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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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Nun arbeitet weiter.«
    Schnell stößt er das Eisentor auf und drängt hinaus.
    »Schluß damit! Es reicht für heute!«
    Wir verlassen das Gelände durch die kleine Tür zwischen Lager und Gußhaus. Gleich über die Straße erreichen wir den Ansitz. Die Dämmerung läßt uns verstummen. Windstille. Senkrecht steigt die Rauchsäule über dem Gußhaus in den klaren Himmel. Schweigend erreichen wir den Aufgang, wo uns Katharina auf der obersten Stufe erwartet.

    Der Tag, die Besichtigung der Gießerei – ich bin müde und würde mich nur zu gerne in mein Zimmer zurückziehen. Doch zunächst muß ich, wie in diesem Haus täglich üblich, das üppige Abendmahl mit meinen Gastgebern über mich ergehen lassen.
    Zu fünft sitzen wir am Tisch:
    An den beiden Enden Herr Hans Christoph und Frau Elisabeth, an der einen Längsseite habe ich meinen Platz, mir gegenüber Max und die hübsche Katharina, die als älteste Tochter mit ihren 13 Jahren bereits an der Tafel der Erwachsenen mitessen darf. Sie bleibt die ganze Zeit stumm, nur hie und da fange ich verstohlene, verschmitzte Blicke ihrer graugrünen Augen auf.
    Das Gespräch plätschert friedlich und ein wenig mühsam dahin, vielleicht auch deshalb, weil Frau Elisabeth vor allem damit beschäftigt ist, wahre Gebirge an Speisen in sich hineinzuschaufeln. Schon beginnt der schwere Wein wieder sanft mein Gehirn zu umnebeln, als es plötzlich doch noch lebendig wird. Durch die sich öffnende Tür wimmelt eine Kinderschar, gefolgt von einer jüngeren Frau, welche die Grenze von drall zu dick bereits überschritten hat. Sie hat was von einer Milchkuh, schießt es mir durch den Kopf – nicht einmal ganz unpassend, denn Frau Elisabeth stellt sie als »unsere Amme Hortensia« vor.
    »Wir sin’ zum Gute-Nacht-Kuß ’kommen.«
    Inzwischen ist auch in die Kinderschar etwas Ordnung geraten. Ein etwa einjähriges Mädchen sitzt auf dem Arm Hortensias, an ihrer Hand hängt ein zweijähriger Bub.
    »Meine jüngste Tochter Magdalena und mein Sohn Ferdinand«, stellt Onkel Hans Christoph vor.
    Die vier anderen Kinder haben sich daneben aufgereiht wie Orgelpfeifen oder, wie mein Onkel wohl sagen würde, wie die abgestuften Rohre einer Geschützserie, und die brandroten Haare würden dabei wohl als Mündungsfeuer gelten müssen: Rochus, fünf Jahre alt, Christoph, sechs Jahre, Alexander, sieben Jahre, und Barbara, zehn Jahre.
    »Gute Nacht, Herr Vater! Gute Nacht, Frau Mutter!« tönt es im Chor, dem sich nun auch Katharina angeschlossen hat. Dann eine Prozession um den Tisch, Küßchen bei Onkel Hans Christoph, Küßchen bei Frau Elisabeth, Küßchen bei Max. Die vier Augenpaare der älteren Kinder schauen mich unsicher an, wissen nicht recht, was sie nun mit mir anfangen sollen.
    Mein Onkel erlöst sie aus der Unsicherheit:
    »Ihm dürft ihr auch ein Gute-Nacht-Küßchen geben, er ist Euer Vetter Adam aus Schwaz.«
    »Der Herr Dreyling zu Wagrain!« stellt Hortensia fest und knickst ehrerbietig.
    Also bekomme auch ich vier feuchte, etwas scheue Kinderküßchen, nur den beiden Kleinsten bin ich herzlich gleichgültig. Auch Katharina verabschiedet sich. Freilich hat ihr Blick, den ich gleich danach auffange, für einen Herzschlag lang gar nichts Kindliches an sich.
    Der achtjährige Alexander hat unterdessen heftig mit der Amme getuschelt:
    »Die Kinder meinen, ob s’ dem Herrn Dreyling«, wieder knickst Hortensia ehrerbietig, »noch das Gedichtl aufsag’n dürf’n, das s’ zu Eurem letztigen Geburtstag g’lernt ham, Herr?«
    »Nur zu!« lacht Onkel Hans Christoph, während Frau Elisabeth ein säuerliches Gesicht schneidet:
    »›Die Geschütze und ihre Geschosse.‹
    Verfaßt von Max und den drei Kanonengießergesellen Pantaleon, Pietro und Toni«, verkündet Hortensia.
    Dann im Chor:
    »Mit Kunst und Ehre gießt zumal
Geschütze hier in großer Zahl –
Des Kaisers Faust im Schlachtgewühl –
Herr Löffler auf dem Gänsebühl.«
    Katharina:
    »Das Maß heißt canon auf Latein, Kanone muß der Name sein
des größt Geschütz aus diesem Grund,
die Kugel wiegt einhundert Pfund.«
    Barbara:
    »Der Basilisk macht Feinde starr
vor schweren sechzig Pfund fürwahr.«
    Alexander:
    »Die Singerin mit kurzem Schlund
speit fünfzig Pfund aus ihrem Mund.«
    Christoph:
    »Die Nachtigall singt auch bei Tag
mit vierzig Pfund auf einen Schlag.«
    Rochus:
    »Der Mörser ist gar dick und kurz,
der Schuß gleicht einem Teufelsf …«
    Und weiter reihum:
    »Kartaune hält der Spießknecht Lauf
mit

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