Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Meister und Margarita

Titel: Der Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
Vom Netzwerk:
wurde schwindlig und sie taumelte, aber die Schale war schon dicht vor ihren Lippen, und zwei Stimmen, wessen, konnte sie nicht unterscheiden, flüsterten ihr rechts und links ins Ohr:
    "Fürchtet Euch nicht, Königin . .. Fürchtet Euch nicht, Königin, das Blut ist längst in der Erde versickert. Da, wo es vergossen wurde, wachsen jetzt schon Weintrauben." Margarita nahm, ohne die Augen zu öffnen, einen Schluck, ein süßer Strom floß durch ihre Adern, und in ihren Ohren tönte Glockengeläut. Ihr war, als krähten ohrenbetäubend Hähne, als würde irgendwo ein Marsch gespielt. Die Scharen der Gäste verloren ihre Gestalt: Frackträger und Frauen zerfielen zu Staub. Vor Margaritas Augen erfaßte Fäulnis den Saal, und Grabesruch wehte darüber hin. Die Säulen zerbröckelten, die Lichter erloschen, alles schrumpfte, die Fontänen, Kamelien und Tulpen verschwanden. Nur das blieb, was wirklich existierte: der bescheidene Juwelierswitwensalon. Aus der angelehnten Tür fiel ein Lichtstreif. Durch diese angelehnte Tür trat Margarita.
24 Die Befreiung des Meisters
    In Volands Schlafzimmer war alles wie vor dem Ball. Voland saß im Nachthemd auf dem Bett, nur rieb ihm Gella nicht mehr das Bein ein, sondern servierte auf dem Tisch, an dem man vorher Schach gespielt hatte, ein Abendessen. Korowjew und Asasello hatten den Frack ausgezogen und saßen am Tisch, neben ihnen natürlich der Kater, der sich von seiner Frackschleife nicht trennen mochte, obwohl sie sich in einen dreckigen Fetzen verwandelt hatte. Margarita wankte zum Tisch und stützte die Hände darauf. Da winkte Voland sie zu sich wie vor dem Ball und bedeutete ihr, neben ihm Platz zu nehmen. "Nun, seid Ihr sehr erschöpft?" fragte er. "O nein, Messere", antwortete Margarita, aber kaum hörbar. "Noblesse oblige", warf der Kater ein und schenkte Margarita eine wasserklare Flüssigkeit in ein Rotweinglas. "Ist das Wodka?" fragte Margarita schwach. Der Kater war so beleidigt, daß er auf dem Stuhl hochhüpfte. "Erbarmt Euch, Königin", röchelte er, "würde ich es mir jemals erlauben, einer Dame Wodka einzugießen? Nein, das ist reiner Sprit!"
    Margarita lächelte und versuchte, das Glas wegzuschieben. "Trinkt getrost", sagte Voland, und Margarita nahm sogleich das Glas in die Hand.
    ""Setz dich, Gella", befahl Voland und erklärte Margarita: "Die Vollmondnacht ist eine festliche Nacht, und ich pflege im engen Kreis meiner Diener und Vertrauten zu Abend zu speisen. Also, wie fühlt Ihr Euch? Wie war der zermürbende Ball?" "Großartig!" schwatzte Kqrowjew. "Alle sind entzückt, verliebt, erschlagen! Soviel Takt, soviel Können, soviel Liebreiz und Charme!"
    Voland hob schweigend das Glas und stieß mit Margarita an. Sie trank gehorsam und glaubte infolge des Sprits ihr letztes Stündlein gekommen, aber nichts Übles geschah. Lebendige Wärme durchströmte ihren Bauch, im Nacken spürte sie ein weiches Pochen, und ihre Kräfte kehrten zurück, als habe sie einen langen erfrischenden Schlaf getan. Außerdem hatte sie einen Wolfshunger. Der wuchs noch an, als sie daran dachte, daß sie seit gestern früh nichts gegessen hatte. Gierig schlang sie Kaviar.
    Behemoth schnitt sich ein Stück Ananas ab, streute Salz und Pfeffer darauf, verspeiste es ünd kippte das zweite Glas Sprit so keck, daß alle applaudierten.
    Nachdem auch Margarita ein zweites Glas geleert hatte, brannten die Kerzen in den Kandelabern heller, und die Scheite im Kamin loderten stärker. Margarita spürte keinen Rausch. Sie grub die weißen Zähne ins Fleisch, genoß den herausströmenden Saft und sah zu, wie Behemoth eine Auster in den Most-rieh stippte.
    "Vielleicht legst du noch Weinbeeren oben auf, sagte Gella leise und stupste den Kater in die Seite.
    "Ich bitte, mich nicht zu belehren", antwortete Behemoth, "ich hab schon öfter getafelt, keine Sorge!"
    "Ach, wie angenehm ist es doch, so vor einem Kaminfeuer zu Abend zu speisen", schwatzte Korowjew, "im engsten Freundeskreis ..."
    "Nein, Fagott", widersprach der Kater, "auch der Ball hat seinen Reiz und seinen Schwung."
    "Gar keinen Reiz hat er und auch keinen Schwung", sagte Voland. "Und dann die blöden Bären und auch die Tiger in der Bar; von dem Gebrüll hab ich beinahe eine Migräne bekommen."
    "Zu Befehl, Messere", sagte der Kater, "wenn Ihr findet, daß der Ball keinen Schwung hatte, schließe ich mich sofort Eurer Meinung an."
    "Paß mir auf!" antwortete Voland.
    "Ich habe nur gescherzt", sagte der Kater scheinheilig, "und was die

Weitere Kostenlose Bücher