Der Meister und Margarita
auf wie ein Nestvogel und verschluckte eine Karte nach der anderen.
Der Kater verbeugte sich und machte einen Kratzfuß, was ihm ungeheuren Beifall eintrug.
"Klasse! Klasse!" rief es begeistert in den Kulissen. Fagott stieß den Finger ins Parkett und erklärte: "Das Kartenspiel, meine sehr verehrten Damen und Herren, befindet sich jetzt in der siebenten Reihe bei dem Bürger Par-tschewski. Es steckt zwischen einem Dreirubelschein und einer gerichtlichen Vorladung in Sachen Alimente für die Bürgerin Selkowa."
Im Parkett entstand Bewegung, die Zuschauer reckten die Hälse, und schließlich holte ein Mann, der tatsächlich Par-tschewski hieß, knallrot vor Verlegenheit, das Kartenspiel aus der Brieftasche und hielt es empor, denn er wußte nicht, was er damit anfangen sollte.
"Behalten Sie's zum Andenken!" rief Fagott. "Sie hatten ja völlig recht, als Sie gestern beim Abendbrot sagten, das Leben in Moskau wäre unerträglich, wenn es nicht Poker gäbe." "Alter Hut!" tönte es vom Rang. "Der im Parkett gehört zum Verein."
"Meinen Sie?" brüllte Fagott und spähte mit verkniffenen Augen hinauf zum Rang. "Dann gehören Sie auch zum Verein, denn Sie haben das Kartenspiel in der Tasche!" Im Rang kam Bewegung auf, und eine freudige Stimme rief: "Stimmt! Er hat's! Da, da! Halt! Aber das sind doch Zehnerscheine!"
Die Zuschauer im Parkett wandten die Köpfe nach oben. Im Rang hatte ein Mann bestürzt in seiner Tasche ein Päckchen entdeckt, das von einem Streifband der Bank mit der Aufschrift "Eintausend Rubel" umwickelt war.
bie Nachbarn drängten sich auf ihn, er aber klaubte verdattert mit dem Fingernagel an der Banderole, um zu ergründen, ob die Zehnrubelscheine echt oder verhext wären. "Wahrhaftig echt! Richtige Zehnerscheine!" schrie es freudig vom Rang.
"So ein Spielchen können Sie mit mir auch machen", bat vergnügt ein Dickwanst im Parkett.
"Avec plaisier!" antwortete Fagott. "Aber warum nur mit Ihnen? Jeder wird eifrig mitmachen!" Und er kommandierte: "Alles schaut nach oben! Eins!" In seiner Hand war plötzlich eine Pistole. "Zwei!" Die Pistole fuhr hoch. "Drei!" schrie er, ein Blitz zuckte auf, es rumste, und sofort flatterten aus der Kuppel zwischen den Trapezen hindurch weiße Papiere in den Saal. Sie drehten sich, segelten zur Seite, landeten auf dem Rang, im Orchester und auf der Bühne. Gleich darauf erreichte der Geldregen, der immer dichter wurde, die Parkettreihen, und die Zuschauer haschten nach den Scheinen.
Hunderte von Händen reckten sich hoch, die Zuschauer hielten die Scheine gegen die erleuchtete Bühne und sahen die echten Wasserzeichen. Auch der Geruch ließ keinen Zweifel: es war der unvergleichlich reizvolle Geruch frischgedruckten Geldes. Heiterkeit, dann Verblüffung erfaßte das Theater. Überall summte das Wort "Zehnerscheine, Zehnerscheine", man hörte erstaunte Rufe und fröhliches Gelächter. Einige krochen schon in den Gängen herum, tasteten suchend unter die Sessel. Viele hatten sich auf die Sitze gestellt und haschten nach den launisch gaukelnden Scheinen.
Über die Milizionärsgesichter kroch langsam Argwohn, die Artisten äugten ohne Umstände aus den Kulissen. Im ersten Rang rief eine Stimme: "Was grapschst du? Das ist meiner, zu mir ist er geflogen!" Eine andere Stimme antwortete: "Hör auf zu stoßen, sonst stoß ich dich aus dem Anzug!" Plötzlich ein dumpfer Fall. Sofort erschien im ersten Rang der Helm eines Milizionärs, jemand wurde abgeführt. Die Erregung schwoll an, und niemand weiß, was aus alldem geworden wäre, wenn nicht Fagott den Geldregen gestoppt hätte, indem er plötzlich i;i die Luft pustete.
Zwei junge Burschen wechselten vergnügt vielsagende Blicke, erhoben sich und strebten schnurstracks der Theaterkantine zu. Das Theater summte, die Zuschauer hatten aufgeregte, glänzende Augen. Ja, niemand weiß, was aus alldem geworden wäre, wenn nicht Bengalski sich aufgerafft und in Bewegung gesetzt hätte. Um Selbstbeherrschung bemüht, rieb er sich gewohnheitsmäßig die Hände und sprach möglichst klangvoll: "Meine Damen und Herren, was wir soeben gesehen haben, ist ein Fall von sogenannter Massenhypnose. Ein rein wissenschaftliches Experiment und ein vorzüglicher Beweis, daß es in der Magie keine Wunder gibt. Wir bitten nun den Maestro Voland, uns dieses Experiment zu erklären. Sie, meine Damen und Herren, werden feststellen, daß die vermeintlichen Geldscheine ebenso plötzlich wieder verschwinden, wie sie aufgetaucht sind."
Er klatschte
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