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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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Hallenkirche St. Jakob, nördlich davon das Arsenal, ein aus mehreren Lagerhäusern zusammengefaßtes Kaufhaus, und im Süden das mit Laubengängen, Arkaden, Ziergiebeln und einem mächtigen Uhrturm geschmückte neue Rathaus samt einem eisernen Käfig, dem Pranger speziell für Frauen.
    Als gutes Omen winkten mir die Bürgertugenden, die auf die Stirnseite des Rathauses gemalt sind, zu: Justitia, die Gerechtigkeit mit Schwert und Waage. Sie würde nun den Verräter ereilen. Perpetua, die Beständigkeit mit Schaf und Hirtenstab. Ihrer würde mein weiteres Vorgehen nun bedürfen, ebenso wie ihrer Schwester Fortitudo, der Stärke mit der Säule auf der Schulter, und Prudentia, der Klugheit mit Spiegel und Schlange. Temperantia, das rechte Maß mit den beiden Wasserkrügen, würde die Ordnung zu Land und Meer wieder herstellen, die durch Dreyling in Unordnung zu geraten drohte.
    Im Gegensatz zu Innsbruck einst – oder gar Venedig – ließen es meine Mittel jedoch nicht zu, ein Haus oder auch nur ein Stockwerk in einem der Patrizierhäuser zu mieten, sondern ich mußte im großen Stadtwirtshaus beim Arsenal absteigen, das gegenüber dem besonders prachtvollen Thurzo-Haus liegt. Auch daß ich von nur drei Männern begleitet wurde, diente nicht meiner Repräsentation. Es waren Richard Bell, Gael up Rhys und Taddeo, die alle drei schon in Venedig, Tirol und London in meinen Diensten gestanden hatten. Taddeo hatte sich freilich in Prag die Hitze geholt und konnte sich kaum noch im Sattel halten.

Juni 1589
    Am 6. Juni unternahm ich eine erste Reise nach Krakau, begleitet nur von Richard Bell; denn Gael up Rhys war in Leutschau geblieben, um Taddeo zu pflegen, welcher jedoch am 18. Juni noch vor meiner Rückkehr verstarb.
    Wir erreichten Krakau am 9. Juni und mieteten uns in einem unauffälligen Gasthof nahe dem St.-Florians-Tor im Norden der Stadt ein. Ein unauffälliger Spaziergang durch die Kanonicza-Straße und ein Ritt nach Mogilany bestätigten meine schlimmsten Befürchtungen: Adam Dreyling war schärfer bewacht und besser behütet als der König selbst! In seinem Haus in Krakau hielten sich beständig zwei Dutzend Soldaten auf, im Haus seines Bruders Ulrich auf der gegenüber liegenden Straßenseite kaum weniger. Die Gießerei in Mogilany, wo ich heftige Bautätigkeit feststellen konnte, glich einer Festung, besetzt mit gut ebenso vielen Söldnern, die jeden, der das Tor passieren wollte, einer gründlichen Leibesvisitation unterzogen. Mindestens ein weiteres Dutzend hielt sich ständig in dem Haus auf, das Dreyling in Mogilany bewohnte und das von Ysabel geführt wurde. Wenn er oder sie, aus welchem Grund auch immer, die Straße betraten, wurden sie von zehn bis zwölf schwerbewaffneten Männern umringt und abgeschirmt.
    Ein Versuch, diesen Schutzring mit Gewalt zu durchbrechen, war aussichtslos. Ebenso aussichtslos war es, einen oder mehrere der Soldaten zu bestechen, handelte es sich doch um fanatisch protestantische Kürassiere des schwedischen Eliteregiments Södermanland unter der Führung des berüchtigt rechtschaffenen und bibelfesten Hauptmanns Sven Larsson.
    Ein Anschlag mit Aussicht auf Erfolg konnte nur von einem Schützen ausgeführt werden, der einen Reiter auf eine Entfernung von 150 bis 200 Yard zu treffen vermag. Ein walisischer Langbogenschütze wäre dazu imstande, doch der einzige Waliser, der mir zur Verfügung stand, Gael up Rhys, kann zwar wie viele seines Volkes die Harfe schlagen, nicht jedoch den Langbogen spannen.
    Ein weiterer Rückschlag, so wie es schien, traf meine Bemühungen am Himmelfahrtstag: In der Kathedrale auf dem Wawel heiratete mit großem Pomp und in Anwesenheit des Königs Adam Dreyling Klementyna Montelupich, die Tochter des Post-Zaren. Damit stieg er nicht nur kraft seines Könnens und durch die Gnade des Königs, sondern auch durch seine angeheiratete Familie in die gesellschaftliche Spitze des Königreiches Polen auf. Ab sofort würde es noch schwerer sein, an ihn heranzukommen …

Juni und Juli 1589
    Es war nun endgültig klar, daß ich Hilfe brauchen würde, um an Dreyling heranzukommen und meinen Auftrag auszuführen. Der englische Gesandte in Krakau kam hierfür keinesfalls in Frage. Sir Mortimer Tweksbury hatte im Auftrag Ihrer Majestät der Königin Adam Dreyling zwar die Aufforderung übermittelt, sich unverzüglich wieder nach England zu begeben. Dreyling hatte, erwartungsgemäß, auf diesen Befehl nicht reagiert; es war aber anzunehmen, daß ab diesem Moment

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