Der Milliardär und das Kindermädchen
mit ihren großen blauen Augen.
„Ja, ich habe sie sehr geliebt“, erwiderte er schließlich, obwohl ihn eine innere Stimme davor warnte, sich so weit zu öffnen. „So sehr, dass mit ihrem Tod auch etwas in mir gestorben ist.“ Er ließ Melanie wieder los. Was hatte er da eigentlich gerade gesagt? Schluss damit, ermahnte er sich. Das führt doch zu nichts.
Aber er konnte sich nicht mehr bremsen. Viel zu lange hatte er all seine Schmerzen zurückgehalten. Als er gestern an der Brücke endlich seine Gefühle gezeigt hatte, hatte er sich gleich wie ein neuer Mensch gefühlt.
Bloß dummerweise wusste er nicht, wer dieser neue Mensch war, und was aus ihm noch werden sollte. Auf einmal sah er wieder die weiße Brücke aus dem Park vor sich, und dann verschwamm alles vor seinem inneren Auge.
Trotzdem sprach er weiter: „Ich weiß nicht, ob ich jemals wieder für eine andere Frau da sein kann“, sagte er. „Aber so nah wie du ist mir bisher noch keine Frau gekommen, Melanie. Du …“ Beinahe hätte er den letzten Teil des Satzes fallen lassen, aber dann sprach er die Worte doch aus: „Du bist die erste Frau, mit der ich seit Danielles Tod … zusammen war.“
Mitfühlend sah Melanie ihn an. Bevor sie etwas erwidern konnte, fuhr er fort: „Ich weiß, ich habe mich wirklich extrem zurückgezogen. Erst du hast mich aus meiner selbstgewählten Isolation herausgeholt. Mit meinen Geschenken wollte ich dir zeigen, wie dankbar ich dir für alles bin, was du mir gegeben hast.“
„Das verstehe ich.“
Melanie, dachte er. Wie es wohl wäre, wenn sie gemeinsam mit Livie an erster Stelle in seinem Leben stünde? Wenn die beiden seine Arbeit auf Platz zwei verdrängen würden?
Allerdings war sein Job sehr viel berechenbarer: Die Arbeit war immer da und wartete auf ihn – egal, wie Zane sich fühlte und wie er sich aufführte. Bei Melanie würde er aufpassen müssen. Außerdem konnte er nie sicher sein, dass sie bei ihm bleiben würde.
Er schluckte, als sie ihm eine Hand auf den Arm legte. „Ich würde dir so gern dabei helfen, diese schlimmen Dinge hinter dir zu lassen“, sagte sie.
Als er ihr in die Augen blickte, spürte er, dass sie es wirklich ernst meinte. „Ich kann dir auf keinen Fall erzählen, wie es in mir aussieht.“
„Und warum nicht? Meinst du, dass ich nicht stark genug bin, das alles zu ertragen?“ Mit dem Daumen rieb sie ihm über den Arm, ganz sanft. Dann fuhr sie fort: „Ich habe übrigens ein paar Artikel über manisch-depressive Erkrankungen gelesen, um mir einen groben Überblick zu verschaffen.“
Einen groben Überblick bekommt man schnell, dachte Zane.
Manisch-depressive Menschen litten unter starken Stimmungsschwankungen und einem instabilen Energiehaushalt. Sie waren dem Leben nicht immer gleichermaßen gewachsen. So weit die Theorie, die sich in ein paar Sätzen zusammenfassen ließ.
In der Praxis sah alles ganz anders und vielschichtiger aus. Die Praxis ließ sich nicht in ein paar Artikeln zusammenfassen.
Aber immerhin hat Melanie versucht, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, sagte er sich. Das berührte ihn sehr.
„Danielle hatte abwechselnd manische und depressive Phasen“, erklärte er. „Das ging wortwörtlich von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt. Wenn sie sich schlecht fühlte, gab sie oft mir oder ihrer Familie die Schuld. Ein paarmal war sie sogar im Krankenhaus.“ Er seufzte.
„Richtig schlimm wurde es dann nach Livies Geburt“, fuhr er fort. „Da meinte sie immer wieder, sie würde mir nur zur Last fallen. Ich habe damals alles getan, um ihr zu zeigen, wie sehr ich sie und Livie liebe. Schließlich hat sie ziemlich starke stimmungsstabilisierende Medikamente eingenommen, die ihr auch gut geholfen haben.“
„Aber dann hat sie die Medikamente wieder abgesetzt?“, hakte Melanie nach.
Zane nickte. Über den Selbstmord wollte er nicht sprechen, jedenfalls jetzt noch nicht. Selbst sechs Jahre später wühlte ihn das Thema zu sehr auf.
„Und was ist mit Livie?“, erkundigte sich Melanie besorgt. „Ich habe gelesen, dass die Krankheit vererbbar ist.“
„Sie war schon bei verschiedenen Ärzten, und die haben alle nichts gefunden. Ich sorge aber dafür, dass sie weiterhin zu Kontrolluntersuchungen geht. Sicher ist sicher.“
„Ja.“ Melanie strich ihm über den Arm. „Du hast damals alles getan, was du konntest, und das tust du jetzt auch.“ Sanft umfasste sie seinen Unterarm, als wollte sie ihm auf diese Weise Kraft geben.
„Ich weiß,
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