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Der Meister und Margarita

Titel: Der Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Herren", sagte Bengalski und griente wie ein satter Säugling, "vor Ihnen erscheint jetzt..." Er unterbrach sich und fuhr in anderem Tonfall fort: "Ich sehe, zur dritten Abteilung sind noch mehr Zuschauer gekommen. Wir haben ja die halbe Stadt hier! Treff ich doch neulich einen Freund und sag zu ihm: ,Warum kommst du nicht zu uns? Gestern war die halbe Stadt da. Und er meint: ,Ich wohne in der anderen Hälfte!'" Bengalski machte eine Pause und erwartete ein donnerndes Gelächter, aber da keiner lachte, fuhr er fort: "Also, vor Ihnen erscheint jetzt der berühmte ausländische Artist Monsieur Voland mit einer Vorstellung in Schwarzer Magie. Nun, Sie und Ich, wir wissen natürlich" — Bengalski lächelte weise —, "daß es keine Magie gibt und daß sie nichts anderes ist als Aberglauben. Maestro Voland freilich beherrscht die Technik der Tricks in hohem Grade, was wir aus dem interessantesten Teil Seiner Darbietung ersehen werden, das heißt aus der Enthüllung dieser Technik, und da wir alle ebenso für die Technik wie für ihre Enthüllung sind, darf ich jetzt bitten — Monsieur Voland!"
    Nachdem Bengalski diesen Mumpitz dahergeschwatzt hatte, legte er die Hände gegeneinander und schwenkte sie grüßend zum Vorhang, der davon surrend auseinanderging. Der Auftritt des Magiers und seines langen Assistenten samt dem Kater, der die Bühne auf den Hinterpfoten betrat, kam beim Publikum gut an.
    "Einen Sessel", befahl Voland halblaut, und im selben Moment stand, unbekannt wie und woher, ein Sessel auf der Bühne, in dem der Magier Platz nahm. "Liebenswürdiger Fagott", wandte sich Voland an den karierten Possenreißer, der offensichtlich außer "Korowjew" noch einen anderen Namen trug, "was meinst du, die Moskauer Bevölkerung hat sich doch beträchtlich verändert?"
    Der Magier blickte ins Publikum, das unter dem Eindruck des aus der Luft aufgetauchten Sessels verblüfft schwieg.
    "So ist es, Messere", antwortete Fagott-Korowjew halblaut.
    "Du hast recht. Die Städter haben sich sehr verändert, äußerlich, behaupte ich, wie übrigens auch die Stadt selbst. Von der Kleidung will ich ja nicht reden, aber da sind jetzt auf einmal diese ... wie heißen sie gleich ... diese Straßenbahnen, Automobile ..."
    "Autobusse", soufflierte Fagott respektvoll.
    Das Publikum lauschte diesem Gespräch aufmerksam, denn es sah darin das Vorspiel des ZaÜbertricks. In den Kulissen wimmelte es von Artisten und Bühnenarbeitern, und zwischen ihnen war das angespannte bleiche Gesicht von Rimski zu sehen.
    Die Physiognomie Bengalskis, der seitlich auf der Bühne saß, zeigte Bestürzung. Er hob ein wenig die Brauen, benutzte eine Gesprächspause und sagte:
    "Der ausländische Artist bringt seine Begeisterung für Moskau zum Ausdruck, das in technischer Hinsicht gewachsen ist, aber auch für die Moskauer." Hier lächelte er zweimal, zuerst ins Parkett, dann hinauf zum Rang.
    Voland, Fagott und der Kater wandten sich dem Conferencier zu.
    "Habe ich Begeisterung ausgedrückt?" fragte der Magier. "In keiner Weise, Messere, Ihr habt keinerlei Begeisterung ausgedrückt", antwortete Fagott. "Was also redet dieser Mensch?"
    "Er spinnt einfach!" tönte der karierte Assistent, daß es durchs Theater schallte, dann fügte er, an Bengalski gewandt, hinzu: "Ich gratuliere Ihnen, Herr Lügenbold!"
    Vom Rang plätscherte ein kurzer Lacher, Bengalski zuckte zusammen und riß die Augen auf.
    "Aber mich interessieren natürlich nicht so sehr die Autobusse, Telefone und all die sonstige ..." "Technische Apparatur", soufflierte der Karierte. "Völlig richtig, besten Dank", sagte der Magier langsam mit tiefem Baß. "Weit mehr interessiert mich die wichtige Frage: Haben sich diese Städter innerlich verändert?" ,Ja, das ist eine überaus wichtige Frage, gnädiger Herr." In den Kulissen warf man sich Blicke zu und zuckte die Achseln, Bengalski stand puterrot da, Rimski war bleich. Doch da sagte, der Magier, die beginnende Unruhe gleichsam spürend: "Aber wir haben uns festgeplaudert, lieber Fagott, das Publikum beginnt sich zu langweilen, zeige uns fürs erste etwas möglichst Einfaches."
    Im Saal entstand erleichterte Bewegung. Fagott und der Kater stellten sich zu beiden Seiten der Bühne auf. Fagott schnippte mit den Fingern, rief flott "Drei, vier!", griff aus der Luft ein Spiel Karten, mischte es und schwirrte es als langes Band dem Kater zu. Der fing das Band auf und schwirrte es zurück. Die atlasweiße Kartenschlange schnurrte, Fagott sperrte den Mund

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