DER MILLIONÄR AUS MIAMI
zwar und setzte sich wieder auf das Sofa, wippte jedoch ruhelos mit den Beinen. „Mommy ist bei Tante Julia, oder?“
Rafe warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Nicole hatte darauf bestanden, einen Linienflug zu nehmen, obwohl er ihr seinen Privatjet zur Verfügung gestellt hatte. „Ihr Flugzeug ist vor Kurzem gelandet, also müsste sie jetzt auf dem Weg zu deiner Tante sein.“
„Sie hat gesagt, dass sie mich anruft, wenn sie da ist“, verkündete Joel und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.
„Das wird sie auch.“
„Sie ist die Patentante von Sidney. Das ist fast wie eine Mommy, aber nicht ganz. Sie ist nur meine Mommy.“
„Ganz genau“, erwiderte Rafe. „Komm, setz dich zu mir.“
Joel sprang vom Sofa und kletterte auf Rafes Schoß. Wie immer, wenn sein Sohn ihm so nahe war, überkam ihn eine Welle von Zuneigung und Beschützerinstinkt.
Es war ganz offensichtlich, wie sehr Joel seine Mutter vermisste. Damit hatte Rafe auch gerechnet. Weit mehr überraschte ihn dagegen, dass auch er sich unwohl fühlte. Seit Nicole das Haus verlassen hatte, hatte er das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Und dabei hätte er eigentlich erleichtert sein sollen. Denn wenn sie nicht da war, erinnerte ihn nichts an ihren schrecklichen Fehler oder daran, wie viel er für sie empfand und wie überzeugend sie ihm vorgemacht hatte, dass ihr tatsächlich etwas an ihm lag.
In den zwei Wochen, die seit ihrem Streit vergangen waren, hatte er immer wieder auf einen Wutausbruch von Nicole gewartet. Doch in ihren Augen hatte er nur Schmerz gelesen. Und dann hatte sie ihm angeboten, auf alles zu verzichten, auch auf das Geld, das ihr laut Ehevertrag im Falle einer Scheidung zustand. Anfangs hatte er ihr Angebot für den Auftakt einer typischen Livingstone-Intrige gehalten, doch mittlerweile war Rafe sich nicht mehr so sicher.
Joel lehnte sich an seine Brust und seufzte tief. Dreißig Minuten später war er eingeschlafen. Vorsichtig stand Rafe auf und trug ihn in sein Zimmer. Kurz dachte Rafe darüber nach, seinen Sohn ohne Zähneputzen ins Bett zu bringen. Er überlegte es sich jedoch anders, als er sich Nicoles Reaktion ausmalte, wenn sie es herausfand.
Nachdem Rafe seinen Sohn bettfertig gemacht hatte, las er ihm ein Buch vor. Mitten in der Geschichte klingelte sein Handy. Rafes Puls stieg, als er sah, dass es sich bei dem Anrufer um Nicole handelte. „Hallo“, sagte er.
„Hallo. Danke, dass du abgenommen hast. Ich hatte Joel versprochen, dass ich ihn anrufe.“
„Warte, ich gebe ihn dir“, erwiderte Rafe und hielt Joel das Telefon ans Ohr. Sein Sohn plauderte kurz mit Nicole, dann schien sie etwas zu fragen.
„Ja, mir geht’s toll! Daddy und ich haben Pizza gegessen.“ Wieder schwieg Joel kurz, dann sagte er: „Ich hab dich auch lieb, Mommy.“
„Gib sie mir noch mal“, flüsterte Rafe.
„Daddy will dich sprechen.“ Lächelnd reichte Joel ihm das Handy.
„Bist du sicher, dass ich dir nicht den Privatjet schicken soll?“, fragte Rafe.
„Nein, danke, das ist nicht nötig. Schließlich ist es ein Direktflug. Es genügt, wenn der Chauffeur mich abholt.“
„Okay. Pass auf dich auf.“
Sie schwieg kurz, dann erwiderte sie: „Du auch auf dich.“
Joel drückte ihm das Buch wieder in Hand. „Ich hab die beste Mommy der Welt“, erklärte er entschieden und rieb sich die Augen. „Sie kann toll vorlesen und spielt Spiele mit mir. Aber sie kann nicht gut Wii spielen.“
Rafe lachte leise. „Niemand ist vollkommen.“
„Sie aber fast“, meinte Joel und schmiegte sich an ihn. „Werden wir für immer hier wohnen?“
Als Rafe den hoffnungsvollen Blick seines Sohnes sah, wurde ihm schwer ums Herz. „Gefällt es dir hier denn?“
Joel nickte. „Vor allem der Pool. Und du kannst gut Wii spielen.“
Lachend umarmte Rafe ihn. „Ich finde es toll, dass du hier bist.“
Joel gähnte und kuschelte sich in sein weiches Bett. „Gute Nacht, Daddy.“
„Gute Nacht.“ Rafe wartete, bis Joel eingeschlafen war, dann knipste er die Nachttischlampe aus und verließ leise das Kinderzimmer.
Als er allein im Foyer stand, fühlte er sich unendlich einsam. Was war nur geschehen? Wann hatte er aufgehört, Nicole einfach nur zu begehren, und angefangen, sie zu brauchen? Er war so zornig gewesen. Darüber hatte er gar nicht gemerkt, dass er sie immer noch an seiner Seite haben wollte!
Plötzlich erkannte Rafe, dass er in all seiner Verletztheit und Enttäuschung vergessen hatte, wie viel Nicole für ihn
Weitere Kostenlose Bücher