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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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gebogene Messer in der rechten Hand der Schönen nicht an der Wurzel seines steifen Gliedes wie der Hoden zum grausamen Schnitt angesetzt, so besäße die Darstellung alle Reize, die derartige Griffe durch Frauenhand auslösen. Eine wahrhaft meisterliche Verschmelzung der Gefühle von Lust und Schmerz.
    Darüber lese ich die Zeilen:
    I CH BALBIER DIR DIE H ODEN UND REIS DIR D IE FEIFEL . D ARUMB
HEIS ICH DER S CHEREN -
T EUFEL . M DXXXII
    Meine seelische Ordnung ist für einen Moment ins Wanken geraten, da sich das Relief durch das flackernde Licht in der unruhigen Hand meines Onkels noch zu bewegen scheint. Oder macht er das mit Absicht? Es fehlt im Moment nur noch Blut, das gleich herausspritzen muß!
    »Also, genauso geht es jedermann, der es wagt, seiner Neugierde keine Zügel anzulegen, oder der es gar wagt, meine Gußtechniken woanders als bei mir anzuwenden!« Mit einem trockenen Lachen beendet er den Satz.
    »Komm, setzen wir uns wieder«, meint er, schiebt mich zu meinem Sessel, wirft mir einen scharfen Blick zu:
    »Was meinst du, warum ich mit dir hier sitze?« Seine Frage läßt mich auf die Vorderkante des Sessels rutschen. »Ich will dir sagen warum: Es geht um dich und um deine Zukunft.
    Du gehörst zwar nicht zu meiner engsten Familie, aber unsere Bande sind fest verknüpft. Wir Löffler verfugen über einige Macht, um unsere Pläne durchzusetzen. Vor allem gegenüber den Zunftmitgliedern, Regierungen, Klerikern und auch Monarchen.
    Macht heißt in unserem Gewerbe Wissen! Wissen um den besten Kanonenguß seit drei Generationen. Das ist die große Verlockung für meine Gießergesellen! Je stärker unsere Macht und unser Einfluß ist, um so niedriger kann und muß das Interesse gehalten werden an dem, was wir in unseren Werkstätten anfertigen und gießen.«
    Nach einer kurzen Pause fährt er fort:
    »Ich glaube, wir müssen damit rechnen, daß die wachsenden städtischen Wirtschaften in Nürnberg, Wien, Augsburg, Trient oder Siena den Sog der Abwanderung aus meiner Gießerei noch vergrößern werden. Jede Stadt will heute ihre Geschütze am liebsten selber gießen. Die Handelsverbindungen lassen dazu die Städte enger aneinander rücken, was wiederum bedeutet, daß es immer mehr Wahlmöglichkeiten für meine Leute gibt. Nur die Pest richtet heutzutage noch unüberwindliche Mauern auf.
    Und was machen wir in diesem Falle?«
    Ich zucke mit den Schultern. »Auf was willst du hinaus?«
    »Kein Geselle verläßt Büchsenhausen ungestraft. Wir werden uns behaupten und unsere Gießerei festigen bis ins übernächste Jahrhundert hinein! Meine Kinder sind noch zu jung, um jetzt schon voll dabei zu sein, und Max wird nie ein brauchbarer Gießer. Aber du bist in unserer Familie durch dein Schicksal zur rechten Zeit und am richtigen Ort aufgetaucht. Du wirst unseren und den guten Ruf deiner Familie erhalten und mehren, und weißt du wie?«
    »Nein«,
    »Es ist doch so: Du hast keine Heimat mehr, keine Sicherheit noch Aufgabe, noch Zukunft. – Dies alles will ich dir geben!
    Kanonenguß schafft Früchte. – Bei mir wachsen sie besonders süß für dich!
    Eine wahre Kunst, die dich aufrichten wird. – Ich lehre sie dich!
    Außerdem solltest du dich an deinen guten Vater erinnern. Denke daran, welch große Verpflichtung du ihm gegenüber hast. Wir haben uns vor langer Zeit versprochen, mit all unseren Mühen darauf zu achten, daß aus unseren Söhnen Männer von Ehre und Schuldigkeit werden. Ich achte darauf, denn dein Vater hätte genauso bei meinen Söhnen darauf geachtet.«
    »Habt ihr das wirklich so besprochen?«
    »Ja, das haben wir. Außerdem, wo willst du hin? Wo ist ein neuer Anfang, der deiner Ausbildung, deinem Stande, deinem Können entspricht? Vor dir steht eine Aufgabe, die Verpflichtung bedeutet. Nimm sie an, nicht wegen mir, sondern vor allem für das Habsburgische Reich.«
    Seine Worte scheinen der Ausgleich, eine Art Rückzahlung zu sein für Schuld und Leid, die ich erdulden mußte. Ich entspanne mich im Sessel, und seit langer Zeit spüre ich das Wohlgefühl der Geborgenheit, der Hoffnung, wie das der lockenden Ziele.
    »Was muß ich tun, Onkel?«
    »Erst mal nehmen wir das Glas, mein Bub.«
    Seine Hand zittert leicht, als er mir sein Glas zum Klingen entgegenbringt. Mir ist, als besiegelten wir damit unser Einverständnis für ein Zusammenwirken ohne Mißtrauen und auf ein Leben, das für mich wieder schmackhaft geworden ist. Er hält sein Glas zum Licht der Kerzen hin, prüft mit spähenden

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