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Der Metzger sieht rot

Der Metzger sieht rot

Titel: Der Metzger sieht rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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auf ihren hochhackigen Stöckelschuhen hinterher.
    „Ich weich solange nicht von Ihrer Seite, bis ich die ganze Geschichte gehört hab und weiß, was mit der Danjela los ist, das garantier ich Ihnen!“
    Und das glaubt ihr der verstummte Metzger aufs Wort. Die Vymetal wird ihm hinterherlaufen, was man von Edgar jetzt nicht mehr behaupten kann. Der schleppt sich dahin wie ein Fiakerpferd vor überladener Kutsche, mit dem Unterschied, dass er eigentlich ohnedies von einem beintechnisch bereits schwer angeschlagenen Metzger mit gespannter Leine gezogen wird.
    Wie sich der Hund dann nach geraumem schweigsamen Trott, ähnlich einem Wasserskifahrer, auf dem Hintern niederlässt, und der Metzger trotzdem keine Anstalten macht, stehen zu bleiben, bricht die Vymetal, die mit ihrem unbequemen Schuhwerk gar nicht unglücklich über dieses marode Schneckentempo ist, das Schweigen.
    „Jetzt nehmen S’ ihn doch rauf! Ich hab S’ Ihnen ja gesagt!
    Ein sturer Hund sind Sie schon, Metzger, aber eines kann ich Ihnen versichern, da kennen Sie mich noch nicht!
    Wenn es sein muss, ich bleib auch vor der Tür stehn, die ganze Nacht, mich werden Sie erst los, wenn ich weiß, was ich wissen will!“
    Das war dann wohl das Stichwort. Der Metzger beginnt missmutig, eingeleitet mit einem „Na, das kann ich mir vorstellen!“, zu erzählen, zuerst schwerfällig, dann immer erleichterter. Die Vymetal erweist sich als gute Zuhörerin, immerhin ist sie die Erste, bei der er die Geschehnisse des Tages deponieren kann, und das tut gut, selbst bei gegenseitiger Abneigung. Alleinseinmüssen im Leid ist die Folter der Wir-lassen-es-uns-verdammt-gut-gehn-Gesellschaft.
    Angelangt bei Willibalds ehemaligem Gymnasium ist mittlerweile zwischen den beiden Gegenpolen wenigstens so etwas wie ein Anflug von Respekt eingekehrt.
    Hinter der Schule, beim Eingang zu Danjelas Wohnung, meint dann die Vymetal sogar: „Jetzt schlafen S’ einmal aus. Ich würd gern morgen zur Danjela mitgehen, da darf ich ja also nur rein, wenn Sie als Angehöriger dabei sind.“
    „Und ich würd mir gern morgen dieselbe Führung mit dem möglichst selben Wortlaut genehmigen, die Sie der Danjela im leeren Stadion verpasst haben!“
    Dass er so schnell wieder dorthin kommt, hätte sich der Metzger vor ein paar Tagen nicht gedacht.

16
    Nur ganz wenige Männer dürfen mit ihr so reden, ohne danach dem Tod näher zu sein als dem nächsten Tag, er gehört zu ihnen. Anfangs kam er nur, um ihr beim Ausziehen zusehen zu können, ohne Berührung. Später musste sie ihn ausgezogen erwarten und sich unter seiner Beobachtung wieder langsam, ganz langsam, wie er sagte, die Kleider anlegen. Perversion hat viele Gesichter.
    Dort, wo sie arbeitet, ist zwar der Kunde König, trotzdem wird die Dienerin niemals Untergebene. Schweine haben hier nichts verloren, davon hatte sie ohnedies schon genug, Schweine bekommen Hausverbot, und wer einmal hier war, will alles, nur kein Hausverbot. Hier, das ist ihr eigentlich wie eine Heimat geworden, hier ist sie eine Geachtete, Verehrte, Beschenkte, hier ist alles der Kategorie „nobel“ zuzuordnen, das Haus, die Zimmer, die Frauen, sogar die Herren, weil für die Geld keine Rolle spielt. Es gibt sie zwar auch hier, die Proleten mit dicken Portemonnaies, Primitivlinge mit fetten Goldringen und Zigarren, aber selbst wenn man diese Affen nobel behandelt, legen sie zumindest in diesen Räumen eine auffallende Eleganz an den Tag. Alle tragen sie feine maßgeschneiderte Anzüge, gut, selbst die meisten der Schweine trugen feine maßgeschneiderte Anzüge, wenn jedoch er hereinspaziert, scheint es ihr, als passe der Anzug nicht nur, sondern wäre eine zweite Haut. Perfekter Sitz, teuerster Stoff, keine unbeabsichtigte Falte, dagegen wirkt jeder der anderen Herren wie ein Minister. Ja, selbst die gehen hier ein und aus. Und er kennt sie alle – vom Staats- bis zum Polizeipräsidenten, im Grunde das Gleiche, mit dem Unterschied, dass der Polizeipräsident mehr zu sagen hat –, schüttelt ihre Hände, lässt ihre Frauen grüßen und verschenkt Freikarten: VIP-Logenplätze, und wer will da bitte nicht gesehen werden?
    Persönlichkeiten aus der Welt des Sports sind die Trophäen der Oberschicht, der Staatsmänner, die Gejagten der Geltungssucht und selbst deren Jäger. Und weil hier alles versammelt ist, was Rang und Namen hat in diesem Land, ist er ein Stammkunde, und Stammkunden werden hofiert, als wären sie hier zuhause. Einmal die Woche kommt er zu ihr, aus-

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