht den Weg frei zur gegenüber liegenden Stirnseite des Saales.
    Dort auf einem kleinen Podest sitzt in einem vergoldeten Sessel König Sigismund Wasa. Er ist keine imposante Gestalt. Das strenge Schwarz seiner Kleidung wird nur durch eine weiße Spitzenhalskrause, ein paar goldene Knöpfe auf seinem Wams und eine kostbare Goldkette um seine hohe Zobelmütze unterbrochen. Sein Gesicht ist schmal, blaß, umrahmt von einem dünnen, dunkelblonden Bart, in dem die schweren Augenlider und die mächtige Nase über dem dünnlippigen Mund eindeutig dominieren.
    Gemessenen Schrittes durchqueren wir den Saal, bleiben vor dem Podest stehen, senken unser rechtes Knie auf ein Kissen, das uns ein eifriger Lakai vor die Füße schiebt. Kaum berühren unsere Knie den rotem Samt, als der König uns anspricht. Seine Stimme ist überraschend tief und kräftig:
    »Erhebt Euch, Ihr lieben Herren. Nicht vor einem Menschen, nur vor Gott sollt Ihr niederknien!«
    Wozu dann erst das Kissen, schießt es mir unehrerbietig durch den Kopf.
    »Lieber Herr Ulrich, daß Wir Euch so oft an Unserem Hof vermissen müssen«, fährt König Sigismund indessen fort, »habt Ihr mit dem heutigen Tag tausendfach gutgemacht, erfüllt Ihr Uns doch den lange gehegten Wunsch, Euren Bruder, Herrn Adam, den Gießermeister aller Gießermeister, den Hephaistos der Kanonen und Schlangen, den wahren Überwinder der Unüberwindlichen, in den Mauern des Wawel begrüßen zu dürfen!
    Als die unübersehnbaren Fluten der Habsburgischen Gewalt wie die Regenstürme der Sintflut das kleine, freiheitsliebende England bedrohten, da schickte Euch der Herr wie einst Noah auf den Bildteppichen dieses Saales zu ihnen, um eine sichere Arche zu bauen und zu bewaffnen, um das Land, das Volk und seine Königin zu erretten. Doch wie so viele Ketzer, die glauben, das Wort des Herrn selbst auslegen zu können, hat die Königin von England den Gesandten des Herrn nicht erkannt, ihn um seinen gerechten Lohn geprellt, ja, ihn wie den Propheten Jeremiah schließlich verleumden und verfolgen lassen.
    Doch Gott, der Herr der Heerscharen, wandelt Unrecht in Recht, Torheit in Weisheit. Er trägt die Hügel ab und füllt die Täler auf, um den Weg zu ebnen Seinen Gesandten. Er gebietet dem Walfisch, Seinen Propheten an das Ufer jenes Landes zu bringen, das seiner in Wahrheit und Gerechtigkeit bedarf. Er führt Seinen Diener zu der Stätte seines wahren Wirkens. Er weist Seinem Erwählten den Weg durch Nacht und Irrungen und Lüge zur Wahrheit seiner Berufung. Er läßt Seinen Auserkorenen Hand anlegen, wo seine Hand Sein Werk erschaffen soll!
    So wurdet Ihr, lieber Herr Adam, unter Schmerzen geboren aus dem finsteren Schoße des Berges. In der Glut der Schmelzöfen zu Innsbruck schmiedete Euch der Herr zu Seinem Werkzeug. Und wie einst Noah 150 Tage in der Arche durch die Wüsteneien des Wassers trieb, so ließ Euch der Herr treiben in Venedig und England, den Wüsteneien

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