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Der Menschenraeuber

Der Menschenraeuber

Titel: Der Menschenraeuber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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dichter Weißdorn und nahmen ihnen die Sicht ins Tal.
    Engelbert fühlte leichte Panik. So eine felsige, sandige, schlechte Straße war er mit seinem Wagen noch nie gefahren, und Ingrid wusste, dass er jetzt fieberhaft überlegte, wie er in den kommenden Tagen von La Passerella wieder wegkommen sollte, aber sie sagte nichts. Sie selbst empfand die holprige Straße nicht als Problem, und wenn Engelbert nicht wollte, würde sie eben die Einkäufe erledigen. Wahrscheinlich würde es ihr in ein paar Tagen auch gelingen, ihn zu dem einen oder anderen Ausflug zu überreden.
    An einer gewaltigen frei stehenden Zeder bogen sie rechts ab, und von dort brauchten sie noch neunhundert Meter, bis sie linker Hand die Schlucht erreichten. Hier begann die letzte Steigung nach La Passerella, und als sie diese geschafft hatten, lag vor ihnen das Haus in der warmen, satten Nachmittagssonne.
    Engelbert hielt an, sie stiegen aus und sahen sich um.
    Statt einen Kommentar zu der Schönheit der Landschaft und zum herrlichen Panoramablick abzugeben, legte Engelbert den Arm um Ingrids Schultern und drückte sie an sich.
     
    Jonathan hatte den Wagen gar nicht kommen hören. Aber Sofia, die am Fenster saß und einen Schal für Riccardo strickte, hatte den Kopf gehoben und gesagt: »Liebster, ich glaube, unsere Gäste sind da.«
    Als er aufstand und aus dem Haus trat, sah er neben einem dunkelblauen Audi einen Mann und eine Frau stehen, die ganz ergriffen über die Hügel der Toskana blickten.
    Herr und Frau Kerner, dachte er. Offensichtlich haben sie uns problemlos gefunden.
    Lächelnd ging er auf die beiden zu und reichte ihnen die Hand.
    »Herzlich willkommen auf La Passerella«, sagte er freundlich.
    Auf einmal fühlte sich Jonathan seltsam gehemmt. Irgendwie kenne ich diesen Mann, dachte er, aber ich weiß nicht, woher. Verflucht nochmal, wo sind wir uns schon mal begegnet?
    »Mein Name ist Valentini«, stellte er sich vor. »Ich hoffe, Sie hatten eine gute Reise?«
    »Wunderbar!«, antwortete Ingrid sofort. »Es klappte alles vollkommen problemlos. Wir sind gut durchgekommen, nur vor Florenz gab es einen kleinen Stau, aber der war nicht weiter schlimm.«
    »Das freut mich.« Jetzt betrachtete er Dr. Kerner von der Seite, aber mit dem Profil konnte er weniger anfangen, das brachte ihn nicht weiter.
    Egal, dachte Jonathan, ich habe vierzehn Tage Zeit, herauszufinden, wo wir uns schon mal getroffen haben, zur Not werde ich ihn einfach fragen.
    »Dann zeige ich Ihnen jetzt das Haus«, meinte Jonathan und deutete mit der Hand in Richtung der Villa. »Sehen Sie, dort hinter den Zypressen, wo Sie von hier aus nur das Dach und die Südfront sehen können, das ist Casa Gioia. Am besten, ich gehe vor, und Sie folgen mir mit dem Wagen, Sie können direkt am Haus parken und müssen dann das Gepäck nicht so weit tragen.«
    »Ja. Vielen Dank.« Engelbert war schon wieder dabei einzusteigen. »Komm, Ingrid.«
    Langsam rollte der Wagen hinter Jonathan her. Mit einer Armbewegung deutete Jonathan schließlich an, dass sie kurz vor dem Schlafzimmerfenster halten könnten, so waren es nur noch ungefähr zwölf Meter bis zur Haupteingangstür.
    Engelbert und Ingrid ließen ihr Gepäck erstmal im Auto und folgten Jonathan an der Schmalseite des Hauses entlang, dann um die Hausecke herum bis direkt auf die große Terrasse, die vor der Eingangstür und oberhalb des hellblau und klar in der Sonne glitzernden Pools lag.
    Ingrid blieb stehen und ließ den ersten Eindruck auf sich wirken.
    »Traumhaft«, flüsterte sie.
    »Heute ist leider nicht so klare Sicht«, bemerkte Jonathan, »dort hinten liegt, jetzt leider im Dunst etwas verschwommen, Siena. Aber in der Nacht sehen Sie die Lichter der Stadt.«
    »Ich habe die Fotos im Internet gesehen«, meinte Engelbert, »und ich muss sagen, die Realität ist noch schöner. Sonst ist es ja meistens umgekehrt.«
    »Danke. Das freut mich.«
    Irgendwo habe ich diese Stimme schon mal gehört, überlegte Jonathan. Tief und voluminös.
    »Gehen wir hinein?«, fragte er höflich.
    Es war ihm fast unangenehm, aber er konnte einfach nicht lassen, seinen neuen Gast anzustarren.
    »Gerne.«
    Waren Ingrid und Engelbert von der Schönheit dieses Berges schon überrascht, so waren sie vom Inneren der Landhausvilla regelrecht erschlagen.
    »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, komme ich in einer Stunde wieder. Da haben Sie vielleicht das Haus schon ein bisschen in Besitz genommen. Wir regeln dann schnell das Finanzielle, und ich werde Sie

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