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Der Meister und Margarita

Titel: Der Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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,Jetzt, nachdem wir diesen Widerling abgeschoben haben, wollen wir ein Damenatelier eröffnen!"
    Sofort bedeckte sich die Bühne mit Perserteppichen, mächtige Spiegel ragten, seitlich von hellgrünen Röhren beleuchtet, und zwischen den Spiegeln standen Vitrinen, in denen die fröhlich verblüfften Zuschauer Pariser Damenkleider verschiedener Farben und Schnitte erblickten. In weiteren Vitrinen erschienen Hunderte von Damenhüten mit und ohne Feder, mit und ohne Schnalle, ferner Hunderte von Schuhen — schwarz, weiß, gelb, aus Leder, aus Atlas, aus Wildleder, mit Riemchen und mit Steinchen. Zwischen den Schuhen standen Kästchen, in denen Parfümflakons glitzerten, es gab Berge von Handtaschen aus Antilopenhaut, aus Wildleder, aus Seide, und dazwischen lagen haufenweise längliche Goldhülsen, wie sie für Lippenstifte verwendet werden.
    Ein rothaariges Weib in schwarzem Abendkleid, weiß der Teu-fei woher plötzlich aufgetaucht, ein hübsches Frauenzimmer übrigens, hätte nicht eine sonderbare Narbe am Hals sie verunstaltet, stand mit gewinnendem Direktricenlächeln bei den Vitrinen.
    Fagott erklärte mit bonbonsüßem Grienen, seine Firma veranstalte kostenlos einen Umtausch alter Damenkleider und -schuhe gegen Pariser Modelle. Das gleiche, sagte er, gelte für Handtaschen und alles übrige.
    Der Kater vollführte Kratzfüße und machte mit der Vorderpfote die einladenden Gesten eines türöffnenden Portiers. Das Weib sprach ein bißchen heiser, doch vornehm flötend ein paar schwerverständliche Wörter, die jedoch, nach den Frauengesichtern im Parkett zu urteilen, sehr verführerisch klangen. "Guerlain, Chanel Nummer fünf, Mitsouko, Narcisse noir, Abendroben, Cocktailkleider ..."
    Fagott scharwenzelte, der Kater verbeugte sich, die Rothaarige öffnete die Glasvitrinen.
    "Darf ich bitten!" brüllte Fagott. "Keine Schüchternheit, keine Fisematenten!"
    Das Publikum geriet in Wallung, doch noch wagte sich keiner auf die Bühne. Endlich erhob sich eine Brünette aus der zehnten Parkettreihe von ihrem Platz, lächelte, als sei ihr alles schnurz und schnuppe, schritt den Gang entlang und betrat über die Seitentreppe die Bühne.
    "Bravo!" schrie Fagott. "Ich grüße die erste Kundin! Behemoth, einen Sessel! Beginnen wir mit den Schuhen, Madame!" Die Brünette setzte sich in den Sessel, und sofort häufte Fagott einen Berg Schuhe vor ihr auf den Teppich. Sie zog den rechten Schuh aus, paßte einen hellblauen Modellschuh an, stampfte auf den Teppich, betrachtete den Absatz. "Werden sie auch nicht drücken?" fragte sie nachdenklich. "Ich bitte Sie, was reden Sie da!" rief Fagott beleidigt, und der Kater miaute gekränkt.
    "Ich nehme dieses Paar, Monsieur", sagte die Brünette hoheitsvoll, während sie in den zweiten Schuh schlüpfte. Ihre alten Schuhe wurden hinter den Vorhang geschmissen, und dort verschwand auch sie selber in Begleitung der Rothaarigen und Fagotts, der mehrere Modellkleider auf Bügeln trug.
    Der Kater half geschäftig, er hatte sich besseren Aussehens halber ein Zentimetermaß um den Hals gehängt. Bald trat die Brünette wieder vor den Vorhang, so elegant, daß ein Seufzer durch die Zuschauer ging. Die beherzte Frau, erstaunlich verschönt, stellte sich vor den Spiegel, bewegte die entblößten Schultern, berührte die Haare im Nacken und verbog sich, um den Rücken im Spiegel zu sehen. "Meine Firma bittet Sie, dies zum Andenken mitzunehmen", sagte Fagott und reichte ihr ein offenes Kästchen mit einem Parfümflakon.
    "Merci", antwortete die Brünette herablassend und stieg die Treppe hinab ins Parkett. Zuschauer sprangen auf und suchten den Flakon zu berühren.
    Nun war der Bann gebrochen, und von allen Seiten strömten Frauen auf die Bühne. In dem allgemeinen aufgeregten Gerede, Gelächter und Geseufze hörte man eine Männerstimme: "Ich erlaube es nicht!" und eine Frauenstimme: "Du bist ein Despot und ein Spießer! Laß meinen Arm los!" Die Frauen verschwanden hinterm Vorhang, ließen ihre Kleider dort und kamen in neuen wieder zum Vorschein. Auf Hockern mit vergoldeten Beinen saß eine ganze Reihe von Damen, die mit neubeschuhten Füßen energisch auf den Teppich stampften. Fagott kniete vor ihnen, hantierte mit einem beinernen Schuhanzieher, und der Kater stöhnte unter Bergen von Schuhen und Handtaschen, die er von der Vitrine zu den Hockern und zurück schleppte, und die Madame mit dem Narbenhals tauchte bald auf, bald verschwand sie wieder, und es kam so weit, daß sie nur noch

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