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Der Meister und Margarita

Titel: Der Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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heftig, aber völlig einsam, und auf seinem Gesicht spielte ein zuversichtliches Lächeln, in seinen Augen jedoch war diese Zuversicht nicht, sie blickten flehentlich. Bengalskis Rede erfreute das Publikum mitnichten. Völliges Schweigen trat ein, unterbrochen vom karierten Fagott. "Das ist ein Fall von sogenanntem Blödsinn", erklärte er mit lautem Meckertenor, "die Geldscheine, meine Damen und Herren, sind echt."
    "Bravo!" schnappte eine Baßstimme auf dem Rang. "Dieser Kerl übrigens", Fagott wies auf Bengalski, "der hängt mir zum Halse heraus. Dauernd steckt er seine Nase ungebeten in Dinge, die ihn nichts angehen, und schmeißt uns mit seinen verlogenen Bemerkungen die ganze Vorstellung! Was sollen wir mit ihm machen?"
    "Den Kopf abreißen!" sagte jemand rauh vom Rang. "Was haben Sie gesagt? Hä?" antwortete Fagott auf diesen häßlichen Vorschlag. "Den Kopf abreißen? Das ist eine Idee! Behe-moth!" schrie er dem Kater zu. "Mach du das! Ejn, zwej, drej!" Etwas ganz Unerhörtes geschah. Der schwarze Kater sträubte das Fell und miaute ohrenzerreißend. Dann duckte er sich panthergleich, sprang Bengalski gegen die Brust und von hier auf den Kopf. Laut knurrend krallte er die puschligen Pfoten in die schüttere Haartracht des Conferenciers, heulte wild auf und riß mit zwei Drehungen den Kopf von dem dicken Hals los. Die zweieinhalbtausend Menschen im Theater schrien wie mit einer Stimme auf. Das Blut aus den zerrissenen Halsarterien spritzte in dicken Strahlen hoch und tränkte Vorhemd und Frack. Der enthauptete Körper machte mit den Füßen ein paar plumpe Scharrbewegungen und sank sitzend zu Boden. Im Saal gellten hysterische Frauenschreie. Der Kater reichte den Kopf Fagott, der hob ihn an den Haaren hoch und zeigte ihn dem Publikum, und der Kopf schrie verzweifelt, daß es durchs Theater hallte:
    "Einen Arzt!"
    "Wirst du wieder solchen Blödsinn quatschen?" fragte Fagott drohend den weinenden Kopf. "Nie wieder!" röchelte der Kopf.
    "Um Gottes willen, quälen Sie ihn nicht!" übertönte plötzlich eine Frauenstimme aus einer Loge den Lärm, und der Magier wandte sich der Stimme zu.
    "Sie meinen also, meine Damen und Herren, wir sollen ihm verzeihen?" fragte Fagott das Publikum.
    "Verzeihen, verzeihen!" riefen erst vereinzelte Stimmen, vorwiegend weibliche, dann fielen im Chor die Männer ein. "Was befehlt Ihr, Messere?" fragte Fagott den Mäskierten. "Hm", antwortete dieser nachdenklich, "sie sind Menschen wie andere auch. Sie lieben das Geld, aber das war schon immer so. Die Menschheit liebt das Geld, egal, woraus es gemacht ist, aus Leder oder Papier, aus Bronze oder Gold. Ein bißchen leichtsinnig sind sie vielleicht... Warum nicht... Manchmal klopft Barmherzigkeit in ihrer Brust. . . Gewöhnliche Menschen. Erinnern an die von früher, bloß die Wohnungsfrage hat sie verdorben." Laut befahl er: "Setzt ihm den Kopf wieder auf." Der Kater zielte sorgfältig .und stuppte den Kopf auf den Hals, und er saß wieder an seiner Stelle, als wäre er nie weg gewesen. Und das schönste, nicht mal eine Narbe war am Hals zu sehen. Mit den Pfoten wedelte der Kater über Bengalskis Frack und Plastron, und die Blutspuren verschwanden. Fagott stellte den sitzenden Bengalski auf die Beine, schob ihm ein Päckchen Zehnerscheine in die Fracktasche und beförderte ihn mit folgenden Worten von der Bühne: "Verschwinden Sie, ohne Sie ist es lustiger!" Taumelnd und irr um sich blickend, erreichte der Conferencier den Feuerwehrmann, da wurde ihm schlecht. "Mein Kopf, mein Kopf!" schrie er kläglich. Mit den anderen stürzte auch Rimski auf ihn zu. Der Conferencier weinte, haschte mit den Händen in die Luft, murmelte: "Meinen Kopf, meinen Kopf ... gebt mir wieder. Nehmt die Wohnung, nehmt die Bilder, aber gebt mir meinen Kopf!" Der Bote lief nach einem Arzt. Man versuchte, Bengalski in der Garderobe aufs Sofa zu legen, aber er schlug um sich und begann zu toben, und man mußte einen Krankenwagen rufen. Nachdem der unglückselige Conferencier weggebracht worden war, lief Rimski zurück zur Bühne und sah, daß hier neue Wunder geschahen. Übrigens war zu diesem Zeitpunkt oder etwas früher der Magier mitsamt seinem verschossenen SesSel von der Bühne verschwunden, wobei erwähnt sei, daß das Publikum dies überhaupt nicht bemerkte, da es von den ungewöhnlichen Kunststücken Fagotts auf der Bühne gefesselt war. Nachdem Fagott nämlich den arg mitgenommenen Conferencier von der Bühne gejagt hatte, erklärte er dem Publikum:

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