Der Messingmann
dass manche Gesichter eine kränkliche Färbung angenommen hatten. Dornick formte die Zahlen mit den Lippen. »Fünf Meter«, erklärte ihm Anderson. »Ein Drittstadler dieser Länge wiegt fünfmal so viel wie ein großer Mann. Und er kann übrigens doppelt so schnell laufen.« »Das sagst du«, brummte Dornick.
Anderson gab ihm den Draht zurück. »Ich bringe dir den Kadaver, und sollte er weniger als fünf Meter lang sein, verzichte ich auf mein Honorar.«
»Wir sind im Geschäft, Rondurischer Ritter«, sagte Chandle und trat vor, ehe Dornick noch etwas sagen konnte.
Die ECS-Ärzte hatten eine Trennwand aus Kettenglas errichtet, um zu verhindern, dass sich eine Infektion über die Luft ausbreitete, und eine solche Infektion wäre auch für Fethan mit seinem schockgefrosteten Biogittergehirn und seinem Körper aus Plastik und Metall gefährlich gewesen. Nicht, dass es irgendwelche Anzeichen davon gegeben hätte, die sterbenden Überreste des Dschainamyzeliums in dem Outlinker könnten sich durch die Luft ausbreiten, aber niemand ging hier irgendein Risiko ein.
»Kommt das Mädchen als Nächstes an die Reihe?«, fragte er und kratzte sich den gelbbraunen Bart.
Der Chefchirurg Gorlen bedachte ihn mit einem komischen Blick. Fethan waren solche Blicke schon bei vielen dieser Leute aus dem Hospitalzweig der ECS aufgefallen. Sie drückten sowohl ihre Verblüffung aus, noch einen Cyborg wie ihn anzutreffen - denn die Artgenossen, die den Vorgang überlebt hatten, waren längst in haltbarere Golemkörper umgestiegen -, als auch das überwältigende Bedürfnis, ihn auseinander zu nehmen und mal zu sehen, wie er tickte.
»Das Mädchen wird schon operiert«, antwortete Gorlen. »Einer der Knoten drückte auf ihr Herz, und es bestand die Gefahr eines Herzstillstands.«
»Wird sie überleben?« Fethan drehte sich zu dem Mann um.
Gorlen deutete mit dem Kopf auf Apis Coolant, der in einem Bett in der Quarantänekammer lag und fast völlig unter Überwachungsgeräten verschwand. »Ihre Chance ist so gut wie seine. Die von der Jerusalem geschickten Nanobots zerlegen auch noch den letzten Rest des Myzeliums, und sofern ich nicht irgendwas übersehen habe, wird er in etwa einem Tag entlassen werden können.« Der Chirurg hob jetzt einen Aluminiumkasten mit Trageriemen von einem Tisch nebenan auf.
»Das ist also das Viech, nicht wahr?«, fragte Fethan.
»Das ist es - konstruiert von Jerusalem persönlich.«
Der Mann händigte ihm den Kasten aus, und nachdem Fethan sich das Ouroborosmotiv -Jerusalems Kennzeichen -auf dem Deckel angeschaut hatte, hängte er sich den Kasten an dem Riemen über die Schulter. Dann wandte er sich ab und blickte durch das Fenster zu seiner Rechten nach draußen.
Hinter einer Zone, in der Polismaschinen die Erde zu schwarzem Schlamm zerwühlt hatten, geädert mit dem Grün ausgegrabener Fadenwürmer, breitete sich trockenes Flötengras aus, so weit er blicken konnte. Vor dem Hintergrund des auberginefarbenen Himmels sah er ein weiteres großes Trägerschiff Kurs aufs Gebirge nehmen, umgeben von einem Schwärm Robotsonden. Die meisten Calloraptorenkadaver hatte man inzwischen geborgen, ebenso das Landungsboot, das Skellor auf den Planeten hinabgeschickt hatte; all das war jetzt in der ausgebrannten Zylinderwelt Glaube der früheren Theokratie verstaut - was Fethan irgendwie ironisch vorkam. Das riesige Forschungsschiff Jerusalem hatte diese Fracht abholen sollen, nur tat es das vorläufig doch nicht. Jerusalem hatte entschieden, dass man sie anderswo brauchte. Vielleicht war das für das Volk von Masada eine gute Nachricht, denn schon die per Runcible übermittelten Botschaften dieser KI hatten die Flint-Runcible-KI vor Panik schier rasend gemacht. Ein Verstand wie Jerusalem war nötig gewesen, die Nanobots zu konstruieren; nichts Geringeres wäre dazu fähig gewesen.
»Ich schätze, es war zu schön, um wahr zu sein«, sagte Fethan, der jetzt eine Gruppe von Masadanern aus dem Flötengras herankommen sah. Sie alle trugen klobige Atemgeräte.
Gorlen trat an seine Seite und fragte: »Was?«
»Das Myzelium - das den Menschen ermöglichte, da draußen zu leben, das ihre Körper neu aufbaute, sie am Leben hielt… « »Wir wissen, dass es jetzt möglich ist. Diese Technik wird zahlreiche Segnungen nach sich ziehen.« Fethan grunzte und wandte sich zum Gehen. »Bringen Sie ihnen das?«, fragte Gorlen. »So lautet mein Auftrag.« »Viel Glück.« »Hoffen wir es.«
Unterwegs zu dem Tunnel, der zum
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