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Der Memory Code

Der Memory Code

Titel: Der Memory Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.J. Rose
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ging auf die Herrentoilette. Dort steckte er die Schmuckimitate in die Hosentasche und packte die nachgemachten Designer-Etuis leer in die Aktentasche zurück.
    Wieder draußen auf der Straße, setzte er seinen Bummel fort, dabei oft anhaltend, um in ein Schaufenster zu gucken, das Spiegelbild in der Scheibe immer im Blick, um ja sicherzugehen, dass ihm niemand folgte.
    Hätte jemand versucht, ihm die Aktentasche zu entreißen – er hätte sich zunächst mit Zähnen und Klauen gewehrt, um sie am Ende doch loszulassen. Eins allerdings hätte er unter keinen Umständen hingegeben: den Inhalt seiner Hosentasche.

24. KAPITEL
    D ie Carabinieri hatten die Gegend um den Tatort schon Dutzende Male durchkämmt. Diesmal jedoch hatte Commissario Tatti die Anweisung erteilt, auszuschwärmen und die Suche auf einen Radius von gut drei Kilometern zu erweitern. Der Wachmann, der am Tag zuvor während des Angriffs auf Professor Rudolfo Dienst gehabt hatte, war nach wie vor unauffindbar. Seiner Frau zufolge war er wie immer um drei Uhr in der Früh mit seiner Vespa zur Arbeit gefahren. Sie hatte ihm noch seine Lieblingsbrote zubereitet – mit Mortadella belegtes Ciabatta – und sei dann wieder schlafen gegangen. Normalerweise dauerte seine Schicht von vier bis neun.
    Er war nicht nach Hause gekommen.
    Die Nachmittagssonne spielte Fangen mit den Wolken, was die Suche zusätzlich erschwerte. Mal war es zehn Minuten hell, dann wieder senkten sich Schatten über die ganze Landschaft, sodass ein harmloser Stein wie ein menschlicher Schädel, eine Baumwurzel wie eine Hand erschien.
    In dem Wäldchen war es sogar noch schwieriger festzustellen, was man vor sich sah. Die uralten Baumriesen mit ihrem dichten Blattwerk ließen so gut wie kein Licht durch. Fast hatte man den Eindruck, es sei schon später Abend, obwohl es erst mitten am Nachmittag war.
    Der Einsatzleiter, ein Leutnant namens Marcello Angelini, wies seine Carabinieri an, notfalls ihre Taschenlampen einzuschalten, wenn sie sonst nichts erkennen konnten. Sie rückten in einer Kette vor, ließen den Lichtstrahl hin und her über das Terrain wandern und stoppten alle drei bis vier Minuten, um einen verdächtigen Gegenstand genauer in Augenschein zu nehmen.
    Bislang hatten sie allerdings nichts gefunden. Das Gelände war mit Gebüsch und Schlingpflanzen überwuchert, der unebene Untergrund bedeckt mit Eicheln, Zapfen und halb verrottetem Laub. Irgendwie schön, fand Angelini. Fast wie in der Kirche, wenn keine Messe stattfand und man still dasitzen konnte, um in sich zu gehen und nachzudenken.
    Er marschierte am äußeren Rand der Kette, als Letzter in der Reihe, auch um seinen Leuten zu demonstrieren, dass er unangenehmen Dienst nicht scheute. Als der Strahl seiner Taschenlampe auf etwas Glänzendes im Gebüsch fiel, löste Angelini sich aus der Formation und ging zu der Stelle hinüber. Dort angelangt, konnte er nichts erkennen außer dunkel glänzendem Laub. Vielleicht war der Strahl ja davon reflektiert worden. Angelini wich ein, zwei Schritt zurück, und dann, aus der Entfernung, sah er es. Den Lichtkegel auf den besagten Punkt gerichtet, rückte er wieder vor. Ja, da war etwas. Etwas silbrig Schimmerndes.
    Angelini ging in die Hocke, griff in das Unterholz, stieß zunächst auf etwas Kaltes, Metallisches und danach auf etwas, das sich noch kälter anfühlte.
    Blitzartig zog er die Hand weg, prallte zurück und starrte in das Gebüsch. Die unnatürliche Anordnung des Astwerks bemerkte er erst, als er nicht mehr ganz so angestrengt hinspähte. Irgendjemand hatte den Busch von oben nach unten mittig durchgesägt und tief dahinter ein Versteck eingerichtet. Darunter, nun erfasst vom Kegel der Taschenlampe, lag eine Männerleiche. Angelini schob sich etwas näher, beugte sich vor und erschauerte. Der Tote war nackt, seine Kehle aufgeschlitzt, der ganze Körper beschmiert mit seinem inzwischen schwarz geronnenen Blut.
    Da haben wir den Salat!, durchzuckte es Angelini. Jetzt wurde die Sache zu einem handfesten Mordfall. Er kannte Commissario Tatti, seinen Vorgesetzten, viel zu gut um zu wissen, was das bedeutete: In den nächsten Tagen würde keiner von ihnen viel Freizeit haben. Fast bedauerte er schon, dass ihm das verdammte Gliederarmband der Uhr aufgefallen war.
    Sei’s drum, dachte er und bekreuzigte sich. Armes Schwein!
    Was hatte er wohl bewacht? Was war an einer Ausgrabung so kostbar, dass man einen Wachdienst anheuerte? Da musste er nach Feierabend mal seine Frau fragen.

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