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Der menschliche Körper

Der menschliche Körper

Titel: Der menschliche Körper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Giordano
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ernst.»
    Cederna nimmt wieder die Miene eines Philosophen an, die er schon draufhatte, als er ihm das mit den Juden erklärte. Ietri geht er auf die Nerven, wenn er sich so verhält.
    «Zampa … ein Paar schöne Titten. Aber im Gesicht ist sie eher hässlich. Und dann, eine Frau, die bei der Truppe dient, die kann doch nicht ganz dicht sein.»
    «Ich weiß nicht.» Ietri zögert, er ist verlegen wie ein kleiner Junge. «Sie gefällt mir ein bisschen. Mit ihr zusammen zu sein, das ist alles.»
    «Du hast aber wirklich Pech, Bruder.»
    «Warum?»
    Jetzt hat der Freund sich neben ihn gesetzt und trocknet sich den Schweiß unter den Achseln. Auch auf den Bizepsen hat er farbige Tätowierungen und eine kleine am Hals, wo das Stechen höllisch weh tun muss. Jede entspricht einem Symbol oder einer Erinnerung, und wenn man ihn danach fragt, gibt Cederna bereitwillig Auskunft. Er lässt ihn ein bisschen zappeln. Dann sagt er: «Weil sie lesbisch ist, ist doch klar.»
    Ietri schüttelt den Kopf. Lesbisch. Wie ist das möglich? Lesbierinnen tragen kurze Haare. Zampieris Haare sind lang und goldblond. «Und woher weißt du das?»
    «Na komm, Alter, das sieht man doch! Und dann, wenn sie nicht lesbisch wäre, wie könnte sie dann immer so brav sein? Tag und Nacht mitten unter uns Jungs, ohne was zu machen? Unmöglich. Sie wäre doch schon längst durchgedreht.»
    Ietri würde das gern vertiefen, aber sie werden von Vercellin unterbrochen, der wie ein Besessener die Arme schwenkend angelaufen kommt. «Jungs! He, Jungs, kommt!»
    «Was ist?»
    Cederna erhebt sich. Ein paar Sekunden lang steht sein stolzes Profil Ietri in der Sonne. Verfinstert, so fühlt er sich, aus einem Kuddelmuddel von Gründen, die er nicht zu unterscheiden weiß. Und wegen dieser letzten, schockierenden Neuigkeit.
    «Kommt und schaut, was Torsu gefunden hat», sagt Vercellin. «Das ist der Hammer.»
     
    Die Jagdtrophäe des Sarden begeistert den dritten Zug. Die Jungs beglückwünschen ihn, und er, um seinen Ruhm zu genießen, bleibt auf, obwohl das Fieber plötzlich wieder gestiegen ist. Sie erfinden diverse Mutproben: Reihum berühren sie das tote Tier, alle außer Mitrano, der eine atavistische Angst vor Kriechtieren bei sich entdeckt. Dann heißt die nächste Herausforderung, an dem Tier zu lecken. Das schaffen nur Cederna und Simoncelli, die sich bei der Beschreibung des Geschmacks mehrfach widersprechen, als einzige Gewissheit bleibt, dass der Geschmack ziemlich ekelhaft ist. Cederna würde die Schlange gern vom Haken nehmen und sie sich wie einen Schal um den Hals legen, aber die anderen sind nicht einverstanden. Sie beginnen um den Kadaver herumzutanzen, erst jeder für sich, dann in einer Reihe, die von Pecone angeführt wird. Feldwebel René und ein paar andere halten sich abseits, lächeln aber zustimmend. Zampieri steigt auf einen Tisch und tanzt mit sinnlichen Bewegungen. Sie lässt die geöffneten Hände vom Hals über den Busen bis zur Leiste gleiten, beschreibt unregelmäßige Kreise mit dem Becken. Dann faltet sie die Hände oben über dem Kopf wie zum Gebet, lockert sich in allen Gelenken, vom Handgelenk bis zu den Fesseln, und ahmt die gewundenen Bewegungen einer Schlange nach. Ietri wendet die Augen keine Sekunde von ihr. Lesbisch? O nein, diesmal täuscht Cederna sich aber gewaltig.
    Als sich die Begeisterung gelegt hat, teilen die Jungs die Entdeckung über die Computermonitore ihren Freundinnen mit, aber die lassen nicht erkennen, dass sie die Sache in ihrer ganzen Tragweite verstanden hätten. Sie beschränken sich darauf zu twittern, wie ekelhaft, wie ekelhaft, und zu lachen, nur weil sie die anderen lachen hören. Danach verteilen die Soldaten sich über das Lager, und jeder sucht bei den anderen Kompanien nach Publikum: Kommt mit und schaut euch das an, kommt, wir haben eine Schlange gefangen. Die Prozession zum Hauptquartier des dritten Zugs dauert bis spät in den Abend. Die in der Dunkelheit zitternden Lichter der Taschenlampen kommen von allen Seiten zusammen, das aufgehängte Reptil wird bestaunt. Sogar Oberst Ballesio lässt sich blicken, begutachtet das Tier mit verschränkten Armen und sagt: «Mutter Natur hat wirklich eine Menge ekelhaftes Zeug hervorgebracht», dann rückt er sich die Eier zurecht und geht.
    Oberleutnant Egitto hat seinen Gast zur Ruine begleitet, und jetzt leuchtet er Irene auf dem Weg zurück zur Krankenstation mit der Taschenlampe. Er richtet den Lichtkegel auf ihre Beine und versucht sich an die

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