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Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman

Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman

Titel: Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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dekoriert war, blieb er kühl wie ein Eisblock.
    Geskamp hatte dagegen bereits dicke Schweißperlen auf der Stirn. »Hast du das paper gelesen?«, raunte er mir zu.
    »Ja«, sagte ich. Ich hatte nicht einmal einen Blick darauf geworfen.
    Geskamp eröffnete die Pressekonferenz. Er stellte kurz den Anlass dar und gab dann Schwarz das Wort.
    Schwarz machte seine Sache geschickt. Er verzichtete darauf, sich selbst zum Opfer zu stilisieren, sondern spielte die Rolle des besorgten Vaters, dessen Sohn in eine Polizei- und Justizposse geraten war. Vor dem Hintergrund der harschen Kritik, mit der er die Arbeit der münsterschen Kriminalpolizei überzog, präsentierte er mich als edlen Retter.
    »Ohne die Hilfe von Herrn Wilsberg«, rief er aus, »würde mein Sohn noch immer als gemeiner und gefährlicher Verbrecher gelten. Ein unglaublicher Skandal, wenn man bedenkt, dass Herr Wilsberg nur wenige Tage benötigt hat, um die Unschuld meines Sohnes zu beweisen, während der Polizeiapparat wochenlang damit beschäftigt war, jedes kleinste Indiz gegen ihn zu verwenden. Die Unschuldsvermutung, eine Grundfeste unseres Rechtssystems, ist von diesen Damen und Herren eklatant verletzt worden.«
    Die Objektive der Fotografen richteten sich vorübergehend auf mich. Ich setzte ein Lächeln auf, das grimmig und zugleich entschlossen wirken sollte. Einer der Fotografen wedelte mit einer dunklen Sonnenbrille, die mir angeblich gut stehen würde, doch Geskamp winkte ab.
    Nachdem das Blitzlichtgewitter abgeklungen war, ergriff Schwarz erneut das Wort. Er berichtete von einem Telefongespräch, das er am Morgen mit dem Parteivorsitzenden geführt habe. Der Parteivorsitzende habe ihm die ungebrochene Solidarität der Parteiführung versichert, er, Schwarz, gehöre nach wie vor zur ersten Mannschaft, die nach dem Wahlsonntag das Ruder in die Hand nehmen werde. Dann ließ der Bundestagsabgeordnete anklingen, dass es bestimmten politischen Kräften durchaus recht gewesen wäre, wenn ihn die Affäre zu Fall gebracht hätte.
    »Auch in Ihrer eigenen Partei?«, fragte ein Journalist.
    Schwarz legte den Kopf schief und grinste. »Hüte mich vor meinen Freunden, mit meinen Feinden komme ich allein zurecht. Nein, in diesem Fall trifft der Satz wohl nicht zu.« Er nickte gravitätisch. »Ich habe viel Zuspruch aus meiner Partei erfahren. Dass meine Parteifreunde zu mir gestanden haben, hat mir in den, wie ich zugeben muss, schweren Tagen der Ungewissheit und Sorge die nötige innere Stärke verliehen.«
    Ein anderer Journalist meldete sich. »Sie gelten als Ministerkandidat. Glauben Sie, dass die Sache eingefädelt wurde, um Ihren Aufstieg zu verhindern?«
    Schwarz wurde ernst. Er habe keine Beweise, aber auszuschließen sei das nicht. Die Verrohung der politischen Sitten, die in vielen Ländern der Welt zu beobachten sei, schreite leider auch in Deutschland voran.
    Nun wollten die Journalisten von mir wissen, wie ich den Fall aufgeklärt habe. Ich hielt mich an die Regieanweisung und sagte, dass ich keine Namen und Einzelheiten nenne könne, da die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. Außerdem müsse ich meine Zeugen schützen. Tatsache sei jedoch, dass die beiden Hauptbelastungszeugen ihre Beschuldigungen gegen Christian Schwarz zurückgenommen hätten.
    »Erzählen Sie uns von der sexbesessenen Maso-Studentin aus Münster!«, verlangte eine Journalistin.
    Geskamp grunzte warnend.
    »Da gibt es nicht viel zu erzählen«, antwortete ich. »Ich habe lediglich entdeckt, dass die Frau, die den Sohn des Abgeordneten angezeigt hat, eine Vorliebe für bestimmte Sexualpraktiken hat. Das hat mich auf die richtige Spur geführt.«
    »Herr Wilsberg ist viel zu bescheiden«, schaltete sich Geskamp ein, der offensichtlich die lästige Fragerei beenden wollte. »Herr Wilsberg ist ein Ass auf seinem Gebiet. Sonst hätten wir ihn ja auch nicht engagiert. So, meine Damen und Herren, gibt es noch politische Fragen?«
    Es gab keine, und Geskamp erklärte die Pressekonferenz für beendet.
    Die Menge stob auseinander, der nächste Termin rief. Alles in allem hatte die Veranstaltung eine knappe halbe Stunde gedauert.
     
    »Schade, dass wir nicht an den Schwarz-Sohn und die Sexfalle herankommen«, sagte die Reporterin, die für Taff arbeitete. »Aber wir können die Geschichte mit Archivmaterial aus dem Rotlichtmilieu aufmotzen. Das kommt immer gut. Hauptsache, Sie reden frei von der Leber, so richtig schön vulgär.«
    »Ich fürchte, damit kann ich Ihnen nicht

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