Der Metzger holt den Teufel
uns.« Dann geht es los, hinein in den Wald.
Also eine Dreiergruppe, wunderbar. Fühlt man sich nicht so allein, wenn einer verloren geht. Wieso Dreiergruppe, versteht Sophie Widhalm allerdings nicht ganz, denn sie sind zu zweit.
Es dauert nicht lange, dann ist alles klar. An einen auffällig großen alten Baum gelehnt, steht Rupert von Leugendorf und grinst.
»Ich liebe Drückjagden, vor allem das Treiben!« Und weil es offenbar in Jägerkreisen so üblich ist, landen auch seine wulstigen Finger auf der zarten weiblichen Schulter.
»Wunderbar, sind wir jetzt vollzählig!«, lächelt Eugen von Mühlbach, und doch ist Unsicherheit in seinen Augen.
Na wunderbar!, denkt sich auch Sophie Widhalm und meint: »Aber wolltest du dich nicht mit einem Agenten treffen?«
»Der hat mich schon zweimal versetzt, jetzt dreh ich den Spieß mal um!«
Die Jagd kann beginnen.
Aufgabe: Wildschweine aus ihren Einständen herausdrücken, dadurch in Bewegung bringen und auf diese Art zu den Ständen der Schützen geleiten. Je gemütlicher, desto besser, auch für die Säue, denn ein langsamer Schlendergang aller Beteiligten gewährleistet einen sauberen Treffer, natürlich vorausgesetzt, der Schütze ist nüchtern.
Ziel: Weil so ein Schwarzwild eine Vermehrungsrate von vierhundert Prozent haben soll, was ja jeden vergeblich gegen den Geburtenrückgang ankämpfenden vegetarischen Mitteleuropäer vor Neid nur so zum Fleischfresser werden lässt, muss der Schwarzwildzuwachs reduziert werden.
Am Anfang war Sophie Widhalm ein wenig aufgeregt, immerhin ist sie auf Jagd. Mittlerweile ist eine Stunde vergangen, sie ist genervt, die neuen Schuhe tun ihr weh, unter der Kunstfaser-Warnweste bekommt selbst ihre überteuerte atmungsaktive Bekleidung einen ernsthaften Erstickungsanfall, und auch vom Schnaps, der ihr von ihren Begleitern immer wieder aus einem Flachmann angeboten wird, hat sie gestrichen die Nase voll. Getrunken hat sie allerdings kaum, nur so getan, im Gegensatz zu Rupert und Eugen. Ob der Alkoholgeruch der Grund ist, dass das Getier des Waldes bereits das Weite gesucht hat, bevor es überhaupt von irgendwo herausgedrückt hat werden können, weiß sie nicht, was sie aber weiß, ist: Die beiden Hundeführer links und rechts sind außer Sichtweite. Überhaupt ist es rundherum verdächtig grün geworden, denn Warnwesten sieht sie nur mehr drei, ihre eigene mit eingeschlossen.
»Wo sind denn alle hin?«
»Wir sind ja hier, Sophie!«, erklärt Rupert in kindlich tröstendem Wortlaut.
»Ja, aber der Rest, vielleicht sind wir vom geplanten Weg abgekommen!«
»Das kommt vor, dass man vom rechten Weg abkommt. Nur ich sag immer: Es ist alles erlaubt!«
Nach Äußerung dieser Lebensweisheit berührt Rupert erneut ihre Schulter und meint: »Aber mach dir keine Sorgen, daran hast du sicher Spaß!«
Sophie Widhalm wird rot. Diesmal sind es nämlich nicht nur die ruppigen Wurstfinger des Rupert von Leugendorf, die sie betatschen, diesmal sind es zusätzlich auch die kräftigen behaarten Hände des Eugen von Mühlbach.
39
D ASS DER M ETZGER an diesem Nachmittag nicht mehr viel weitergebracht hat, versteht sich von selbst. Und das, obwohl die Mühlbach-Möbel längst auf intensive Zuwendung warten.
Wer um Himmels willen war dieses Unheil einer Frau, was wollte sie ihm verdeutlichen mit derart schwerwiegenden Vorwürfen: Er sei bloß ein Theoretiker und setze kein Versprechen in die Tat um? Heißt das, es hat sich jemand seine konkrete Hilfe erwartet und wurde enttäuscht? Wer? Diese Frau? Und wenn, warum? Oder waren es die Burschen, denen er seine Visitenkarte hingeworfenhat? Stehen sie mit der Frau in Zusammenhang, das müssen sie in gewisser Weise, wenn sie behauptet, Sven würde als Freund etwas taugen. Hat sie deshalb seine Kontaktdaten? Und was heißt, Sven sei überfahren worden, und weil er dabei nicht ums Leben gekommen ist, habe der Metzger schon wieder Glück gehabt? Ist die Frau die Mutter eines dieser Kinder? Vielleicht sogar die von Sven, der ja zum Metzger gesagt hat: »Ich steh nicht auf Arschkriecher. Tu lieber was!«
Die erste logische Reaktion auf diesen Besuch ist klarerweise ein Anruf bei Eduard Pospischill, nur der hat sein Handy abgedreht. Dann wird dem Metzger klar: Um die Tat einer Frau verstehen zu können, ist es am besten, eine Frau zu befragen, außerdem will er sich den kommenden Abend samt der von ihm angekündigten Abschleppung wirklich nicht verderben lassen. Folglich schildert er telefonisch seiner
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