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Der menschliche Körper

Der menschliche Körper

Titel: Der menschliche Körper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Giordano
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ich allein hier bin. Du könntest wenigstens so viel Takt haben, mir nicht befehlen zu wollen, was ich tun und lassen soll.»
    «Du hast recht. Entschuldige.»
    «Ich habe mit zwei Maklern gesprochen. Sie sagen, die Wohnung muss renoviert werden, da ist nicht viel zu holen. Das Wichtigste ist, dass wir sie so bald wie möglich loswerden.»
    Egitto möchte Marianna sagen, dass es mit dem Verkauf Zeit hat, aber er bleibt stumm.
    Sie drängt ihn: «Also, wann kommst du nach Hause?»
    «Bald. Glaube ich.»
    «Und hat man dir ein
Datum
genannt?»
    «Nein. Noch nicht.»
    «Vielleicht wäre es wirklich angezeigt, dass ich da mal anrufe. Ich bin sicher, irgendjemand würde sich des Problems schon annehmen.»
    Marianna hat eine gewisse vorlaute Art, sich in die Fragen seines Lebens einzumischen, als hätte sie ein Vorrecht auf seine Entscheidungen. In letzter Zeit hat sie mehrmals mit nichts Geringerem als einer Beschwerde beim Generalstab gedroht. Es ist Egitto gelungen, sie davon abzuhalten, bis jetzt. «Davon hätte ich nur Nachteile. Ich habe es dir schon erklärt», sagt er.
    «Ich frage mich, wie du unter solchen Bedingungen leben kannst, ohne zu wissen, was in einer Woche oder einem Monat aus dir wird. Immer den Launen von anderen ausgeliefert.»
    «Das gehört zu meiner Arbeit.»
    «Eine dumme Arbeit, und
du
weißt das.»
    «Kann sein.»
    «An einen Ort zu gehen, mit dem du nichts zu tun hast,
rein gar nichts
. Dich in einem Rudel von Fanatikern zu verstecken. Und versuch bloß nicht, mir einzureden, das sei nicht so, denn ich weiß
ganz
genau, wie sie sind.»
    «Marianna …»
    «Da ist alles so dumm.»
    «Marianna, ich muss jetzt Schluss machen.»
    «Ja
sicher
. Hör mal, Alessandro, es ist wirklich eilig mit dem Wohnungsverkauf. Die Entwicklung der Immobilienpreise in der Gegend ist erschreckend. Nur die beiden konnten diesen Ort verklären. Ernesto war überzeugt, ein Investmentexperte zu sein, erinnerst du dich? Er war überzeugt, Experte für alles zu sein. Und schau, die Wohnung ist nichts mehr wert. Ich mach mir wirklich Sorgen.»
    «Ich werde mich darum kümmern, habe ich dir gesagt.»
    «Alessandro, du musst es
bald
tun.»
    «Ist gut. Ciao, Marianna.»
     
    Egitto ist sich nicht sicher, wie viel Intelligenz sich hinter der bedächtigen Art von Oberst Ballesio verbirgt. Wenig, würde er tippen. Sicher ist hingegen, dass der Oberst Ticks und Manien pflegt. So hat er zum Beispiel eine übertriebene Anzahl Duftbäumchen in seinem Raum aufgehängt, die die Luft mit dem Geruch von Kaugummi erfüllen.
    «Oberleutnant Marocco! Nehmen Sie Platz!»
    «Egitto, Herr Oberst.»
    Ballesio beugt sich vor, um den Namen auf der Jacke zu entziffern. «Ach ja, Marokko oder Ägypten, das macht ja kaum einen Unterschied, nicht wahr? Stehen Sie bequem, Oberleutnant. Setzen Sie sich dorthin. Wie Sie sehen, hat dieses Zelt keinen großen Komfort zu bieten. Caracciolo ist ein spartanischer Typ. Nur weil er jung ist natürlich. Ich hingegen fange an, die Bequemlichkeit zu schätzen.» Genüsslich streicht er sich über seinen Bauch. «Apropos, ich würde mir gern einen Kühlschrank zulegen, um ein paar Bierchen darin kalt zu stellen. Ich habe gesehen, Sie haben einen auf Ihrer Krankenstation. Brauchen Sie den wirklich?»
    «Da sind die Impfstoffe drin. Und das Adrenalin.»
    «Adrenalin, richtig. Das ist wichtig. Aber ich könnte es für Sie verwahren. So bekomme ich ein bisschen Platz für das Bier. Mein Zelt steht ja immer offen, jeder ist willkommen, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Ich habe nicht viele Geheimnisse zu verbergen. Und Sie gehen ja bald, stimmt’s?»
    Egitto senkt den Blick.
    «Wie auch immer, denken Sie darüber nach. Vielleicht ist es keine gute Idee. Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, aber ich habe warmes Bier auch immer gern gemocht.» Der Oberst drückt die Lippen zwischen Daumen und Zeigefinger zusammen und nickt ins Leere. «Gut, gut», murmelt er. Dann noch einmal: «Gut, gut.»
    Auf dem Schreibtisch liegt
Der kleine Prinz
. Die Blicke der beiden Soldaten wandern gleichzeitig zu dem schmächtigen Jungen auf dem Umschlagbild.
    «Meine Frau», sagt Ballesio, wie um sich zu rechtfertigen, «hat es mir mitgegeben. Sie sagt, ich muss mit unseren Kindern in Kontakt kommen. Ich weiß nicht genau, was sie damit meint. Haben Sie es gelesen?»
    «Vor langer Zeit.»
    «Meiner Meinung nach ist das Schwulenzeugs. Zwei Mal bin ich darüber eingeschlafen.»
    Egitto nickt verlegen. Er ist sich nicht ganz sicher, warum er

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