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Der Metzger geht fremd

Der Metzger geht fremd

Titel: Der Metzger geht fremd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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Informationsnetz zurechtgelegt, mit dem Ziel, dieses rechtzeitig zusammenzuziehen. Erstens hat sie mit dieser Kroatenschlampe noch einige Rechnungen offen, und zweitens kann es nicht sein, dass diese billige Auslän-dertussi nur wegen ihrer neuen Frisur und der offenbar geschenkten Sonderschönheitsbehandlung inzwischen mehr Blicke auf sich zieht als sie selbst.
    Da muss etwas passieren.
    Und weil ihre Informationsquellen sprudeln wie die Düsen im Kuschelbecken, weiß sie, dass der Djurkovic-Begleitschutz durch dieses armselige, sitzen gelassene Berthold-Flittchen Helene Burgstaller nur untertags funktioniert und wo sich die Djurkovic zu später Stunde aufzuhalten pflegt. Einen besseren Ort zur Erteilung der längst fälligen Lektion gibt es nicht in diesem Haus.
    »Ah, so schön!«, haucht Danjela Djurkovic als Begrüßung ihrem Ruheraum entgegen. Glasklar ist das riesige Aquarium, ohne Restspuren der etwas ausgiebigeren Fütterung.
    Auffällig ist nur, dass die beiden Schwarzspitzenriff-haie nicht wie sonst beinah synchron ihre endlosen Runden ziehen, sondern der größere der beiden Fische ein eher flotteres Tempo an den Tag legt, während der kleinere ganz still in einem Eck am Grund des Aquariums verharrt.
    Lange steht sie einfach nur vor der Scheibe, fasziniert vom scheinbar echten Frieden in dieser unechten Unterwasserlandschaft. Selbst wenn versunkene Welten auf die geschmackloseste und unwürdigste Art an die Oberfläche gebracht werden, selbst dann gewöhnt sich das Auge schnell, offenbar mit Faszination, an diesen Anblick, anders ist der verheerende Rechtsruck hierzulande nicht zu erklären. Dass im Fall des Aquariums der Friede allerdings genauso künstlich ist wie der Rest, wird die Djurkovic gleich feststellen dürfen.
    Vorerst bemerkt sie jedoch, dass sich im Salzwasserbecken der Kuranstalt ein Gegenstand befindet, der dort genauso wie die zwei Schwarzspitzenriffhaie im Grunde nichts verloren hat. Viel eher scheint es, als wäre er verloren worden.
    Ohne fremde Hilfe hätte sie ihn gar nicht entdeckt. Die Schwanzflosse des größeren Haifischs hat dem Schmuckstück allerdings im Vorbeischwimmen unbeabsichtigt, wie die Djurkovic meint, einen platzierten Kick verpasst, sodass es in Richtung der Scheibe ein wenig emporgeschwebt und direkt vor der Danjela wieder zu Boden gesunken ist: ein liebliches, pausbackiges rosa Gesichtchen auf blauem Hintergrund.
    Wäre die Danjela von genau demselben mittelalterlichen Katholizismus erfüllt wie einst ihre Großmutter, Gott hab sie selig, hätte sie sich augenblicklich auf die Knie fallen lassen und dieses Schauspiel als himmlisches Zeichen gedeutet.
    Jetzt ist allerdings weder anzunehmen, dass Haifische ihre Neugeborenen mit Schutzengelketterln beschenken, noch, dass Kurgäste ihre Schmuckstücke andächtig ins Becken schmeißen wie Touristen ihre Münzen in diverse Brunnen. Folglich legt sich die Djurkovic unaufgeregt, aber durchaus rührig in ihre Entspannungsliege, gedenkt mit offenen Augen ein Weilchen des Hausmeisters, des Anzböck Ferdl, den sein Schutzengel, von dem Schmuckstück mal abgesehen, bei seinem Untergang tatsächlich verlassen hat, gedenkt mit geschlossenen Augen ihres fernen Geliebten und schläft ein.
    Es zeugt ja schon nicht gerade von Intelligenz, sich dermaßen danebenzubenehmen und somit freiwillig auf die Liste der gefährdeten Spezies einzutragen. Sich dann aber auch noch zur Entspannung ein abgeschiedenes Plätzchen zu suchen und dort einzuschlafen, das ist Dummheit in Reinkultur.
    »Blöder geht es nicht!«, denkt sich Gertrude Leimböck entzückt, als sie, ausgerüstet mit dem notwendigen Werkzeug, ihre Wirkungsstätte betritt.
    Gleichmäßig und begleitet von einem sanften Grunzen hebt sich der zugegeben wohlproportionierte Brustkorb dieser Danjela Djurkovic. Da könnte man mit genagelten Schuhen herumspazieren, dieses Walross wäre trotzdem nicht zu wecken. Aufmerksam beginnt Gertrude Leimböck mit jenem Teil ihres Vorhabens, bei dem es nicht stört, wenn der andere schläft. Zum Glück für die Djurkovic wird sie zu mehr auch nicht mehr kommen.
    Ein dumpfer Schlag durchbricht die Stille.
    Danjela öffnet die Augen. Da war etwas. Ein klangloses Klopfen.
    Im Aquarium vor ihr ist mächtig Bewegung aufgekommen. Die Korallenfische schnellen hektisch herum, der größere der beiden Haie hat einen wirren Kurs eingeschlagen, während der kleinere ruhig zum hinteren Beckenrand zurückschwimmt.
    Dann wendet er blitzartig, beschleunigt direkt

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