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Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman

Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman

Titel: Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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dienen«, sagte ich.
    Wir standen auf der Hotelterrasse. Der Kameramann hatte vorgeschlagen, mich vor dem Hintergrund des fließenden Stroms aufzunehmen.
    »Scheiße.« Sie schüttelte ihre wind- und wetterfeste Frisur, die bei jedem ihrer wuchtigen Schritte wippte. Die Frisur und das breitflächige Gesicht mit Stupsnase ließen sie aussehen wie eine amerikanische Sekretärin auf Europareise.
    »Stellen Sie sich bloß nicht zickig an! Ich bin nicht nach Bonn gekommen, um politische Statements aufzunehmen. In unserem Magazin geht es um das pralle Leben: Sex, Gewalt, menschliche Tragödien. Der Assistent von Schwarz hat mir genau das versprochen. Glauben Sie, ich kann meinem Redaktionsleiter mit einem drögen Interview kommen? Also halten Sie sich gefälligst an die Abmachung!« Sie schaute mich kritisch an. »Haben Sie keinen Trenchcoat dabei?«
    »Nein.«
    »Wir müssen irgendetwas mit Ihrem Aussehen machen. Sie sehen viel zu harmlos aus. Wissen Sie, ich habe schon mit Privatdetektiven zu tun gehabt. Die meisten wirken aufregender, irgendwie animalisch, zusammengewachsene Augenbrauen, dichter Schnurrbart und so. Sie dagegen …«
    »Tut mir leid«, sagte ich.
    »Ziehen Sie erst mal Ihr Jackett aus! Ich glaube, der Blouson von Micky könnte Ihnen passen.« Sie zeigte auf den Mann, der den Ton steuerte. Er trug einen weinroten Blouson.
    Langsam wurde mir die Sache zu bunt. »Das werde ich nicht tun. Und entweder stellen Sie jetzt Ihre Fragen oder das Interview ist beendet.«
    »Wollen Sie ins Fernsehen oder nicht?« Ihre Frisur wippte bedrohlich. »Morgen früh sind Sie ein berühmter Mann. Und denken Sie an die PR für Ihre Firma.«
    »Ich brauche keine PR, die auf meinen animalischen Qualitäten beruht. Ich pflege meine Fälle mit dem Kopf zu lösen.«
    Sie lachte höhnisch. »Soll ich Ihnen was verraten? Ich bin auch nicht gerade Verona Feldbusch. Meinem Dativ habe ich immer dabei. Wenn Sie’s genau wissen wollen: Ich habe einen Doktor in Paläoanthropologie gemacht. Nur für den Fall, dass Sie glauben, ich sei blöd.«
    »Können wir endlich anfangen?«, knurrte der Kameramann.
    »Paläoanthropologie?«, staunte ich anerkennend. »Dann würden Sie sich sicher gut mit meiner Assistentin verstehen. Die glaubt nämlich, dass wir Menschen nur eine etwas überkandidelte Affenart sind.«
    Die Reporterin ignorierte ihre genervte Crew. »Zoologie hatte ich lediglich im Nebenfach. Doch ich unterschreibe gerne, dass beim Verhalten mancher Männer die Verwandtschaft mit den Großaffen durchscheint. Womit wir wieder bei unseren Zuschauern wären, die keine intellektuellen Diskussionen mögen.«
    »Ich auch nicht«, murrte der Kameramann.
    Mein Handy klingelte.
    »Schalten Sie es ab!«, rief die Reporterin. »Wir müssen jetzt anfangen.«
    Ich beachtete sie nicht. Franka war in der Leitung: »Du, ich habe gerade einen Anruf von Gudrun Benningdorf bekommen. Sie klang ziemlich verstört.«
    »Was wollte sie denn?«, fragte ich.
    »Irgendetwas ist mit Prückner geschehen, ich habe sie nicht genau verstanden. Bevor ich nachfragen konnte, hat sie aufgelegt. Es kam mir so vor, als fühlte sie sich verfolgt.«
    Das Haschisch, schoss es mir durch den Kopf. Prückner hatte es vielleicht nur für jemanden aufbewahrt und Ärger bekommen.
    »Ich habe ein komisches Gefühl bei der Sache, Georg.«
    Ich sagte ihr, dass ich so schnell wie möglich nach Münster zurückkommen würde. Franka versprach, sich in der Zwischenzeit umzuhören.
    Die Reporterin sah mürrisch aus. Der Kameramann und der Tonmann auch.
    »Schalten Sie das Handy aus!«, forderte mich die Reporterin auf. »Ich möchte nicht, dass es während der Aufnahme klingelt.«
    »Wie war das jetzt? Soll ich blöde oder saublöde in die Kamera gucken?«
    Sie stöhnte. »Verhalten Sie sich einfach ganz natürlich!«
    »Gut. Dann bedanke ich mich für das Interview. Einen schönen Tag noch!«
    Ich ging zum Hotel zurück.
    Der Kameramann fluchte. Die Reporterin schrie empört: »He! Das können Sie nicht machen!«
    Ich drehte mich um. »Kleben Sie sich einen buschigen Schnurrbart an und geben Sie sich Ihr verdammtes Interview selbst!«
     
    »Was ist passiert?«, fragte Till Geskamp, der uns aus einiger Entfernung beobachtet hatte.
    »Ich lass mich doch nicht zum Idioten machen«, schnauzte ich. »Die Tussi will, dass ich einen animalischen Detektiv spiele.«
    Geskamp war entsetzt. »Du kannst nicht einfach ein Interview verweigern, das ist gegen die Spielregeln.«
    »Ich habe in unserem

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