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Der menschliche Körper

Der menschliche Körper

Titel: Der menschliche Körper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Giordano
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Er wollte um jeden Preis, dass ich das Glashaus auf den Boden stelle, er hat sich davor auf den Bauch gelegt und hat es mindestens eine halbe Stunde lang angestarrt, das Kinn in den Händen. Er erwartete sich, glaube ich, dass die Pflanze vor seinen Augen wächst.
    Er wird groß, weißt du das? Manchmal hat er einen Ausdruck im Gesicht, der mich an dich erinnert, er wirkt dann wie ein Erwachsener. Du sagst immer, ich soll dir keine Fotos schicken, weil die Verbindung nicht gut genug ist, aber früher oder später schicke ich dir doch ein Foto. Ich pfeif auf deine Verbindung! Und ich will, dass du mir auch eins schickst, ich will es ganz mit Küssen bedecken und sehen, wie schön du bist, so braun gebrannt.
    Ich liebe dich grenzenlos
    F.
     
    PS : Ich habe in das Gewächshaus geschaut, und ich glaube, es ist wirklich ein Bohnenpflänzchen. Verdammt, wie groß es geworden ist! In nur wenigen Stunden.
    Von: salvatorecamporesi 1976 @****.it
    An: flavia_c_magnasco@****.it
    Betreff: Re: Große Neuigkeit!!!
    Dienstag, 28 .  09 .  2010 , h 23 : 03
     
    Mein Schatz, als ich deine E-Mail las, musste ich weinen. Die Jungs waren da, und sie haben mich den ganzen Abend auf den Arm genommen. Egal. Ich kann an nichts anderes denken als an diese Pflanze. Du musst sie pflegen, zeig Gabriele, wie man das macht. Ich glaube, in dem Karton mit dem Glashaus war auch eine Pipette zum Gießen. Aber du kannst auch einen Löffel nehmen. Wenn ich nach Hause komme, verpflanzen wir sie in den Garten. Wir legen uns einen schönen Gemüsegarten an für den Sommer.
    Hier ist nicht viel los. Meistens gehen wir in der Umgebung des Lagers auf Patrouille, aber da ist keine Gefahr, niemand belästigt uns. Beinah langweile ich mich. Weißt du, ich glaube, die Wüste würde dir gefallen. In mir erzeugt sie ein seltsames Gefühl, wenn ich sie zu lang anschaue, wird mir schwindlig. Die Luft ist leichter als anderswo, und der Himmel beeindruckt dadurch, wie tiefblau er tagsüber und wie schwarz er in der Nacht ist. Es könnte ein großartiger Ort sein, wären da nicht die Taliban und der ganze Rest. Vielleicht ist der Krieg ja eines Tages vorbei, und wir können in den Ferien hierherkommen. Kannst du dir das vorstellen? Wir drei in Gulistan? Ich möchte wetten, Gabriele würde der Mund offen stehen vor Staunen über die Dromedare.
    S.
    Von: flavia_c_magnasco@****.it
    An: salvatorecamporesi 1976 @****.it
    Betreff: Re: Re: Große Neuigkeit!!!
    Samstag, 02 .  10 .  2010 , h 19 : 03
     
    Ich halte es nicht mehr aus, allein zu schlafen. Ich werde noch krank davon, Salvo, das schwör ich dir. Ich werde krank, und du kannst mich nicht pflegen. Wie viele Nächte sind es noch? Mehr als hundert. Ich habe sie gezählt, Salvo. Mehr als hundert! Ich kann es gar nicht sagen, es erscheint mir unmöglich. Ich könnte dich erwürgen, wirklich. Es wird kalt, heute hat man nicht einen Sonnenstrahl gesehen. Dieses Wetter beeinflusst mich, ich glaube, ich halte nicht durch bis zu deinem Urlaub. Auch Gabriele fühlt die Abwesenheit, aber auf seine eigene Art. Ehrlich gesagt, manchmal verstehe ich ihn nicht. An manchen Tagen hat es fast den Anschein, als hätte er dich vergessen, das macht mir große Angst, und am liebsten würde ich ihn schimpfen. Ich zeige ihm dein Foto, das im Eingang, ich frage ihn, wer ist dieser Mann? Erinnerst du dich an ihn? Er schaut mich mit Glubschaugen an wie ein Fisch, als ob er dich nie gekannt hätte. Da läuft’s mir kalt über den Rücken. Ich fange an, ihm von dir zu erzählen, und im nächsten Augenblick ist er wieder abgelenkt.
    Dann, neulich abends beim Essen, zeigt er wie aus heiterem Himmel auf deinen Platz. Ich verstehe nicht, da nimmt er seinen Teller und stellt ihn dorthin, wo gewöhnlich du sitzt. Der Teller für Papa. So, als könntest du von einem Moment auf den anderen nach Hause kommen. Ich frage ihn, aber weißt du, wo Papa ist? Er lacht, als würde ich ihn hänseln, und zeigt auf den Boden. Ist er im Stockwerk darunter?, frage ich ihn. Er schüttelt den Kopf. Zum Schluss verstehe ich, dass er sagen will, du bist im Keller. Kannst du das fassen? Ich glaube nicht, dass ich ihm diese Idee in den Kopf gesetzt habe, das muss er selbst erfunden haben. Oder vielleicht war es doch ich. In den ersten Tagen, als du weg warst, war ich wie verrückt und habe viele unsinnige Dinge gesagt.
    Jedenfalls decke ich jetzt abends immer auch für dich mit. Dadurch fühlen wir uns weniger allein, alle beide. Ich gieße etwas Wein in dein Glas, und

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