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Der Metzger holt den Teufel

Der Metzger holt den Teufel

Titel: Der Metzger holt den Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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hören.
    Jetzt sind die ersten Schweine erledigt! Und es werden nicht die letzten sein, ist der einzige Gedanke, zu dem Sophie Widhalm im Augenblick fähig ist.
    Eugen scheint noch etwas sagen zu wollen und wird unterbrochen.
    »Verdammt, lass uns endlich anfangen!« Heftig keuchend drängt Rupert nun seinen Freund zur Seite.
    Das war sie nie, ein Mädchen in der letzten Reihe, eines, dessen Name ein Lehrer am Jahresende nicht gekannt hätte. Sophie Widhalm war vorlaut, provokant, hochintelligent und absolut unverwundbar in ihrer fachlichen Kompetenz. Eine Situation zur Kenntnis zu nehmen, die eigenen Möglichkeiten einzuschätzen und zu handeln, das ist ihre größte Begabung und mittlerweile ihr Beruf. Unternehmensberatung eben. Und eine Unternehmensberaterin weiß, wann sie gut beraten ist, etwas zu unternehmen. Wenn Sophie Widhalm wirklich auch ein wenig Spaß haben soll, wie sich das Rupert von Leugendorf offenbar so sehnlichst wünscht, muss sich an ihrer Situation schleunigst ein bisschen was ändern.
    Nun ist es ja nicht so, dass sich die Bäume draußen in der Wirklichkeit auch nur annähernd mit jenen Bäumen decken, die Sophie als kleines Mädchen mit dicken Ölkreiden aufs Papier gemalt hat. Unten der Stamm, oben die Äste und das Grünzeug, das ist zwar alles wunderbar, aber dass unten am Stamm grundsätzlich nichts herauswächst, das stimmt nicht. Schon gar nicht bei einer Kiefer, und froh ist sie darüber. Trotz der zwar recht amtlichen grünen Krone können da im Parterre schon reichlich Äste herausstehen, oft trockene, folglich gebrochene. Und an so einen spitzen hölzernen Dornfortsatz anlehnen will sich keiner  – außer er hat Klebeband um seine Hände.
    Eugen von Mühlbach war noch bei seinem »Rupert, es, es …«, da hat ihn Sophie Widhalm schon zwischen ihren Handgelenken gespürt, den gebrochenen Ast.
    Beim »Es gibt immer ein erstes Mal!« des Herrn Leugendorf hätte sie ihm für seine derart vorausschauende Klugheit bereits Beifall spenden können, ja, und beim»Lass uns endlich anfangen!« kommt es nun zum ersten Kommentar aus ihrem verklebten Mund.
    »Mmmhh!«, nickt sie zustimmend.
    »Du bist also ein kleines Luder!« Rupert von Leugendorf ist seine Erregung anzuhören, während seine Hände von hinten an ihre Brüste fassen.
    »Mmmmh!«, nickt Sophie Widhalm abermals zustimmend, wartet, bis die Leugendorf-Pratzen gierig den Weg unter ihre Jacke und schließlich unter ihr Unterleibchen gefunden haben.
    Dann geht alles ganz schnell. Ruckartig presst sie ihre Ellenbogen seitlich an den Oberkörper, fixiert so die beiden fremden Unterarme, deren dazugehörige Hände brennend auf ihrer nackten Haut liegen, greift von vorn an den Baumstamm und stößt sich mit aller Wucht zurück. Rupert von Leugendorf verliert sein Gleichgewicht, und weil das Gleichgewicht zu verlieren, ohne mit den Armen rudern zu können, den Körper reaktionstechnisch zu einem ziemlich hilf losen Stück Fleisch werden lässt, fällt er zu Boden, rückwärts, mit voller Wucht direkt auf den Hinterkopf, denn Sophie Widhalm lässt es sich nicht nehmen, gleichzeitig mit ihrem eigenen Hinterkopf auf der kraterartigen Landschaft der Leugendorf-Visage einen weiteren Einschlag zu hinterlassen.
    Wenigstens ist ihre Landung weich. So geht also ein männliches Brüllen durch den Wald der Mühlbachs. Und ein »Das wäre das erste Schwein!« durch den Kopf der Sophie Widhalm. Unter den fassungslosen Augen des zukünftigen blaublütigen Großgrundbesitzers stellt sie dann unter Beweis, warum ihre Sechzig-Meter-Zeit heute noch die Bestenliste ihrer Schule anführt. Sportlich war sie also auch.
    »Du willst spielen, du Schlampe!«, dröhnt es durch den Wald.
    »Ja, jetzt können wir spielen«, flüstert Sophie Widhalm und beobachtet, auf den Boden gepresst, die beiden nach ihr suchenden Edelmänner. Was zu tun ist, weiß sie längst, und allein der Gedanke daran bereitet ihr Vergnügen.
    Was für Idioten, wird ihr nun klar. Denn während ihre eigene Warnweste längst in der rechten Jackentasche verschwunden ist, tragen die beiden noch eine leuchtend orange markierte, stolzgeschwellte Brust durch den Wald. Und so liegt Sophie Widhalm also unbemerkt im Gebüsch, dankbar über den zarten Nebel, der sich mittlerweile im Wald ausgebreitet hat. Beinah genial kommt sie ihr vor, ihre grauenvolle Idee. Genial und mehr als angemessen. Der Plan ist ganz simpel: Sie muss die Herren mithilfe ihrer Warnweste nur an den Händen nehmen und durch den

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