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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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näher, bis ich seinen schlechten, weinversetzten Atem rieche, der mir gleich das Schnaufen verbietet:
    »Die Zuchtrute geb’ ich ihnen ab morgen … und du wirst mir sagen, wer sie verdient! Alles, aber auch alles wirst du mir berichten, was drüben innerhalb der Mauern meiner Gießerei vor sich geht. Alles! Täglich! Du wirst dich mit allen unterhalten und doch den Abstand wahren. Sei freundlich und hilfsbereit, mach sie vertrauensselig, laß dir alles berichten. Ich will wissen, über was sie schwatzen. Vor allem, was die Former mit den Gießern reden und umgekehrt.«
    Er gibt mit einem Stoß die Armlehnen frei, richtet sich auf und beobachtet meine Regungen.
    Ich habe endlich verstanden. Er hängt mich als falsche reife Frucht in einen seiner Obstbäume drüben auf, die in Wirklichkeit verfault, herb und sauer für jeden schmecken muß, der versucht ist, hineinzubeißen. Er mißtraut seinen Gesellen, und ich soll ihm den ruhigen Schlaf zurückzugeben.
    Ich bin verpfändet! Er hat mich mit Honig bestrichen, nur zu dem Zweck, mich bei nächster Gelegenheit unter der brennenden Sonne den Fliegen und Bremsen zu überlassen.
    »Eine wunderbare Aufgabe für dich. Ich weiß deine Dankbarkeit zu schätzen und spüre geradezu deinen Willen, das von mir geschenkte Vorrecht auszukosten«, höre ich seine säuselnde Stimme wie ein Ritzeisen an meiner Seele kratzen. »Warum bist du stumm? Sprich. Wie gefällt dir mein Plan, an die Blutsauger heranzukommen?«
    Ein in der Falle Sitzender wird aufgefordert, seinem Fallensteller zu gratulieren.
    »Meinst du, daß deine Gesellen mir gleich so viel Offenheit und Vertrauen entgegenbringen werden, daß es dir nützlich sein könnte?« frage ich.
    »Argwöhnen werden sie alle. Also liegt es einzig und allein an dir, wie du dich hineinfügst. Du mußt es schaffen, ihr Vertrauen zu gewinnen. Es ist für uns von größter Dringlichkeit!«
    Hans Christoph läßt sich auf den Stuhl fallen und ohne zu zögern sprudelt es ungewöhnlich hastig aus ihm heraus:
    »Du beginnst deine Arbeit morgen bei meinem Former, dem Gesellen Melchior. Klug wird sein, daß du zunächst unten in der Hafnerei beginnst. Gleichzeitig erlernst du das Herstellen der Formen für verschiedene Bildwerke. Keiner darf Verdacht schöpfen! Habe aber sofort ein Auge auf den Altgesellen Wenzel. Er ist wahrlich ein Zauberer, wenn es um die Gestaltung meiner Kanonenrohre geht, aber ich vermute, er ist auch gleichzeitig einer meiner größten Schädiger. Beobachte ihn genau. Ich will wissen, wie er zu Pantaleon und Pietro steht, ob sie sich auch außerhalb meiner Mauern, unten in Innsbruck treffen.«
    Die Gedanken jagen: Was gehen mich eigentlich seine Männer an? Sollen sie doch leben und gedeihen! Was schulde ich ihm denn bisher? Ein paar warme Mahlzeiten und eine Übernachtung; mehr ist es nicht. Zum Spitzel verkomme ich aber, wenn ich darauf eingehe.
    Was ist, wenn ich mich weigere?
    Nein! Ich gehe in keinen wilden, vogelfreien Zustand zurück.
    Er will mich ja dafür an seine Geheimnisse heranlassen. Außerdem liegt es doch an mir, was ich ihm berichten werde. Was auch immer, es wird in meinem Sinne immer abzahlbar bleiben. Alles ist abzahlbar! Dafür will er mich teuer machen. Soll er sich dabei nur Mühe geben!
    Doch woher kommt die panische Angst bei ihm und warum sind meine Spitzeldienste für ihn von größter Dringlichkeit!«
    Ich will es noch genauer wissen:
    »Kein Schädiger wird mir entgehen, Onkel.«
    Schnell erhebt sich Hans Christoph von seinem Stuhl, dreht mir den Rücken zu und blickt durch das Fenster in die Dunkelheit.
    »Ich wußte, daß ich mich auf einen Dreyling verlassen kann. Einen schöneren Abschluß des Tages konntest du mir nicht machen!« redet er gegen das Fenster, die Arme hinter dem Rücken verschränkt und auf den Zehen wippend. »Ich sehe unsere Abmachung wie einen Vertrag, auf den du dich nun verpflichtet hast, Adam!«, und als ob er meine Gedanken gelesen hätte: »Ich bin ab jetzt dein Gläubiger. Trinken wir die Gläser aus; es ist spät geworden!«
    Ich stelle, ohne zu trinken, mein volles Glas auf seinem Schreibtisch ab, drücke mich tief in den Sessel hinein und strecke meine Füße:
    »Das ist der erste kleine Schritt in eine Richtung, die erfolgreich von uns beschriften werden kann. Daher sollte er wohl überdacht werden.
    Wir hätten da noch einiges zu regeln, bevor ich drüben beginne. Oder willst du das Gespräch lieber erst morgen abend weiterführen? Dann gehe ich jetzt gern

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