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Der Memory Code

Der Memory Code

Titel: Der Memory Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.J. Rose
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sie, und dabei erschien in ihren Augen derselbe sanfte Ausdruck wie bei der Kleinen. Er rührte Josh auf eine Weise an, wie er es nicht vermutet hätte.
    “Wie alt ist sie?”
    “Knapp drei. Sie fehlt mir furchtbar.”
    “Ich nehme an, ihr Vater kümmert sich vorbildlich um sie.”
    “Ihr Großvater und ihr Kindermädchen machen das. Mein Vater geht ganz wunderbar mit ihr um.”
    Auf der Stelle bereute Josh seine Bemerkung. Er hätte sich denken können, wie die Geschichte ausgegangen war, denn Gabriellas Gesichtszüge erstarrten förmlich, als achte sie peinlichst darauf, ja keine Emotionen zu verraten. “Mein Mann war ebenfalls Archäologe. Fachgebiet Unterwasserausgrabungen. Bei einem Tauchgang bekam er Probleme mit seinem Sauerstoffgerät. Er starb drei Monate vor Quinns Geburt.”
    “Das tut mir sehr leid.”
    Sie reagierte mit einem Achselzucken. “Er kam bei etwas um, was er für sein Leben gerne tat.”
    Plötzlich war ihre Stimme völlig emotionslos, was Josh nicht überraschte. Er wusste, was es bedeutete, sich abzukapseln, ob nun aus Trauer, Schmerz oder Liebe. Am liebsten hätte er sie getröstet, aber er ahnte, dass das wohl taktlos gewesen wäre.
    “Wie er gestorben ist, das hatte zwar eine gewisse Würde”, fuhr Gabriella fort, “aber gegenüber unserer Tochter war es ungerecht. Sie wurde quasi um ihren Dad betrogen.”
    “Ich kann ein Lied davon singen.”
    “Wie alt waren Sie?”, wollte sie wissen.
    “Zwanzig. Das ist mir bisher immer viel zu jung vorgekommen, aber verglichen mit Ihrer Tochter … Ich hatte wenigstens etwas von meinem Vater; fast ein ganzes Leben, wenn man so will.” Auf einmal verspürte er eine solch mächtige Sehnsucht nach ihm, dass es ihn selbst verwunderte.
    “Quinn redet andauernd von ihrem Vater, obwohl sie ihn gar nicht kennt. Sie sagt, dass sie weiß, dass ihr Daddy eigentlich fort sein sollte, aber dass er das nicht wirklich ist und sie ihn eines Tages finden wird.”
    “Und was erwidern Sie ihr darauf?”
    Sie fuhr sich mit der Hand über die Stirn. “Vielleicht versteht sie etwas, was ich nur ahnen kann. Kinder können auf eine Weise mit den Toten in Verbindung stehen, wie es Erwachsenen nicht möglich ist. Sie scheinen über ein Wissen zu verfügen, dem wir längst entwachsen sind.” Sie nippte an ihrem Cognac. “Aber damit kennen Sie sich ja besser aus als ich, oder? Sie und Malachai und Dr. Talmage.”
    Jetzt war es an Josh, die Schultern zu zucken. Er hatte wenig Lust, über die Stiftung und ihre wissenschaftliche Arbeit zu reden. Er fürchtete, es könne sich mitten in einer solch vertraulichen Unterhaltung zu steril anhören.
    “Haben Sie Kinder?”, fragte sie, fast so, als könne sie seine Gedanken lesen. Es war ihm nicht bewusst, dass er reagierte, aber es musste wohl so sein, denn sie ruderte gleich zurück. “Wunder Punkt? Entschuldigen Sie.”
    “Sie müssen sich nicht entschuldigen. Ich wollte zwar welche, aber meine Frau – meine Exfrau inzwischen – nicht. Das stand zwischen uns ständig im Raum, ein unüberwindliches Problem.”
    “Und deshalb haben Sie sich getrennt?”
    “Nein, eigentlich nicht. Doch. Kann sein.” Er lachte über sich selbst. “Es war zumindest der Auslöser. Emma ist Korrespondentin. Wir wohnten in England, aber da wir beide berufstätig waren, haben wir vermutlich nicht mal sechzig Tage im Jahr miteinander verbracht. Was andere Paare in einer Ehekrise vielleicht zusammengehalten hätte, fing bei uns schon beim ersten Mal an zu bröseln.”
    “
Beim ersten Mal
?”
    Er gab nicht gleich Antwort. Er war es nicht gewohnt, sein Privatleben offenzulegen. Dabei war es ihm nicht einmal unangenehm – es fiel ihm im Gegenteil zu leicht. Und das ging ihm gegen den Strich.
    “Bringe ich Sie in Verlegenheit? Tut mir leid.”
    “Mitnichten, eher im Gegenteil”, sagte er und erzählte ihr in aller Kürze von dem Selbstmordattentat und den darauf folgenden Halluzinationen.
    Sie hörte aufmerksam zu, wie gebannt fast, und dabei sah sie ihn auf eine Weise an, die ihm vertraut erschien. Genau so hatten ihn die Ärzte und Therapeuten immer angeguckt. Verärgert stoppte er mitten in seiner Schilderung, als er gerade beschrieb, wie die Hirngespinste auf ihn – und in der Folge auf seine Ehe – gewirkt hatten.
    Gabriella fiel offenbar gar nicht auf, dass er absichtlich aufgehört hatte, und sie stellte ihm eine Frage, die logischerweise folgen musste. “Das verstehe ich nicht. Was hatte denn Ihre Frau dagegen, dass Sie

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