Der Metzger sieht rot
dass auch in Mitteleuropa Armut herrscht, obwohl aufgrund der Kürze der Transportwege selbst abgelaufene Ware noch unverdorben in Gebiete größter Not geliefert werden könnte, hat die Danjela in ihrer Kindheit zu spüren bekommen. Wo kein Wille ist, ist auch kein Weg, sei er auch noch so kurz.
Logisch, dass die Djurkovic ungern von dem etwas wegschmeißt, an dessen Mangel sie zu leiden hatte, wie zum Beispiel Lebensmittel – und das sieht man ihr an.
Genauso verhält es sich mit Männern. So viel Schnitzer kann sich der Metzger gar nicht leisten, dass die Danjela auf die Idee käme, ihn jemals wieder abzustoßen. Gott sei Dank weiß er das nicht, der Willibald.
Der widmet sich nämlich gerade gänzlich anderen Geistesblüten: Wenn sein nach Jahren wieder erstes Zusammentreffen mit der Djurkovic mit einer gleichzeitigen Vymetal-Begegnung verknüpft gewesen wäre, er wäre immer noch Single, garantiert.
Gott sei Dank weiß sie das nicht, die Danjela.
Apropos Wissen: Normalerweise ist der Metzger durchaus ein Gentleman, ein bürgerlicher Gentleman, er weiß, was sich gehört.
Wenn ihm allerdings so ist, als ob er nicht richtig hört, wie zum Beispiel „Sie wissen eh, was Sie da an der Danjela haben, ich hoffe sehr, diese Geschichte schadet ihr nicht, sondern ist zu ihrem Besten!“, hört sich der Gebrauch dieses Wissens auf, da kann er schlagartig die Tonart ändern, je nach Harmonie. Im Vymetal-Fall Zwölftonmusik:
„Momentan glaub ich eher, dass die Geschichte, die sie da mit Ihnen laufen hat, ich glaub, Sie nennen es Freundschaft, wie war doch Ihr Name – Metal? –, vom Besten um ganze Pilgerreisen weiter entfernt ist als die Angelegenheit zwischen Danjela und mir!“
Das kommt jetzt ein wenig überraschend für die Vymetal, hat doch das Bild des kürzlich im Türrahmen nach Zwiebeln duftenden übergewichtigen Waschlappens einen weniger offensiven Eindruck hinterlassen.
Zur Überraschung in ihrem Gesicht wird sich aber gleich eine Blässe gesellen, dagegen hat der Metzger im Türrahmen prächtig ausgesehen.
„Übrigens, nach Ihrem letzten gemeinsam Ausflug ins Stadion und zum anschließenden Fantreffen“, setzt der Metzger jetzt sehr gereizt fort, „ist die Danjela statt senkrecht zuhause, waagrecht im Spital gelandet. Brauch ich Ihnen wohl gar nicht näher erläutern, wie ich mich grad freu, Sie hier zu treffen!“
„Was meinen Sie mit Spital?“, da ist schon ein wenig Gesichtsfarbe verschwunden.
„UKH, Intensivstation, Koma! Sie haben sich bei dem Treffen ja offensichtlich rechtzeitig verabschiedet, so wie sich das gehört für eine gute Freundin!“
Und weil er grad so in Fahrt kommt, die Wut hat er ja schon seit dem Spitalsbesuch im Bauch, setzt er fort:
„Haben Sie sie ja ganz schön fein sitzen lassen, die Danjela. Da brauchen Sie sich bitte keine Sorgen mehr machen, ob ich ihr einmal weh tun könnte, weil das ist wirklich nur schwer zu übertreffen, sehr schwer.“
„Was, was …?“, jetzt ist sie weg, die Gesichtsfarbe.
Welch schöner Anblick, denkt sich der Metzger.
Ein schockiertes „Was, was erlauben Sie sich!“ läutet nach dem ersten Schrecken eine Rotfärbung ein, da kann der Sonnenaufgang in wenigen Stunden nur schwer mithalten.
„So eine Frechheit, erstens war ich gar nicht mit auf diesem Fantreffen, das interessiert mich genauso wenig wie Fußball an sich, zweitens bin ich nicht für all das verantwortlich, was Danjela allein so treibt, das geht schon eher Sie was an, und drittens brauchen S’ mich über das Schicksal meiner besten Freundin nicht auf diese grobe Weise informieren.“
„Wissen Sie was, beste Freundin, bevor Sie über die Ausdrucksweise anderer urteilen, hören Sie sich erst einmal selber zu und kehren vor der eigenen Tür, da wartet mächtig viel Arbeit, kann ich Ihnen sagen. Jetzt würd ich sehr gern in aller Ruhe allein zurückspazieren“, beendet der Metzger die Auseinandersetzung, dreht sich abrupt um, wechselt die Straßenseite und zieht den verschreckten Edgar an der Leine, weg von Zusanne Vymetal. Natürlich hat sie recht, natürlich hat er mehr Verantwortung für die Sololäufe seiner Danjela als sie, das nagt ohnedies an ihm, natürlich war er im Unrecht, wenn die Vymetal gar nicht beim Fantreffen mit war, und natürlich gehören zum Beenden eines Gesprächs immer beide Gesprächsteilnehmer.
„So geht das nicht, Herr Metzger, so nicht. Sie können mich doch da jetzt nicht einfach stehen lassen!“, tänzelt ihm die Vymetal nervös
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