Der Meisterdieb und seine Feinde
sagtest du vorhin: Man
muss leben. Ich muss für zwei Ex-Ehefrauen aufkommen, habe aber auch meine
Ansprüche.“
„Wunderbar! Ich glaube,
Wilhelm, seit damals haben wir uns überhaupt nicht verändert.“
„Wir haben dazugelernt.“
„Allerdings. Um wen geht’s?“
„Schon mal vom Meisterdieb
gehört?“
„Aber den kennt keiner.“
„Wir werden ihn kennen lernen —
und zwar morgen, wenn er sich mit meinem Freund Arthur Breschke trifft. Den
erpresst er nämlich — wie viele andere auch, die ich gut kenne und die diese
Prämie ausgesetzt haben, heimlich.“
Bunzkuhls Augen leuchteten.
Begeisterung stand auf dem narbigen Gesicht. „Wer ist Breschke — wer die
andern?“
Schrottleben grinste. „Gleich
erzähle ich dir alles. Aber erst zapfe ich uns noch ein Bier. Inzwischen kann
ich das nämlich auch. Als Bulle muss man vielseitig sein.“
21. Bunzkuhls Adresse
Ohne unsere Beziehungen, dache
Tim, ginge gar nichts. Aber dank dem heißen Draht zu Paul Überstätter lief das
mit der Kfz-Halter-Ermittlung mal wieder wie geschmiert. Klasse!
Und so war’s auch. Gaby hatte
am Samstagvormittag den Assi ihres Vaters angerufen. Paul hatte Wochenenddienst
im Präsidium. Und der scheinbar so träge Nachwuchs-Kriminalist hatte über die
Kfz-Zulassungs-Datei — zu der er Zugang hat — festgestellt, wem der... CB
333-Audi gehörte.
Claus Bunzkuhl, privater
Ermittler — was immer das heißen mochte — , Oberklink-Straße 41.
Das Schlechtwetter seit gestern
Abend hielt an. Graue Wolken und Nieselregen, die Temperatur lag nur noch wenig
über dem Gefrierpunkt. Abgase jeglicher Art rochen doppelt so schlecht und die
Oberklink-Straße war zum Weggucken hässlich.
Bunzkuhls Adresse zeigte sich
als verschachtelte Wohnanlage aus den Fünfzigerjahren und war offenbar nie
renoviert worden. Durchfahrten führten auf muffige Hinterhöfe, von denen einige
wie Schrottplätze aussahen. Zu Nr. 41 wies ein Schild mit
links-um-die-Ecke-Pfeil. Nr. 41 war hinten. Und als Tim Klößchens Fernglas
benutzte, konnte er auch das Nummernschild entziffern an dem dunklen Audi — den
er natürlich mit bloßem Auge entdeckt hatte. Der Wagen parkte auf dem
Hinterhof.
Bunzkuhl kennt uns, dachte Tim.
Deshalb hatten sich TKKG in
erheblicher Entfernung postiert: in einer Seitenstraße, die aber auf Nr. 41,
den Hinterhof, mündet. Hinter einem Kiosk, der verbarrikadiert war zum
Überwintern, fühlten sie sich ungesehen.
Karl, der gestern Abend wegen
des Opernbesuchs nicht hatte dabei sein können, war inzwischen über alles
informiert.
Es war Mittag.
Aber das, dachte Tim, checke
ich nur mit ‘nem Blick auf meine Zeitmaschine. Nicht am Sonnenstand. Null
Sonne. Und das soll noch bis Mittwoch so gehen. Tja, das ist der November.
Gaby fröstelte. Sie trug ihre
lilafarbene Regenjacke, ebenfalls mit Kapuze und dazu passendem Schal. Oskar
war zu Hause geblieben. An Tagen wie heute liebte er sein Körbchen noch mehr.
Gabys gestrige Jacke war
inzwischen entsorgt. Flicken ließ die sich nicht mehr. Frau Glockner hatte
letzte Nacht noch lange mit ihrer Tochter geredet, hatte ihr zwar keine
Vorwürfe gemacht, aber ans Gewissen appelliert und eindringlich gemahnt. In
einer nächtlichen Großstadt kann jungen Mädchen — allein unterwegs — sonst was
geschehen. Wer wusste das besser als Gaby.
Bei der Besprechung vorhin
waren sich TKKG einig gewesen. Sie würden nichts unternehmen, was Fuciano Corsa
in zusätzliche Schwierigkeiten brachte. Andererseits war es undenkbar, die
Ermittlungen jetzt abzubrechen. Der Frontmann der Schutzgeld-Erpresser war
identifiziert. Ihn eventuell auf frischer Tat zu ertappen, bedeutete: Der Spuk
würde ein Ende haben. Aufklärung der Verbrechen, der Erpressung und der Brandlegung.
„Aber das“, hatte Tim gesagt,
„geben wir nicht aus der Hand. Schrottleben kommt nicht infrage, Paul wäre
überfordert und Gabys Vater ist nicht da. Also machen wir weiter. Jetzt aber
mit totaler Vorsicht.“
In diesem Moment sagte Karl:
„Ich glaube, Bunzkuhl ist an seinem Wagen.“
Alle äugten um die Ecke am
Kiosk. Und tatsächlich: Ein großer Kerl in Hut und Mantel stieg in den Audi.
Einen Moment später wurde der Wagen gestartet und rollte auf die Straße. Er bog
nach links und war dann nicht mehr zu sehen.
„So“, meinte Tim. „Elm
voranzukommen, müssen wir eine Grenze übertreten. Damit meine ich: Ich werde
mich in Bunzkuhls Behausung umsehen. Büro und Wohnung sind ja in einem. Karl
kommt mit und knackt die
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