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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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Beteiligung an der Flucht, und den zuverlässigen Aussagen unserer Späher zufolge waren Adam Dreyling oder Ysabel auch niemals in Hamburg gesehen worden.

März 1589
    Bis mich Euer Gnaden am 2. Mai erneut nach Barn Elms bestellten, waren sämtliche Nachforschungen über den Verbleib Adam Dreylings und Ysabels ergebnislos geblieben, und die Meinung, sie seien eben doch bei dem Brand in Mayfield Furnace ums Leben gekommen, hatte sich erneut durchgesetzt.
    An diesem Tag legten mir Euer Gnaden ein Schreiben des Botschafters Ihrer Majestät am Hof zu Krakau vor. Das Schriftstück besagte, Adam Dreyling und seine Frau seien am Leben und Mitte Januar in der polnischen Residenzstadt eingetroffen. Weit schlimmer noch war, wie Euer Gnaden bemerkten, daß Dreyling offensichtlich hoch in der Gunst König Sigismunds stehe und von ihm in den vornehmen Ritterorden vom Schwert aufgenommen worden war. Als Katastrophe bezeichneten es Euer Gnaden schließlich, daß Dreyling auf Weisung des polnischen Königs eine Bronzegießerei in Mogilany übernommen habe und selbige nun mit aller Macht nach dem Vorbild von Mayfield Furnace ausbaue.
    Wie mir Euer Gnaden darlegten, können die Konsequenzen daraus für England verheerend sein: Englands Flotte ist weitgehend abhängig von der Einfuhr russischen Holzes, russischen Hanfs und russischen Teers. Versiegt diese Quelle, so würde Englands Flotte binnen kürzester Zeit zur Bedeutungslosigkeit herabsinken, die Anstrengungen und Kosten des letzten Jahrzehnts zu ihrem Aufbau wären vergeblich gewesen, das Ziel einer englischen Herrschaft auf See wäre für immer zerschlagen.
    Sir Walter Raleigh bemerkte einmal treffend: »Wer die See beherrscht, der beherrscht den Handel. Und wer den Handel beherrscht, der beherrscht die Schätze dieser Welt und damit die Welt selbst.« Die Herrschaft über die See kann aber nur die Flotte garantieren, und die Flotte ist abhängig vom freien Zugang zu den russischen Rohstoffen.
    Durch die Vereinigung der Königreiche Polen und Schweden war ohnehin eine schwierige Situation entstanden; denn der freie Zugang nach Rußland war dadurch auf den schmalen Landstreifen zwischen Narwa- und Newamündung beschränkt. Wenn Polen-Schweden nun auch noch nicht nur die Ufer der Ostsee, sondern die Ostsee selbst dank moderner, mit Dreyling-Geschützen ebenbürtig ausgerüsteter Schiffe beherrschte, so würde England auf Gedeih und Verderb dem Wohlwollen Sigismunds ausgeliefert sein.
    Diese Situation war unter allen Umständen zu verhindern!

Mai 1589
    Weisungsgemäß begab ich mich am 5. Mai an Bord der T HOMAS B ONAVENTURE der Levant Company unter Kapitän William Aldridge. Am 7. Mai erreichte ich Amsterdam und reiste weiter über Köln, Frankfurt, Eger, Prag, Brünn und Neusohl nach Leutschau am südlichen Abhang der Hohen Tatra, wo ich am 30. Mai eintraf.
    Leutschau ist die Hauptstadt des Zips genannten Territoriums, das zum Königreich Ungarn gehört. Im 12. Jahrhundert, auf Betreiben König Gézas II., hauptsächlich von deutschen Bergknappen besiedelt, wurde der größere Teil 1412 von Kaiser Sigismund an seinen Schwager Wladislaw Jagiello von Polen verpfändet. Während so die Mehrzahl der Städte des Zips polnisch wurde, blieben Leutschau und Neusohl deutsch-ungarisch, also noch auf Habsburger Territorium. Durch den Kupfer-, Silber- und Salzhandel sind einerseits die Straßen durch das Gebirge nach Polen gut ausgebaut, andererseits ist die Gegend so dicht von Bergwäldern, Schluchten und engen Tälern durchzogen, daß ein von den Posten und Soldaten unbemerkter Grenzübertritt jederzeit möglich ist. Da Leutschau zudem ein wichtiger Handelsplatz ist, mit Kontoren der Fugger und der hier eng mit ihnen zusammenarbeitenden ungarischen Magnatenfamilie der Thurzo, konnte ich in meine Rolle als Kupferhändler aus Venedig schlüpfen.
    Mein wichtigstes Problem, vor dem ich schon in London gewarnt hatte, begann sich fast augenblicklich mit meinem Einritt in Leutschau bemerkbar zu machen: meine knappe Ausstattung mit Geld und Männern.
    Leutschau wurde nach dem großen Brand von 1550 in den sechziger und siebziger Jahren weitgehend neu und großzügig wieder aufgebaut. Das öffentliche Leben spielt sich nun fast vollständig auf dem Ring genannten, etwa 100 Yard breiten und über 400 Yard langen Marktplatz ab. Rund um den Ring liegen die Häuser der Reichen und Mächtigen, prächtig mit Stuckfassaden und Bemalungen herausgeputzt. In der Mitte des Platzes erheben sich die gotische

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