Der Messingmann
durchschlugen eine harte Panzerschale vielleicht mit knapper Not, aber genauso gut war möglich, dass sie einfach abprallten.
»Kein Beruf, den ich mir ausgesucht hätte«, sagte Anderson und deutete mit dem Daumen zum Lager zurück.
»Warum?«, fragte Tergal und musterte die Lanze.
»Inzwischen ein gefährlicher Job bei all diesen Erdbeben.«
Tergal erstickte ein Lachen. Als er endlich wieder sprechen konnte, fragte er: »Warum benutzt du nicht deinen Karabiner? Bei vollautomatischem Feuer müsste er genug Schaden anrichten.« »Aber würdest du dein Leben darauf verwetten?«, hielt ihm Anderson entgegen. »Ich möchte damit lieber erst mal einen Zweitstadler zur Strecke bringen, ehe ich so etwas in Erwägung ziehe.«
Die Lanze bestand aus vier zusammengeschraubten Einzelstücken, jedes einen Meter lang. Tergal musterte das Gerüst, das Anderson auf Boneheads Rücken neben dem Sattel errichtet hatte
- wobei die Füße des Gerüsts in Halterungen steckten, die sowohl festgeklebt als auch vernietet waren. Jetzt richtete Tergal den Blick auf das letzte Stück der Lanze, das Anderson gerade zur Hand nahm.
»Scheußlich«, sagte er.
»Wie man sieht, dient die Spitze der Durchbohrung« erklärte der Ritter und fuhr mit einem Wetzstein an den Kanten der zehn Zentimeter langen und dreikantigen Spitze entlang. »Diese Messerhaken bilden eine Spirale.« Er machte sich jetzt daran, die vorderen und äußeren Schneiden der Messer zu schärfen, die sich spiralförmig von der Spitze aus an dieser Sektion entlangzogen. Aus den Rückseiten dieser stählernen axtähnlichen Klingen ragten scharfe Stacheln. »Beim Eindringen schraubt sich die Lanze in die Kreatur, bis hinab ins hintere Brutsegment. Die Kreatur stirbt schließlich bei dem Versuch, sich von der Lanze zu befreien.«
»Die Stacheln reißen die Innereien heraus«, stellte Tergal fest. »Aber bestimmt kann die Spitze doch an der Panzerung abrutschen?«
»Nicht, falls man im Maul trifft«, erklärte Anderson.
Er schraubte die abschließende Sektion an und wog die Lanze in einer Hand. »Hier.« Er reichte sie Tergal, der sie mit beiden Händen packte, dann feststellte, wie leicht sie war, und sie nur in einer Hand behielt.
»Geflochtene Fasern aus den Stängeln der Amanispflanze, gebunden durch Epoxidharz«, erläuterte Anderson. »Sehr leicht und stärker als jedes Holz. Die Metalleure stellen einige Legierungen her, die ebenso leicht sind, aber nicht die gleiche Festigkeit haben.«
»Und falls sie bricht?«, fragte Tergal.
»Sie ist mir nur einmal zerbrochen, und zwar an einer der Schraubstellen, aber zu diesem Zeitpunkt steckte der größte Teil schon in dem Drittstadler, den ich aufgespießt hatte. Die Kreatur konnte im Sterben noch das aus dem Maul ragende Reststück absägen. Erneut angegriffen hat sie derweil nicht -sie stand einfach nur da und versuchte herauszufinden, was in ihrem Körper nicht mehr stimmte. Sleer sind nicht so clever wie Sandschweine.«
Anderson nahm die Lanze wieder an sich, stützte sie auf der Schulter ab und stieg erneut auf Boneheads Rücken. Sobald er im Sattel saß, legte er die Lanze so ab, dass der geöhrte Schaft über einem Eisenbolzen lag und dabei an einem Kissen des Gerüsts ruhte, wobei Stützen, die vor Anderson aufragten, einen großen Teil des Gewichts aufnahmen. Der Karabiner steckte inzwischen in einem Behelfshalfter an der Seite des Sattels, dem Vorderlader gegenüber. Während Anderson die Schoßgurte anlegte, drehte sich Bonehead auf den Kriechgliedmaßen so, dass er in die Schlucht blickte, in die Chandle sie gewiesen hatte. Dann richtete er sich auf die Hinterbeine auf.
»Du brauchst nicht mitzukommen«, sagte Anderson, als Tergal auf Stone stieg.
Tergal ließ sich in den eigenen Sattel sinken und entgegnete: »Ich weiß, und denke bloß nicht, dass ich mir nicht überlegt hätte, dort zu bleiben, aber ich würde mir nie verzeihen, wenn ich mir das jetzt nicht ansehe.«
Anderson nickte, nahm den Stachelstock zur Hand und tippte damit an die Panzerschale, die sich vor ihm ausbreitete. Das Schwein klappte widerstrebend den Sinneskopf aus, hob ihn an und öffnete die Augenstiele, um Anderson eine Sekunde lang anzublicken, ehe es sie nach vorn schwenkte und loslief. Tergal warf einen Blick auf die leicht erkennbare Spur, der sie folgten. Anderson hatte ihm schon erklärt, dass der Drittstadler sicher nicht mehr weit war, da diese Kreaturen keine großen Reviere benötigten, um etwas Fressbares zu finden.
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