DER MILLIONÄR AUS MIAMI
getan hatte. Sie hatte ihm den Rücken freigehalten, ihm alles beigebracht, was er wissen musste, um seinen Sohn großziehen zu können – sie war sogar mit ihm nach Miami gezogen, verdammt noch mal! Sie hatte ihm geglaubt, nachdem Maddie verrückt gespielt hatte, und war bei ihm geblieben, obwohl ihr Vater all diese schrecklichen Dinge über ihn gesagt hatte. Immer wieder hatte alles gegen ihn gesprochen, hatte Nicole gute Gründe gehabt, ihn zu verlassen. Dennoch war sie geblieben.
Nun fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Indem er Nicole abgewiesen hatte, hatte er das Wertvollste verloren, was ihm das Leben jemals geschenkt hatte: die Chance auf eine echte Familie mit einer wundervollen Frau, die alles für ihn und ihren Sohn zu geben bereit war.
Die ganze Nacht über lief er rastlos im Wohnzimmer auf und ab und dachte darüber nach, wie er wiedergutmachen konnte, was er angerichtet hatte. Als Nicole abgereist war, hatte sie todtraurig und verletzt ausgesehen. Das war allein seine Schuld gewesen! Und indem er Nicole verletzte, verletzte er letzten Endes doch nur sich selbst. Hatte er die Chance seines Lebens verpasst?
Mit Tränen in den Augen beobachtete Nicole, wie Julia und ihr Mann sich vor der Taufe mit dem jungen Pfarrer unterhielten und einander immer wieder verliebte Blicke zuwarfen. Nie im Leben würde ihr Ehemann sie auf diese Art ansehen. Und wenn sie mit Rafe verheiratet blieb, würde sie vermutlich nie ein zweites Kind haben. Der bloße Gedanken daran zerriss Nicole fast das Herz.
Sie ärgerte sich darüber, dass sie diese Emotionen nicht längst überwunden hatte. Sie musste endlich aufhören, sich zu bemitleiden! Entschlossen, die Fassung zu wahren, richtete Nicole sich in der schmalen Kirchenbank auf, als sie hinter sich Schritte hörte.
Als sie sich umdrehte, sah sie Rafe mit Joel an der Hand auf sich zukommen. Erschrocken sprang sie auf. „Ist alles in Ordnung?“, fragte sie Rafe und warf Joel einen ängstlichen Blick zu. „Ist etwas mit Joel?“
„Es geht ihm ausgezeichnet“, versicherte Rafe ihr. „Ich dachte nur, du solltest deinen Sohn und deinen Ehemann an deiner Seite haben, wenn du Patin wirst.“
Verblüfft sah sie ihn an. „Wie bist du …“
„Mit dem Jet“, erklärte er und führte sie wieder zu ihrem Platz.
Joel kam auf sie zugesprungen und umarmte sie fest. „Warum hat Sidney so ein langes Kleid an?“
„Das nennt man Taufkleid, Schatz“, erwiderte Nicole. „Ich habe dich vermisst.“
Er umarmte sie erneut und setzte sich neben sie. Rafe nahm auf ihrer anderen Seite Platz und legte seinen Arm auf die Rückenlehne der Bank, sodass Nicole seine Hand an der Schulter spürte. Was ging hier nur vor sich? „Rafe, ich verstehe nicht, was los ist!“
„Wir reden später“, flüsterte er.
Sie sah ihm in die Augen und entdeckte, dass zum ersten Mal seit Wochen kein Zorn in seinem Blick lag. Während auch die anderen Gäste Platz nahmen, schlug Nicole das Herz vor Aufregung bis zum Hals.
„Willkommen“, setzte der Pfarrer an. „Wir haben uns heute hier versammelt, um dieses Kind in unserer Mitte willkommen zu heißen.“
Nicole versuchte, sich auf die Zeremonie zu konzentrieren, doch Rafes Anwesenheit lenkte sie einfach zu sehr ab. Immer wieder sah er sie von der Seite an, und sie hatte fast das Gefühl, dass er … Entschlossen befahl sie sich, diesen Gedanken nicht zu Ende zu führen. Noch mehr Enttäuschungen würde sie einfach nicht verkraften.
Nach der Taufe fuhr die kleine Gästeschar zu Julia und ihrem Mann nach Hause, wo ein Empfang abgehalten wurde. Erst dort hatte Julia Gelegenheit, Rafe zu begrüßen. „Guten Tag. Ich wusste ja nicht, dass Sie kommen – was für eine schöne Überraschung!“
„Ich habe mich erst in letzter Sekunde entschieden. Ich hoffe, dass ich Ihnen damit keine Umstände bereite“, erwiderte Rafe.
„Überhaupt nicht.“ Julia sah neugierig zwischen Rafe und Nicole hin und her. Dann betrachtete sie Joel, der mit einem anderen kleinen Jungen eine Legoburg zusammenbaute. „Joel scheint beschäftigt zu sein. Könnten wir vielleicht zu dritt nach draußen gehen? Ich habe noch ein paar Geschenke im Auto, die ich nicht allein tragen kann.“
„Na klar“, sagte Nicole und folgte ihrer Freundin vor das Haus. Überrascht, wie kühl es hier war, rieb sie sich die Arme.
Als Rafe plötzlich von hinten die Arme um sie schlang, um sie zu wärmen, war Nicole vor Schreck wie erstarrt. „Sieht so aus, als hättest du dich schon an
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