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Der Metzger holt den Teufel

Der Metzger holt den Teufel

Titel: Der Metzger holt den Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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der Fuß am Gaspedal wohl nicht aus Bequemlichkeit liegen geblieben sein. Wollten Sie nicht etwas tun?«
    Der Metzger ist fassungslos: »Sagen Sie, was fällt Ihnen ein, und was heißt, Sven wurde überfahren, ist er tot?«
    »Nein, gottlob ist er das nicht, da haben Sie also schon wieder Glück gehabt.«
    »Was heißt, ich hab Glück gehabt, und wieso um Himmels willen schon wieder, das, das …!«
    Dann fällt die Tür ins Schloss.

38
    S OPHIE W IDHALM ÄRGERT SICH . So viel durcheinanderzusaufen, und das ausgerechnet am Abend, bevor sich nach Langem wieder einmal die Gelegenheit bietet, an der Seite eines Mannes mit erfreulicher Herkunft und wirklich gepflegtem Äußeren einen kleinen Testlauf zu wagen – das ist schon grenzdebil.
    »Brauchst du nicht jammern, bist du auch wunderschöne Frau mit ein bisserl Ringe unter beide Augen, kaputte Frisur und schlechte Atem!« Die tröstenden Worte ihrer, ja, so fühlt es sich an: ihrer Seelenverwandten Danjela Djurkovic entsprechen zwar nicht eins zu einsdem, was eine Dame in Anbetracht eines deftigen Katers gern zu Gehör bekommt, aber was soll’s. Heute werden sie alle zur Geltung kommen, die Waffen einer Frau, und etwas Zeit hat sie ja noch: »Sei doch ein bisschen früher da, sagen wir vierzehn Uhr, das wär fein!«, hatte er ihr mit diesem eindeutigen Lächeln vorgeschlagen.

    Und jetzt fährt sie über den Schotterweg, innerlich angespannt, aber zufrieden, denn was da im Spiegel der heruntergeklappten Sonnenblende zum Vorschein kommt, das kann sich schon sehen lassen. Zumindest optisch wäre sie ihn wieder los, den Kater. Was die inneren Nachwirkungen angeht, sind der schwere Kopf, der ständige Durst und der weiche Gang zwar keine schlechten Voraussetzungen, wenn ein Weibchen zur Erlegung eines Männchens auf die Pirsch geht, für eine Drückjagd allerdings bräuchte man schon ein wenig mehr Standfestigkeit.
    So eine, wie sie Eugen von Mühlbach an den Tag legt. Breitbeinig steht er vor seinem Hauptwohnsitz. Es ist vierzehn Uhr, was bedeutet, Sophie Widhalm steigt pünktlich aus ihrem Wagen. Und pünktlich heißt für sie zur tatsächlich ausgemachten Uhrzeit, nicht zu früh, nicht einmal die fünf Minuten vor der Zeit, die irgendeines Soldaten Pünktlichkeit sein sollen, und keinesfalls zu spät. Mit einer widersinnigen Akademisches-Viertel-Begründung, das sich in der Studentenversion zeitlich gesehen ja durchaus auf eine saloppe Bouteille ausdehnen kann, braucht ihr erst recht keiner zu kommen. Zuspätkommen, egal, ob es inskribiert oder promoviert hat, ist ausschließlich ein Zeichen mangelnden Respekts.
    Was sie nun zu Gesicht bekommt, könnte sie als ebensolchen auslegen, wäre sie realistisch. Nur gleicht der Realismusim Zustand aufgewühlter Hormone dem eines Fisches am Angelhaken, der mit durchstoßenem Maul, bereits jämmerlich erstickend, behauptet: »Ach, das ist doch nur ein Halskratzen.« Längst hat sie es wieder verdrängt, wie einfühlsam sich der liebe Eugen vor genau einer Woche am Golfplatz verhalten hat. Und nun wartet der junge Freiherr nicht allein, obwohl er es war, der Sophie Widhalm aufgetragen hatte, früher zu kommen. Nur, wozu sonst hat sie früher kommen sollen, wenn nicht, um mit Eugen allein zu sein? Gut, würde es sich um Wernher von Mühlbach handeln, also den Vater, der da wie ein Satellit um seinen Sohn herumschwirrt, könnte das durchaus als aussichtsreiche Botschaft gedeutet werden. Er ist es aber nicht, und die Aussichten könnten ernüchternder nicht sein. Ernüchternd und in gewisser Weise unappetitlich. »Was um Himmels willen hat dieser Kotzbrocken hier zu suchen?«, flüstert sie in sich hinein, wobei es ihr bei der ihr entgegenblickenden entstellten Visage schon etwas Phantasie abverlangt, Rupert von Leugendorf überhaupt als solchen zu erkennen.
    Eugen von Mühlbach begrüßt sie überschwänglich, nähert sich bei seinen beiden behutsam auf die Wangen geklatschten Begrüßungsküssen auffällig ihrem nach Pfirsich duftenden Lippenbalsam und protzt dabei mit seinem samtweich rasierten Kinn. Es ist ein kräftiges Kinn, eines, an dessen Enden mit pulsierender Regelmäßigkeit die Backenknochen zum Vorschein kommen. Das liebt sie an einem Mann, wenn sich seine innere Spannung, sein sprudelnder Testosteronhaushalt und seine abruf bereite Aggression wie ein locker sitzender Colt durch einen sich ständig zusammenbeißenden Kiefer offenbaren.
    »Toll siehst du aus. Ist das wirklich dein erstes Mal?«, flüstert er ihr ins

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