Der Milliardär und das Kindermädchen
richtig bei ihm ankamen – bis auf ihr „Das kannst du mir glauben“. Dabei fiel ihm auf, dass Melanie bisher kaum von ihrer eigenen Familie gesprochen hatte. Gut, beim zweiten Vorstellungsgespräch hatte sie ein paar Sätze über ihre Halbgeschwister verloren, aber schon damals hatte sie dabei sehr zurückhaltend auf ihn gewirkt.
„Bitte, Zane“, beharrte sie.
Innerlich kochte er zwar immer noch, aber gleichzeitig wurde er den Eindruck nicht los, dass sie recht hatte. Allerdings verstand er nach wie vor nicht, was Livie davon haben sollte, wenn sie von Danielles Krankheit erfuhr. Wie wäre es für sie, wenn sie hörte, dass ihre Mom kurz nach Livies Geburt ihre schlimmste Zeit durchgemacht hatte? Daraufhin hatte man ihr stimmungsstabilisierende Medikamente verschrieben. Irgendwann hatte sie sich wieder so „gesund“ gefühlt, dass sie die Medikamente heimlich weggelassen hatte.
Musste Livie das alles erfahren? Andererseits – vielleicht tat es ihr wirklich ganz gut, wenn er ihr von der Frau erzählte, die er so sehr geliebt hatte. Allmählich begann er sich mit der Idee anzufreunden. Und den Ausflug zu der Brücke im Park musste er ja nicht unbedingt mitmachen.
„Also gut“, sagte er schließlich. „Ich komme zwar nicht mit, aber du kannst mit Livie gern zu der Brücke gehen.“
Melanie nickte, als hätte sie gar nicht mehr von ihm erwartet. „Danke“, sagte sie. „Und falls du es dir anders überlegen solltest, weißt du ja, wo du uns finden kannst.“
Dazu fiel ihm erst mal keine Antwort ein. Zum Glück rief Livie in diesem Moment laut nach Melanie. Sie wollte ihr das Schloss aus Steinen zeigen, das sie für ihre Nanny gebaut hatte. Wahrscheinlich würde es bald in sich zusammenfallen …
Der Samstag, Danielles sechster Todestag, war nicht ganz so sonnig wie die vorherigen Tage. Melanie zog Livie ein besonders schönes Kleid an, bürstete ihr welliges Haar aus und machte ihr zwei Zöpfchen. Dann fuhr sie mit ihr zum Crane Park, Danielles Lieblingsort, sagte ihr aber nicht, warum.
Gemeinsam gingen sie auf die alte weiße Holzbrücke zu, in die kleine Tauben eingeschnitzt waren. Als sie direkt davor standen, ergriff Melanie die Hand des Mädchens.
In den letzten Tagen hatte sie immer wieder darüber nachgedacht, wie es wohl wäre, wenn Zane seine Vergangenheit endlich aufarbeiten könnte. Wenn er und Melanie doch eine Beziehung eingehen könnten. Natürlich war das nur eine Träumerei. Denn selbst wenn er bereit dafür wäre, könnte sie sich nie darauf einlassen. Dafür hatte sie gute Gründe, die in ihrer Vergangenheit lagen.
Mit ihren großen Augen sah Livie ihre Nanny abwartend an, als wüsste sie, dass es mit diesem Ausflug etwas ganz Besonderes auf sich hatte. Melanie drückte ihre kleine Hand und betrat mit Livie die Brücke. Außer ihnen waren nur wenige andere Menschen im Park. Nur wenige Vögel sangen auf den Bäumen, und das Wasser plätscherte nur leise vor sich hin. Es war seltsam still an diesem Ort.
„Gefällt dir die Brücke?“, erkundigte sich Melanie. Sie hatte einen Kloß im Hals.
Livie nickte. „Sie ist so schön weiß und sieht aus wie aus einem Märchen.“
„Ich habe gehört“, begann Melanie, „dass deine Mom früher sehr gern hergekommen ist.“
Livies Augen leuchteten. „Meine Mom?“
„Ja.“
Das Mädchen strahlte über das ganze Gesicht. Heiße Tränen schossen Melanie in die Augen und nahmen ihr die klare Sicht. In ein paar Jahren verstand Livie vielleicht, warum Melanie heute mit ihr in diesen Park gekommen war. Möglicherweise würde sie dann noch einmal spüren, wie sehr ihre Nanny sie geliebt hatte. Das hoffte Melanie jedenfalls.
Das Mädchen legte eine kleine Hand auf das geschnitzte Geländer. „Ich war damals noch ein Baby. Aber ich glaube, ich erinnere mich trotzdem an sie.“
Eine Träne lief Melanie über die Wange. Sie wischte sie unauffällig weg. „Wirklich?“
„Ja, sie hat mir manchmal etwas vorgesungen. Monty hat mir das erzählt, und dann hat er auch ein Lied für mich gesungen, als er mich zum Arzt gefahren hat. Zu einer … einer Kontro…“
„Kontrolluntersuchung?“ Melanie legte die Hand auf Livies schmalen Rücken. „Was war das für ein Lied?“
Livie sah einen Moment lang nachdenklich ins Wasser. Dann summte sie eine traurige Melodie, ein Gutenachtlied. Nach einigen Takten brach sie ab. „Weiter weiß ich nicht“, sagte sie.
Melanie drückte das Mädchen fest an sich, während ihr eine weitere Träne über die
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