Der Meister und Margarita
existiert..Lassen Sie sich doch begraben mit Ihrem angekohlten Heft und der getrockneten Rose! Bleiben Sie sitzen auf der Bank, allein, und flehen Sie ihn weiter an, Ihnen die Freiheit zu geben, Sie atmen zu lassen, aus Ihrem Gedächtnis zu gehen!"
Mit bleichem Gesicht kehrte Margarita zur Bank zurück. Der Rothaarige blickte sie mit schmalen Augen an. ,Jetzt versteh ich gar nichts mehr", sagte sie leise. "Das mit dem Heft können Sie irgendwie ausspioniert haben, vielleicht ist auch Natascha bestochen, aber woher kennen Sie meine Gedanken?" Schmerzlich verzog sie das Gesicht und fügte hinzu: "Sagen Sie mir, wer sind Sie? Von welcher Dienststelle kommen Sie?"
"So was Langweiliges", knurrte der Rothaarige und fuhr lauter fort: "Entschuldigen Sie, ich hab Ihnen doch schon erklärt, daß ich von keiner Dienststelle komme. Bitte setzen Sie sich." Margarita gehorchte widerspruchslos, aber indem sie sich setzte, fragte sie nochmals: "Wer sind Sie?"
"Na schön, ich heiße Asasello, aber das sagt Ihnen ja doch nichts."
"Und Sie wollen mir nicht sagen, woher Sie von dem Manuskript und von meinen Gedanken wissen?" "Nein", antwortete Asasello trocken.
"Aber Sie wissen etwas von ihm?" flüsterte Margarita flehend. "Nehmen wir mal an, ja."
"Ich flehe Sie an, sagen Sie mir nur das eine, lebt er? Quälen Sie mich nicht!"
"Na schön, also er lebt", antwortete Asasello widerwillig. "O Gott!"
"Bitte, keine Aufregung und kein Geschrei", sagte Asasello stirnrunzelnd.
"Entschuldigen Sie, entschuldigen Sie", murmelte die jetzt gehorsame Margarita, "aber ich war Ihnen natürlich böse. Sie werden zugeben, wenn man eine Frau auf der Straße so geradezu einlädt... Ich habe keine Vorurteile, das versichere ich Ihnen", Margarita lachte unfroh; "aber ich kenne keine Ausländer, habe auch keine Lust, mit ihnen Umgang zu pflegen ... Außerdem, mein Mann .. . Meine Tragik ist, daß ich mit einem Mann lebe, den ich nicht liebe, aber ich halte es für unwürdig, ihm das Leben zu verderben ... Ich habe von ihm nie anderes erfahren als Gutes..."
Asasello hatte ihre zusammenhanglose Rede sichtlich gelangweilt angehört, er sagte rauh: ,Jetzt seien Sie mal eine Minute still." Gehorsam verstummte Margarita.
"Ich lade Sie zu einem ganz harmlosen Ausländer ein. Außerdem wird keine Menschenseele von diesem Besuch erfahren. Dafür bürge ich Ihnen nun wirklich."
"Wozu braucht er mich denn?" fragte Margarita schmeichelnd. "Das werden Sie später erfahren."
"Verstehe . . . ich soll mich ihm hingeben", sagte Margarita nachdenklich.
Darauf ließ Asasello ein hochmütiges "Ph!" hören und antwortete:
"Ich kann Ihnen versichern, jede Frau auf der Welt würde das liebend gern tun." Ein Grinsen verzog Asasellos Visage. "Aber ich muß Sie enttäuschen, das wird nicht sein." "Was ist denn das für ein Ausländer?" rief Margarita vor Bestürzung so laut, daß sich einige Passanten nach ihr umdrehten. "Und was sollte ich für ein Interesse haben, zu ihm zu gehen?" Asasello beugte sich zu ihr und flüsterte vielsagend: "Nun, Sie haben ein sehr großes Interesse . .. Sie können die Gelegenheit benutzen ..."
"Was?" schrie Margarita mit weit aufgerissenen Augen. "Wenn ich Sie richtig verstehe, könnte ich dort etwas über ihn erfahren?"
Asasello nickte.
"Ich komme!" rief Margarita energisch und packte Asasello an der Hand. "Ich komme mit, wohin Sie wollen!" Asasello blies erleichtert Luft aus und verdeckte, indem er sich zurücklehnte, den in die Banklehne gekerbten Namen "Njura", dann sagte er ironisch:
"Ein schwieriges Volk, diese Weiber!" Er schob die Hände in die Taschen und streckte die Beine von sich. "Warum hat man diesen Auftrag bloß mir gegeben? Behemoth hätte das übernehmen sollen, der ist charmanter ..." Margarita lächelte schief und bitter und sprach: "Hören Sie auf, in Rätseln zu reden und mich mit Ihren Heimlichkeiten zu plagen. Ich bin unglücklich, und Sie nutzen das aus ... Da lasse ich mich auf so eine seltsame Geschichte ein, aber ich schwöre Ihnen, nur deshalb, weil Sie mich mit den Worten über ihn gelockt haben! Mir dreht sich schon der Kopf von all dem Unbegreiflichen ..."
"Kein Drama, kein Drama", antwortete Asasello und zog angewidert eine Grimasse, "Sie müssen sich auch mal in meine Lage versetzen. Dem Administrator ein paar in die Fresse hauen, den Onkel aus dem Haus schmeißen, einen anschießen oder sonstige Kleinigkeiten in dieser Richtung, das ist mein Beruf. Aber mit verliebten Frauen zu sprechen, na, besten
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