Der Metzger sieht rot
nackter Ferse. Dann folgt ein regelrechter Leidensweg, für Hund und Herrl.
Denn erst nach einer geschlagenen Stunde seit Verlassen der Wohnung kullert endlich der Sinn des Ausfluges auf den Asphalt. Der geplante Sinn, denn der ungeplante purzelt überraschend vorerst nur in den Kopf des Willibald, wie ein verirrter Golfball in eine Regenrinne, sozusagen als Idee.
„Bewegung erfrischt den Geist!“, hat seine Mutter immer gesagt, wahrscheinlich als Trost, nachdem Willibalds Vater, einziger Führerscheinbesitzer der Familie, eines Tages die Rückbank des Kombis vorklappen musste, um all seine Koffer und Schachteln unterzubringen. Seine späte Einsicht, dass der größte Koffer bei diesem Auszug selbst am Steuer Platz genommen hatte, konnte Jahre später die Ehe auch nicht mehr retten. Die Metzger-Mama hatte keinen Bedarf am reuigen Metzger-Papa, und der Metzger hatte keinen Bedarf an dieser Person, die es von heute auf morgen vorzog, den doch gewohnten intensiven Kontakt auf Standard-Geburtstags- und Weihnachtspackerln zu reduzieren. Irgendwie waren der Metzger und seine Mutter über die plötzliche Zweisamkeit gar nicht so unglücklich, ein Mann im Haus ist ja nicht immer ein Segen.
Nachdem der Metzger ja so gut wie nie freiwillig ausgedehnte Spaziergänge unternimmt, hat also nun sein Geist eine Menge zu tun. Und so sehr es dem Willibald auch widerstrebt, sein Hirn landet immer wieder beim Eintrag im roten Ledertimer „Zusanne 14 Uhr!“ und der daraus folgenden Einsicht, Kontakt zur Vymetal aufnehmen zu müssen. Nun sind die Geister, die wir rufen, ja grundsätzlich nicht so zimperlich und lassen sich nicht zweimal bitten. Und weil Nacht und Geister so gut zusammenpassen, ist der Ruf offenbar noch effektiver, anders kann sich der Metzger das folgende Geschehen nämlich nicht erklären: Er grübelt noch auf dem Rückweg zur Wohnung darüber, dass er in dieser Gegend seines Viertels schon lang nicht mehr war, dann bemerkt er, dass die Uhr der auftauchenden Kirche Viertel schlägt, und dann bleibt er geistig hängen bei Viertel. „Ein Viertel Rotwein täte auch ganz gut, das hintere Viertel des barfuß im Lederschuh steckenden rechten Fußes schmerzt mittlerweile auch schon höllisch, und das restliche, nach dem Verschütten verbliebene Viertel der im Fläschchen des Jacketts aufbewahrten Globuli wird demnächst aufgebraucht sein, so aufgebraucht wie meine Energie, an diesem gottverlassenen Tag!“
Während der Metzger aus lauter hysterischer Verkühlungsrückfallssorge sofort fünf Stück Globuli im Mund zergehen lässt und ihm klar wird, dass mit Sicherheit ein Viertel Rotwein nicht ausreicht, um eine neuerliche Vymetal-Begegnung zu verkraften, ertönt in seinem Rücken eine bekannte Stimme, wobei zu erwähnen ist, dass ja bei manchen Stimmen ein einziger gehörter Satz völlig ausreichend ist, um sich diese auf Lebenszeit zu merken. Mit unüberhörbar gereiztem Unterton vernimmt der Metzger:
„Na, bequemt sich der Herr Metzger einmal zu einer Hunderunde, einer offenbar sehr ausgedehnten? Hat sich das Medikamente-Nachtragen also ausgezahlt, und sind wir wieder gesund? Den Hund werden S’ übrigens heimtragen müssen, weil so weite Ausgänge ist der nicht gewohnt.
Das dürfte auch auf Sie zutreffen, so wie Sie daherhatschen. Ein feines Pärchen.“
Zusanne Vymetal gebärdet sich im Rücken des Verirrten, als wäre dieser unerlaubt in ihr Revier eingedrungen, und setzt dann, inzwischen bis auf Metzger-Höhe vorgedrungen, neben dem höchst genervten Willibald fort: „Sie wissen eh, was Sie da an der Danjela haben, ich hoffe sehr, diese Geschichte schadet ihr nicht, sondern ist zu ihrem Besten!“
Das Letzte, was der Metzger jetzt noch braucht, ist die Vymetal, diese Ausgeburt an Unsympathie, dieser Schnittpunkt aller negativen Schwingungen, da ist es auch völlig egal, dass diese gerade herausgeputzt aufmarschiert, als wäre sie eingereiht in die Kolonne bemitleidenswert abgemagerter Damen auf diversen Modeschauen. Schlecht ausschauen tut sie ja nicht, die Vymetal, die ist genau der Typ Frau, der Männer mit ihrem hormonellen Scheuklappenblick genauso schnell auf den Leim gehen, wie 17-jährige Führerscheinbesitzer einem Golf GTI-Leasingangebot. Auf solche Traummaße reagiert Willibalds Nebennierenrinde, was die Hormonausschüttung betrifft, allerdings eher wie Amerika auf den Klimawandel.
Seiner Danjela sieht man die Weiblichkeit deutlich an, und das hat sie sich auch erarbeitet, die Djurkovic. Weil,
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