Der Menschenraeuber
Stereoanlage fiel er über die Couch, auf der ein Pärchen knutschte, murmelte »’tschuldigung« und erbrach sich über den Couchtisch, auf dem noch halbvolle Gläser mit Whisky und Resten von Salzstangen standen.
Er rollte auf den Teppich und schlief ein.
Tobias erwachte am Morgen um elf mit fürchterlichen Kopfschmerzen. Mühsam rappelte er sich vom Fußboden hoch, und allmählich kehrte zumindest bruchstückhaft die Erinnerung an den vergangenen Abend und die Nacht wieder. Er schleppte sich zur Terrassentür, die nur angelehnt war, und ging hinaus in den Garten, um zu sehen, ob jemand im Pool ertrunken war.
Zwar schwammen weder die Schildkröte noch einer seiner Freunde leblos im Wasser, dafür aber jede Menge leere Flaschen, Styroporverpackungen, zwei mittlerweile völlig aufgeweichte Pizzakartons, Zigarettenkippen und mehrere dicke Bockwürste. Tobias schüttelte sich vor Ekel. Diese Sauerei mussten sie auch noch in Ordnung bringen, bevor Janina kam.
Im Garten sah es ähnlich wüst aus. Auch hier überall leere Flaschen, auf dem Rasen ausgedrückte Zigarettenkippen, Teller mit angetrocknetem Senf und Kartoffelsalat, Kissen, vergessene Jacken. In der Hollywoodschaukel schlief ein Paar unter einer dicken Decke.
Tobias stolperte zurück ins Haus. Im Wohnzimmer stank es unerträglich nach kaltem Rauch, verschüttetem Alkohol und Erbrochenem. Er stieg vorsichtig über Flaschen und Gläser, ging die Treppe hinauf und stellte erleichtert fest, dass das Bad frei war. Nach einer heißen Dusche fühlte er sich etwas besser, aber die rasenden Kopfschmerzen machten jede Bewegung zur Qual.
In der Küche waren zwei Mädchen damit beschäftigt, abzuwaschen und den Frühstückstisch zu decken.
»Hallo«, sagte Tobias matt, »is nett, dass ihr ein bisschen Ordnung macht.«
»Geht’s dir nicht gut? Du siehst beschissen aus.«
»Nee, mir geht’s wirklich nicht besonders gut.«
»Setz dich. Der Kaffee läuft grade durch.«
Zehn Leute hatten irgendwo im Haus oder im Garten übernachtet, und so langsam trudelten alle in der Küche ein. Den ramponierten Mägen ging es nach salzigem Schinken, den Resten von Kartoffel-und Nudelsalat, Mixed Pickles und sauren Gurken besser, und um halb eins knallten bereits wieder die ersten Sektkorken.
»Einen Kater bekämpft man am besten mit Alkohol«, sagte Sebastian, Tobias’ bester Freund. »Und schließlich können wir ja nicht bis heute Abend Wasser trinken, wir wollen ja weiterfeiern!«
Nach dem Frühstück wurde im Wohnzimmer das Gröbste aufgeräumt, das Erbrochene entfernt, die Aschenbecher geleert und die Spülmaschine erneut gefüllt und angeschaltet. Einige fischten den Dreck aus dem Pool, Tobias ließ die Umwälzpumpe ohne Pause laufen, andere sammelten den Müll im Garten zusammen. Sorgen machten Tobias die Rotweinf lecken auf dem Teppich. Sie beträufelten die Stellen mit Zitronensaft und schütteten reichlich Salz darüber, wodurch die Flecken ihre Farbe von Dunkelrot in Hellrot veränderten, aber verschwunden waren sie durch die Behandlung nicht. Tobias hoffte auf Janina, vielleicht hatte sie eine Idee, wie man den Teppich wieder sauber kriegen könnte. Und eigentlich wollte er sich darüber erst wirklich Gedanken machen, wenn die Party vorbei war. Am Montag. Frühestens. Nicht jetzt.
Schließlich setzten sie sich mit Bier, Sekt und Wein an den Pool und aßen dazu Chips und Erdnüsse, die Tobias in der Speisekammer entdeckt hatte.
Er fühlte sich besser. Die Kopfschmerzen waren fast weg, aber er spürte, dass er schon wieder betrunken war, denn er hatte Schwierigkeiten, gerade und normal durch den Garten zu laufen. Wahrscheinlich der Restalkohol von heute Nacht, dachte er sich, und dann das bisschen Sekt obendrauf. Eine oder zwei Flaschen? Er konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern. Und hatte er noch Bier zwischendurch getrunken? Auch das wusste er nicht mehr.
Er wusste nur, dass es jetzt Viertel vor drei war und er allmählich losfahren musste, um Janina abzuholen. Außerdem fühlte er sich vollkommen klar im Kopf.
Auf dem Terrassentisch stand eine Flasche Sekt, die noch nicht ganz leer war. Er setzte sie an den Mund und trank sie aus. Warum, wusste er nicht, es war überhaupt nicht nötig, aber er tat es.
Dann rief er noch: »Tschüss dann, bis nachher, ich hole Janina vom Bahnhof Zoo, soll ich noch irgendwas mitbringen?« Aber da ihm niemand zuhörte, bekam er auch keine Antwort, und so zuckte er mit den Achseln, stieg vor dem Haus in seinen
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