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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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was … passiert …«
    »… verfluchter Vorhang …« Ping, ping-deng … ping, ping …
    Ein dumpfer Schlag läßt uns beide zusammenzucken.
    Mein Onkel späht schräg, ohne sein Ohr gleich vom Tor wegzunehmen, hinüber zur Formerei.
    »Was war das?« frage ich.
    »Ich weiß nicht …«, antwortet er zögerlich-bedächtig, aber ich merke, als er sich aufrichtet und in die Runde sieht, daß er es genau weiß.
    »Verwesen sollen sie beim lebendigen Leib …«, kommt die Bestätigung. »Das war das Zeichen«, murmelt er leise.
    Ping-ping-ping-ping-ping-ping …, läuft die Arbeit deutlich schneller hinter der Eisentür.
    »Warte!« zwingt er mich zum Schweigen, wobei seine Augen angestrengt hinüberlauern. Nach einer Weile murmelt er: »Da ist ein Raubfisch in meinem Becken. Ich werde ihn angeln müssen; hast du ihn da drüben erkannt?«
    »Nein, ich konnte sein Gesicht nicht ausmachen; er stand im Schatten.«
    Mein Onkel nickt:
    »Schon gut; ich wünschte, du hättest sein Gesicht gesehen!«
    Was geht hier vor?
    »Los, mach das Tor auf!«
    Mit zögernder Hand ziehe ich am Tor, das sich überraschend ohne große Kraftanstrengung bewegen läßt. Das erwartete Knarren und Quietschen fehlt ebenso wie das Bestreben aller Tore, sofort von selbst wieder ins Schloß fallen zu wollen. Ein schwebendes Tor.
    Ich habe eine Schatzkammer geöffnet.
    Alles bewegt sich in ihr. Ein Glühen vom Boden bis zur Decke hinauf. Der Widerschein auf rötlich blankem Metall, hervorgerufen durch das unstet brennende Licht auf einem grauen Tisch aus Stein. Die von mir irrtümlich als baufällig eingestufte Hütte vermittelt die Illusion, als ob hin und wieder glühende Lava die erkaltete Kruste durchstoßen würde.
    Auf der linken Seite sind Barren von Legierungen aufgestapelt. Es müssen Tonnen über Tonnen von Bronze sein. Ich nehme nur noch das Gleißen um mich herum wahr.
    An der Stirnseite des Raumes blendet das Licht wie in einem Spiegel. Eine Mauer aus Kupferbarren! Ziegelstücke aus reinstem Kupfer. Glutrot, kalt wie Eis. Ich kenne es nur als Fahlerz, gefangen im Fels. Mein Atem beschlägt das Kupfer, macht es blind. Unmengen nacktes, glattes Metall, wie ich es noch nie gesehen habe. Wieviel Hitze hat es beim Schmelzvorgang verschlungen, und wieviel Hitze hat es bis zum Erstarren abgestrahlt?
    Gleich daneben an der rechten Mauerseite gestapelte Zinnbarren. Sie sind um die Hälfte kleiner als die Kupfer- und Bronzebarren; dafür könnte jemand, der sich mit Metallen weniger gut auskennt, sie mit Silberbarren verwechseln. Ich rieche das Metall. Zwei offene Fässer entdecke ich im Halbdunklen, randvoll mit staubförmigem Zinnerz.
    Das einzig Häßliche und Graue sind die drei Berge von Metallbruchstücken, die sich entlang der rechten Mauer türmen. Glockenbruch und zerborstene Kanonen. Dafür sind die Bruchkanten blank und scharf wie die Schneide einer Axt. Keine Löfflerglocke und kein Löfflerrohr ist darunter – da bin ich mir sicher! Der Haufen Metall zu meinen Füßen verursacht gleichsam ein Klanggewirr in meinen Ohren, als ob ich das letzte »Te Deum« oder das »Pro-pace«-Läuten, vermischt mit dem Kanonendonner hören würde. Im Flammofen drüben werden die Töne bald neu gemischt. Krieg und Frieden vereint …
    Was sagte mein Onkel, bevor wir das Gelände betraten? ›In diesen Mauern verbinde ich sogar das Wasser mit dem Feuer! ‹
    »Pietro! Pantaleon! Meine Gießergesellen«, höre ich meinen Onkel sagen.
    Pietro zieht meine Aufmerksamkeit an sich. Kräftig, untersetzt, dunkler Lockenkopf, schnelle flinke Augen und ein klassisches Profil. Keine Darstellung der Demut, eher sehe ich einen Funken an Überlegenheit an ihm. Ansonsten scheint alles rund an ihm zu sein. Besonders die linke Backe ist geschwollen, und die Unterlippe ist dick wie eine pralle Blutwurst. Der Schleim tropft ihm aus dem Mundwinkel. Seine Finger, die jetzt den Unterkiefer stützen, deuten auf heftige Zahnschmerzen hin. Der Meister geht auf ihn zu, nimmt Pietros Kopf in seine Hände und dreht ihn zum Licht. Seine Stimme klingt besorgt:
    »Laß dir Medizin von der Herrin geben, sie hat die besten Rezepte. Melde dich morgen früh vor der Arbeit am hinteren Eingang. Hortensia soll dich damit behandeln.«
    Mit einem besonderen Glanz in den Augen und mit erhobenem Finger wendet er sich mir zu:
    »Jauchetropfen, die man mit Hilfe eines Stäbchens in den faulen Zahn träufelt, wirken wie ein Wunder; aber auch Asche aus Mäusekot ist ein gutes Mittel. Ja, ja, sie

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