Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord
TEIL EINS
Oktober & November 1965
Kapitel eins
Mittwoch, den 6. Oktober 1965
Als Jimmy aufwachte, war er sich anfangs nur einer Sache bewusst: dieser schneidenden Kälte. Seine Zähne klapperten, sein Fleisch schmerzte, die Finger und Zehen waren taub. Und warum konnte er nichts sehen?
Warum konnte er nichts sehen?
Um ihn herum war es stockdunkel, eine Schwärze, die so dicht war wie nichts, was er je erlebt hatte. Je wacher er wurde, desto klarer wurde ihm, dass er in etwas Engem gefangen war, etwas Seltsamem, Stinkendem.
Eingewickelt!
Panik stieg in ihm hoch. Er fing an zu schreien und begann wie wahnsinnig an seinen Fesseln zu kratzen. Es riss und zerrte, aber die schauderhafte Kälte blieb, auch nachdem er sich befreit hatte. Sie trieb ihn vor Angst in den Wahnsinn. Er war umgeben von anderen stinkenden, eingewickelten Dingen, und wie sehr er auch schrie, riss und zerrte, fand er doch keinen Weg hinaus, erblickte nicht den kleinsten Schimmer Licht und fühlte nicht den Hauch von Wärme. Also brüllte, riss und zerrte er weiter, während sein Pulsschlag in den Ohren dröhnte und die einzigen Geräusche, die er hörte, seine eigenen waren.
Otis Green und Cecil Potter kamen gemeinsam zur Arbeit, nachdem sie sich mit einem breiten Grinsen begrüßend auf der Eleventh Street getroffen hatten. Zwar Punkt sieben Uhr morgens, aber es war doch großartig, keine Stechuhr betätigen zu müssen. Sie packten ihre Brotdosen in den kleinen Edelstahlschrank, den sie für sich reserviert hatten – Abschließen war nicht notwendig, denn Diebe gab es hier keine. Dann begannen sie mit ihrem Arbeitstag.
Cecil konnte schon hören, wie seine Babys ihn riefen. Er ging direkt zur Tür, öffnete sie und gab zärtliche Laute von sich. »Hallo, Jungs! Habt ihr auch alle gut geschlafen?«
Die Tür schloss sich zischend hinter Cecil, als Otis sich der unangenehmsten Aufgabe des Tages widmete, der Leerung des Kühlraums. Sein fahrbarer Abfallbehälter aus Kunststoff roch frisch und sauber; er befestigte einen neuen Müllbeutel darin und schob ihn hinüber zur Tür des Kühlraums, einem schweren Edelstahlteil mit Schnappschloss. Was dann passierte, verschwamm alles zu einem großen Durcheinander: Als er die Tür öffnete, raste etwas an ihm vorbei, das wie am Spieß schrie.
»Cecil, komm raus!«, brüllte er. »Jimmy lebt noch, wir müssen ihn wieder einfangen!«
Der große Affe schnatterte in wilder Raserei, aber nachdem Cecil eine Weile auf ihn eingeredet hatte, streckte er seine Arme aus, und Jimmy stürzte sich zitternd hinein, seine Schreie verklangen zu einem Wimmern.
»Himmel, Otis«, sagte Cecil und wiegte das Tier in seinen Armen wie ein Vater sein Kind. »Wie konnte Dr. Chandra das übersehen? Der arme kleine Kerl war die ganze Nacht im Kühlraum eingesperrt. Ruhig, Jimmy, ganz, ganz ruhig! Daddy ist jetzt da, mein Kleiner, alles ist gut!«
Otis’ Herz schlug wie wahnsinnig, aber niemand war zu Schaden gekommen. Dr. Chandra würde überglücklich sein, dass Jimmy zumindest nicht gestorben war, dachte Otis, der nun zum Kühlraum zurückkehrte. Jimmy war bestimmt hunderttausend Dollar wert.
Selbst zwei Sauberkeitsfanatiker wie Cecil und Otis bekamen den Leichengestank nicht weg, den der Kühlraum verströmte, obwohl sie mit Desinfektionsmittel schrubbten. Dieser Gestank, der nicht nur von Verwesung stammen konnte, umgab Otis, als er das Licht anschaltete, das den Innenraum aus Edelstahlerleuchtete. O Mann, der Affe hatte eine echte Sauerei veranstaltet! Überall zerrissenes Papier, kopflose Rattenkadaver, starres, weißes Fell, obszön wirkende nackte Schwänze. Und hinter dem Dutzend Rattenbeuteln zwei erheblich größere Säcke, die ebenfalls aufgerissen waren. Seufzend zog Otis los, um neue Papierbeutel aus einem Schrank zu holen und das Chaos aufzuräumen, das Jimmy hinterlassen hatte. Nachdem die toten Ratten wieder ordentlich in Tüten verpackt waren, griff er in den eisigen Raum und zog den ersten der zwei großen Säcke nach vorne. Er war von oben bis unten aufgerissen.
Otis öffnete den Mund und schrie genauso schrill wie Jimmy zuvor. Als Cecil aus dem Affenzimmer hereingestürzt kam, brüllte er immer noch. Dann, ohne Notiz von Cecil zu nehmen, drehte er sich um und rannte aus der Tierstation, die Korridore hinunter, ins Foyer, aus dem Eingang hinaus. Die ganze Eleventh Street hinunter öffneten und schlossen sich seine Beine in einem schmerzenden Laufrhythmus, der erst aufhörte, als er sein Zuhause im
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