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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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mich! Wilhelm Herder!“
    „Ich bin gleichwohl der Ansicht, der Ort des Treffens soll Sie nur verängstigen. Er wird Herder nichts tun, denn er will ...“ Krafft biss sich auf die Lippen.
    Lewis sah ihn an und nickte. „Mich. Richtig.“
    Krafft vollführte eine abwehrende Geste. „Denken Sie nicht daran! Planen wir lieber, was zu tun ist.“ Er machte einige Schritte im Raum. „Ein paar Soldaten, und er ist überwältigt ...“
    „Herr Krafft! Das ist kein Angriff auf eine nichtsahnende Bande von Revolutionären! Löber fordert, ich solle allein kommen, und ich zweifle nicht daran, dass er seine Spitzel am Wegesrand postiert hat, die ihm melden, wenn wir mit einer Armee anrücken, und dann ...“ Er barg wieder das Gesicht in den Händen.
    Krafft ging aufgeregt hin und her. Dann schlug er mit der Faust in seine Handfläche. „Ich begleite Sie. In einigem Abstand, möglicherweise auch auf einem anderen Weg.“
    Lewis hob den Kopf. „Was können wir zu zweit schon ausrichten? Löber hat viele Männer um sich geschart, gegen die man nichts ausrichten kann. Es geht nicht mit Soldaten, und es geht auch nicht ohne sie.“
    Krafft trat vor. „Ich glaube nicht, dass Löber viele Verbündete hat. Der Großteil der Schwarzen Brüder ist außer Gefecht. Die anderen sind geflohen, und selbst wenn es noch weitere gibt, so glaube ich, dass diese sich eher ihre Wunden lecken und vielleicht ihre Reihen wieder füllen, als dass sie Löber bei seiner privaten Rache unterstützen.“ Er sah aus dem Fenster, wo nur noch vereinzelt Flocken fielen. „Ich denke, er ist allein. Vielleicht hat er diesen Brief sogar selbst überbracht. Er ist so von seiner Idee besessen, dass er sie mit niemandem teilen will. Er will allein Rache nehmen.“
    Lewis atmete schwer, dann stand er auf. „Sie glauben also, es sei möglich, seinen Plan zu vereiteln?“
    „Ja, und ich werde mein Bestes tun.“ Er lächelte, aber seine Augen blieben glanzlos.

    Lewis galoppierte allein durch die mondhelle Nacht gen Jena. Der Himmel war sternenklar, und es war kalt. Auf den Feldern und Hügeln lag eine dünne Schneeschicht, und von dieser hoben sich die dunklen Bäume ab wie Schriftzeichen auf einem Blatt Papier.
    Lewis hatte mit jedem Herzschlag den Brief Löbers vor Augen, in dem dieser drohte, Herder Schreckliches anzutun. Auch wenn er die Lider fest zusammenpresste, verschwand dieses Bild nicht. Dennoch war er froh, dass ihm sein Geist nicht Vorahnungen und Bilder des künftigen Geschehens vorgaukelte. Er hoffte inständig, es möge gelingen, Löber von seinem Tun abzuhalten. Lewis fürchtete sich davor, in allen späteren Tagen vor Augen haben zu müssen, was Löber am jungen Herder vollführen wollte. Dass er Löbers Schwur zufolge gar keine späteren Tage mehr erleben würde, daran dachte er nicht. Sein Denken war nur darauf gerichtet, Herder zu befreien.
    Irgendwo hinter ihm oder auf einem anderen Weg war in diesen Augenblicken Krafft unterwegs, mit seinem Degen und seinen Pistolen, von denen Lewis hoffte, dass er sie im Dienste der Gerechtigkeit einsetzen konnte. Er selbst trug einen kleinen Dolch unter dem Rock. Vielleicht würde er Löber nahe genug kommen können, um ...
    Er verscheuchte den Gedanken.

    Nach einer scheinbar unendlich langen Zeit in Dunkelheit und Kälte erreichte er Jena. Er passierte das Stadttor und lenkte seinen Falben in Richtung Kollegium. Mit einiger Mühe konnte er sich an die Wegbeschreibung erinnern, die ihm Herder einmal gegeben hatte.
    Er sah sich ab und an um. Irgendwann hatte Krafft zu ihm stoßen wollen, doch hatte dieser sich bislang nicht blicken lassen. Ob er für den anderen Weg mehr Zeit gebraucht hatte? Oder hatten ihn etwa Löbers Häscher abgefangen? Lewis erschrak – was, wenn selbst der Plan, dass nur Krafft ihn unterstützte, an Löbers Tücke gescheitert war?
    Doch er schüttelte den Gedanken ab. Es galt, Herder zu befreien. Mit oder ohne Krafft. Was danach kommen würde, sollte ihn in diesem Augenblick nicht schrecken.
    In seinem Inneren aber schrie alles nach Flucht.
    Als er die Südseite des sogenannten Stadtgrabens erreichte, konnte er an der Längsseite des akademischen Komplexes entlangblicken: Dort reihten sich der Karzer und die Bibliothek aneinander, und am Ende erkannte er den niedrigen, achteckigen Anatomieturm.
    Langsam ritt Lewis an der Baumreihe entlang, die sich auf der anderen Seite des Weges gegenüber den Gebäuden erstreckte. Er erkannte einen großen Schatten unter den Bäumen

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