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Der Menschenraeuber

Der Menschenraeuber

Titel: Der Menschenraeuber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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denn unbedingt immer einen Grund geben, wenn Leonie und Tobias zu Besuch kommen?«, warf Hella ein.
    Tobias sagte nichts dazu, sondern grinste nur. »Natürlich gibt es einen Grund. Es gibt sogar mehrere Gründe.« Er sah seinen Vater an. »Mach mal’ne Flasche Schampus auf, damit wir auf das, was wir euch erzählen wollen, anstoßen können.«
    »Was denn?« Hella platzte fast vor Neugierde, und Henning ging in die Küche.
    Tobias wartete, bis sein Vater mit einer Flasche und vier Gläsern zurückkam. Während Henning die Flasche öffnete und einschenkte, redete Tobias weiter:
    »Ich werde ab Oktober an einem ganz großen Fall arbeiten. Wirtschaftskriminalität. Unsere Kanzlei eröffnet eine Dependance in New York, aber ich werde mich hauptsächlich in Asien aufhalten müssen. Bangkok, Singapur, Jakarta, Hongkong. Für meine Karriere eine einmalige Chance. Wahrscheinlich die beste, die ich je hatte und je bekommen werde.«
    Henning und Hella waren einen Moment sprachlos.
    »Das ist ja großartig«, stotterte Hella nach einer Pause, »aber ich versteh nicht ganz …, du bist dann weg, in Asien, für immer? Oder wie lange?«
    »Nicht für immer. Aber eine ganze Weile. Minimum acht Monate.«
    »O Gott!« Hella nahm das Glas, das Henning ihr reichte.
    »Darauf stoßen wir an«, meinte Henning, »das hört sich wirklich fantastisch an. Und wenn man bedenkt, dass du noch gar nicht lange in dieser Kanzlei und überhaupt in diesem Beruf arbeitest, dann ist das wirklich sensationell! Glückwunsch.«
    Sie prosteten sich zu, aber Leonie, die ungewöhnlich schweigsam war, nippte nur an ihrem Champagner.
    »Du sagst ja gar nichts«, meinte Hella zu ihr.
    »Nein. Für Tobi ist das zwar toll, und ich freu mich riesig für ihn, aber für mich ist es nicht ganz so einfach.«
    »Das versteh ich. So lange allein zu sein ist schwierig.«
    »Ja.« Leonie lächelte traurig. »Vor allem, weil ich schwanger bin.«
    Hella und Henning verschlug es zum zweiten Mal die Sprache.
    »Was bist du?«
    »Schwanger. Und jetzt werde ich das Kind wohl allein zur Welt bringen müssen. Ohne Tobias.«
    Tobias strich ihr beruhigend übers Knie und meinte scherzhaft: »Ich mach mir’ne Notiz im Terminkalender, und dann komm ich angef logen!«
    »Wann ist es denn so weit?«, fragte Hella Leonie.
    »Mitte Januar.«
    So einsilbig kannte Hella ihre Schwiegertochter gar nicht. »Wäre es dir denn lieber, wenn Tobias den Job nicht annimmt und hierbleibt?«
    »Nein!« Leonie schüttelte heftig den Kopf. »Nein, auf gar keinen Fall. So eine Chance bekommt er nie wieder. Das ist mir schon klar. Wir haben lange darüber geredet, und ich finde es richtig, dass er fährt, aber man bekommt eben auch nicht alle nasenlang ein Baby, und wir hatten uns darauf gefreut, in der ersten Zeit gemeinsam viel mit dem Kind zusammen zu sein.«
    Niemand sagte ein Wort.
    Leonie spürte, dass die Stimmung dabei war, zu kippen, und meinte betont munter: »Aber das ist ja letztendlich alles kein Problem. Ich krieg das schon hin.«
    »Kinder, macht euch bloß keine Gedanken!« Hella stand auf. »Wenn du willst, Leonie, komme ich, wenn es so weit ist, zu euch nach Buchholz und helfe dir. Ist doch gar keine Frage. Ich kann mir jederzeit Urlaub nehmen, auch länger, wenn es nötig sein sollte.«
    Leonie nahm ihre Schwiegermutter in den Arm. »Du bist ein Engel, Hella!«
    »Klasse«, sagte Tobias, »das erleichtert die Sache natürlich sehr.«
    Und dabei überlegte er wie schon so oft, wie er die Trennung von Leonie überhaupt aushalten sollte.

ZWEIUNDZWANZIG
    Ingrid lag am Pool im Liegestuhl unter dem Sonnenschirm und döste vor sich hin, Engelbert war im Wasser, hielt sich am Rand fest und machte langsame Beinbewegungen.
    »Was gibt’s heute zu essen?«, fragte er. Sie hatten um neun gefrühstückt, es war erst halb zwölf, aber er hatte schon wieder Hunger.
    »Nur irgendeine Kleinigkeit. Einen Salat oder einen Mozzarella«, murmelte Ingrid, ohne die Augen zu öffnen, »und heute Abend grillen wir.«
    Engelbert ließ das Wasser Wellen schlagen wie Kinder in der Badeanstalt. »Ja, das ist gut.«
    Seit fünf Tagen wohnten sie nun in der Casa Gioia und genossen jede Sekunde. Noch nie hatten sie sich in einem Ferienhaus so wohlgefühlt.
    Ingrid setzte sich auf. Ihr war heiß. Engelbert ruderte immer noch mit den Beinen. Sie überlegte, ob sie sich erneut eincremen oder lieber erstmal ins Wasser gehen sollte, aber entschließen konnte sie sich zu beidem nicht.
    Sie stand auf und trat an den

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