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Der Ministerpräsident - ein Roman

Der Ministerpräsident - ein Roman

Titel: Der Ministerpräsident - ein Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klöpfer , Meyer GmbH , Co.KG
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wieder einmal schwimmen. Sie sei seit Wochen nicht mehr geschwommen. Seit März sie zu uns geholt habe. Sie wollte endlich wieder ein richtiges Schwimmbad erleben – gerne auch mitten in der Nacht. Sie würde dafür über Zäune und Hecken steigen. Ob ich ihr mein Fahrrad leihen würde? Sicher würde ich ihr mein Fahrrad leihen, sagte ich, und zog mich an, nachdem sie sich bereits in aller Eile angezogen hatte, weil sie nun nach unten, in die Tiefgarage wollte. Dort stand der Wahlkampfbus. Daneben hatte Walter die Räder aufgestellt. Er wusch sie jeden Abend mit einem Hochdruckreiniger. Ich überreichte Hannah mein Fahrrad. Das sei ein furchtbares Fahrrad, sagte sie. Der Sattel sei viel zu hoch. Und auch zu hart. Wie ich auf einem solchen Sattel jeden Tag sitzen und wahlkämpfen könne. Doch sie blieb auf dem Sattel sitzen. Denn sie wollte endlich los. Das Fahrrad hatte nicht einmal einen Gepäckträger, an dem sie ihr Handtuch hätte befestigen können. Wie man ein solches Fahrrad nur bauen könne, meinte sie, ein Fahrrad ohne Gepäckträger. Das Fahrrad hatte auch kein Licht. Doch es war ihr egal. Es werde bald dämmern. Sie wollte nun los. Fast im Vorbeifahren fragte sie, ob ich mit ihr kommen würde? Und ich sagte ja, und sie schien sich darüber zu freuen. Also stieg ich auf irgendein Fahrrad neben dem Wahlkampfbus. Sie zog an einem Bändel neben der Garagentür. Die Tür öffnete sich. Dann fuhren wir ins Freie.
    Wir fuhren nebeneinander: sie auf meinem Fahrrad, ich auf dem Fahrrad eines Sicherheitsbeamten. Sie nannte es Sicherheitsbeamtenfahrrad. Und sie lachte über meinen Helm, den ich mir noch aufgesetzt hatte. Ich würde mit diesem Helm in der Tat aussehen wie ein Sicherheitsbeamter. Hannah meinte: Wenn wir nur den Fluss entlangführen, dann komme früher oder später ein Schwimmbad. Denn alle Schwimmbäder der Welt lägen an Flüssen. Zumindest die Schwimmbäder, die sie kannte. Also fuhren wir einen Fluss entlang. Sie sagte: Es sei sehr schön auf dem Fahrrad. Viel leichter als sie das erwartet hatte. Das Fahrrad fahre wie von selbst. Sie habe nirgendwo Schmerzen. Nicht einmal ihr Rücken tue ihr weh. Und auch an den Sattel hatte sie sich gewöhnt. Das Handtuch des Hotels lag über ihren Schultern. Dadurch sah alles harmlos aus.
    Als in der Ferne, am Ende eines Tals, tatsächlich ein Schwimmbad auftauchte, da war das ein wunderschönes Schwimmbad. Genau so, wie Hannah sich ihr Schwimmbad vorgestellt hatte. Es war nur schon seit Jahren stillgelegt. In den Schwimmbecken wuchsen bereits Bäume. Und Hannah überhäufte mich, halb im Spaß, halb im Ernst, mit Vorwürfen. Dass ich als Ministerpräsident dafür verantwortlich sei, dass es immer weniger Schwimmbäder gebe. Warum das so sei, fragte sie. Ich versprach ihr, dass ich mit März darüber reden würde. Schon nachher. Sobald wir wieder zurück seien. Denn sie tat mir nun leid. Weil sie sich so sehr auf das Schwimmen gefreut hatte. Und weil wir wahrscheinlich kein anderes Schwimmbad mehr finden würden. Jedenfalls nicht so bald.
    Sie schaute auf den Radcomputer und sagte: Wir fahren noch genau zwei Kilometer, dann kehren wir um. Und ich schaute auf meinen Radcomputer und sah, dass wir bereits über zehn Kilometer gefahren waren und dass wir diese zehn Kilometer wieder zurückfahren müssten. Doch sie sagte, sie habe keine Schmerzen. Ihr Fahrrad fahre wie von selbst. Sie könne immer so weiterfahren.
    In der Ferne sahen wir einen See. Doch Hannah wollte keinen See, sondern ein Schwimmbad, mit einem Sprungturm und einem Beckenrand, auf den wir uns nach dem Schwimmen legen könnten. Die Sonne schien bereits und Hannah wollte sich nach dem Schwimmen unbedingt auf einem Beckenrand in die Sonne legen. Mit ihren nassen Haaren. Und glänzenden Armen. Und ich wollte das auch.
    Später sagte ich: Es sei kurz vor sieben. Dass März uns demnächst wecken werde, dass wir langsam umkehren sollten, da sahen wir ein Schwimmbad. Es war ein Schwimmbad ohne Sprungturm, aber mit einem Beckenrand. Und wir stiegen ab und gingen sofort hinein, denn das Bad hatte bereits geöffnet. Hannah hatte keinen Badeanzug bei sich. Dafür ihr Hotelhandtuch. Sie zog sich hinter einem Busch aus und schwamm ohne Badeanzug. Sie sagte: Man sieht das kaum. Natürlich sah man es. Man sah es weithin. Und die Menschen, die Hannah sahen, sie saßen atemlos.
    Sie schwamm eine Ewigkeit, dann legte sie sich zu mir auf den Beckenrand in die Sonne. Wir lagen Hand in Hand. Wir wachten auf und schliefen

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