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Der Menschenraeuber

Der Menschenraeuber

Titel: Der Menschenraeuber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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nicht mehr stören. Bewegen Sie sich ganz frei und ungezwungen. Das Haus ist uneinsehbar, und auch ich werde nie unangemeldet auftauchen. Wenn ich mich um den Pool oder die Blumen kümmern muss, rufe ich vorher an.«
    »Für die Blumen sorge ich!«, beeilte sich Ingrid zu sagen. »Das mache ich zu Hause auch. Es ist doch kein Problem, die Geranien zu gießen und hin und wieder die verwelkten Blüten abzuzupfen. Machen Sie sich darum keine Gedanken.«
    »Furchtbar nett.« Jonathan mochte Gäste, die ihm das leidige Theater mit den Blumen vom Leib hielten.
    Mit einem Lächeln und einer knappen Geste, die wie ein Winken aussah, ging Jonathan zurück zum Haupthaus.
    Er spürte, dass ihm heiß war und sein Gesicht glühte. Dr. Engelbert Kerner. Kerner. Dr. Kerner.
    Auch der Name kam ihm auf einmal bekannt vor.

EINUNDZWANZIG
    Als der silbergraue Audi von Tobias und Leonie bei Tobias’ Eltern Henning und Hella vorfuhr und in der Einfahrt parkte, stand Hella schon in der Eingangstür und breitete die Arme aus.
    »Wie schön, dass ihr da seid! Wie geht’s euch? Wie war die Fahrt? Alles in Ordnung?« Es war Hellas Angewohnheit, ihre Gäste bei der Begrüßung gleich mit einem Haufen Fragen zu bombardieren, auf die sie aber erst viel später eine Antwort erwartete.
    Tobias und Leonie umarmten sie zur Begrüßung.
    »Kommt rein, Kinder!« Sie ging vor, Leonie und Tobias folgten ihr.
    Henning kam ihnen im Wohnzimmer entgegen und schloss seinen Sohn und seine Schwiegertochter ebenfalls in die Arme.
    Der Esstisch war liebevoll gedeckt, und während Tobias eine Sektflasche öffnete, beobachtete Henning ihn nachdenklich. Tobias hatte die entspannten, beinah lächelnden Gesichtszüge eines Menschen, der vollkommen glücklich und zufrieden war, der Erfolg hatte und dabei war, sich eine glänzende Anwaltskarriere aufzubauen. Er war ein attraktiver Mann, der Intelligenz ausstrahlte und gleichzeitig ungeheuer charmant wirkte.
    Er war stolz auf seinen Sohn und musste in diesem Moment daran denken, dass das nicht immer so gewesen war. Im Gegenteil.
     
    Henning und Hella hatten damals ein verlängertes Wochenende in Hamburg verbracht und für den Abend Karten für »Das Phantom der Oper« gehabt. Sie waren gerade in ihrem Hotelzimmer, als Hennings Handy um sechzehn Uhr fünfundzwanzig klingelte.
    »Ach du bist es, Tobi«, sagte Henning, »schön, dass du anrufst, Hella hat gestern Abend schon versucht, dich zu erreichen.«
    »Papa!«, hauchte Tobias schluchzend ins Telefon. »Papa, bitte hilf mir! Ich habe eine Frau überfahren, ich weiß nicht, wie es passiert ist, ich weiß gar nichts, weil wir ein bisschen gefeiert haben. Ich weiß auch nicht, ob sie tot ist, ich hab nicht angehalten, bin gleich nach Hause gefahren.«
    »Bleib, wo du bist!«, schrie er ins Telefon. »Wir kommen so schnell wie möglich.«
    Während Hella in Windeseile ihre Sachen zusammenpackte, rief Henning seinen Freund Engelbert an und erklärte ihm, was passiert war.
    »Du musst jetzt einen kühlen Kopf behalten, Henning, das ist das Wichtigste«, sagte Engelbert. »Tobias ist völlig neben der Mütze, er ist betrunken und hat einen Schock, aber du brauchst jetzt stahlharte Nerven. Egal wie kaputt er ist, sieh zu, dass er noch mehr trinkt, wenn du in Berlin bist. So viel er kann. Und lass ihn erbärmlich aussehen. In den letzten Klamotten, ungewaschen, ungekämmt, völlig fertig. Dann bring ihn zur Polizei. Er muss sich selbst stellen, das wirkt sich neben dem Alkohol ebenfalls strafmildernd aus.«
    Als er aufgelegt hatte, dämmerte Henning langsam, dass sein Sohn und damit die ganze Familie ein riesiges Problem hatte.
    Henning und Hella rasten über die Autobahn zurück nach Berlin.
    Als sie gegen zwanzig Uhr ankamen, lungerten in ihrem Haus noch ungefähr fünfzehn betrunkene Jugendliche herum, Musik dröhnte, die Zimmer und der Garten waren verwüstet, und im Elternschlafzimmer trieb es ein Pärchen miteinander.
    Tobias lag in seinem Zimmer und schlief schnarchend seinen Rausch aus.
    Henning schüttelte ihn, aber Tobias war schlaff wie eine Stoffpuppe und wurde einfach nicht wach. Daraufhin schüttete Henning ihm eiskaltes Wasser ins Gesicht und ohrfeigte ihn, bis er zu sich kam.
    »Verdammte Scheiße, du kannst jetzt nicht schlafen!«
    »Wieso nicht?«, lallte Tobias. Er versuchte, sich wieder hinzulegen, aber Henning hinderte ihn daran.
    »Hast du dich schon übergeben?«
    Tobias schüttelte den Kopf, der ihm wieder kraftlos auf die Brust fiel.
    »Okay. Komm,

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