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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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von Weimar!“
    Bode führte die beiden jungen Männer mit spöttischer Geste dort hinüber, wo Goethe in dem mächtigen Armstuhl saß, die Handgelenke an die Lehnen gebunden und von vier Feuerschalen auf eisernen Dreifüßen umstanden, in denen glühende Kohlen rauchten. Balsamo hatte sich vor Goethe aufgebaut, die Arme verschränkt und mit geschlossenen Augen. Der Geheimrat saß ganz ruhig dort, doch atmete er schwer und zornig.
    Bode trat zu ihm. „Ich warne dich! Sträube dich nicht“, mahnte er. „Ich kann dich gefügig machen.“
    Er griff in seinen Rock und förderte eine kristallene Phiole hervor, in der eine helle Flüssigkeit das Licht einfing.
    „Gift?“, lachte Goethe bitter. „Du müsstest wissen, dass ich von Herzen gern in den Tod ginge, wenn ich dafür nicht zu deinem Werkzeug werde.“
    Bode schwenkte das kleine Behältnis vor Goethes Augen. „Nein. Das Aqua Tophana wird dich nicht umbringen .“ Dann näherte er sich mit seinem Gesicht dem Goethes. „Nicht direkt. Es wirkt langsam. Sehr langsam. Es wird dich erst nach Ablauf eines Jahres umbringen, so dass du mir in dieser Zeit sehr wohl zu Diensten sein wirst. Die erfreuliche Wirkung ist zudem, dass es hier und jetzt deinen Willen brechen wird.“ Bode schwieg einen Moment. „Also sträube dich nicht und lebe glücklich bis an dein natürliches Ende.“
    Goethe antwortete nicht, doch seine Kiefermuskeln arbeiteten.
    „Gut“, meinte Bode.
    Dann wandte er den Kopf ab, ging zu Balsamo und nickte.
    „Löscht das Licht“, befahl dieser.
    Daraufhin senkten die Maskierten, die sich neben den Säulen mit den Fackelhaltern postiert hatten, die Feuerbrände in eiserne Vasen mit Wasser. Dampf stieg zischend auf, und dann war es finster im unterirdischen Saal. Nur die Kohlenbecken strahlten ihren rotglühenden Schimmer aus.
    Für einige Lidschläge konnte Lewis kaum etwas erkennen. Dann gewöhnten sich seine Augen schrittweise an das Zwielicht. Er sah, dass Balsamo begann, beschwörerisch zu gestikulieren und unverständliche Worte zu flüstern. Langsam umkreiste er den Fauteuil, auf dem Goethe saß, und damit auch die vier Becken mit der schwelenden Kohle darin. Wieder vollführte er Gesten.
    Lewis meinte, in Bodes Gesicht so etwas wie verdrossene Langeweile zu erkennen, doch mochte ihm das schwache Licht auch einen Streich spielen. Jedenfalls trat Bode einige Schritte vom Ort des Schauspiels zurück, als wolle er diesem nicht aus nächster Nähe beiwohnen, da es ihn zu wenig interessierte.
    Balsamo hatte seine Runde beendet und war wieder am Ausgangspunkt direkt vor Goethe angelangt. Herrisch riss er die Arme in die Höhe, und in diesem Augenblick begann es in den Kohleschalen aufzuzischen. Lewis schrak zusammen, Hardenberg auch. Dann züngelten kleine, blaue und grüne Flämmchen über die Glut, tanzten auf und ab und produzierten dichten, langsam aufsteigenden Rauch, der von ihrem Licht türkisfarben beleuchtet wurde. Ein schwerer, drückender Geruch wie von fremdländischen Spezereien machte sich breit. Lewis merkte, wie ihm der Kopf davon leicht wurde, und er sah, wie der Rauch sich allmählich in dem Saal verteilte und wie ein Nebel in einer bläulichen Schicht zwischen Boden und Decke zu schweben begann. Die bläulichgrünen Flämmchen stachen noch immer aus den Becken hervor und knisterten sacht.
    Balsamo trat zu einer der Kohleschalen, fuhr mit den Händen durch die Flammen, offenkundig, ohne Schaden zu nehmen, und zeigte dann auf Hardenberg. Der zuckte überrascht, und im selben Augenblick fuhr erneut heller Rauch aus der Schale, der zur Decke stieg. In dem Gewirbel schien Hardenberg Dinge zu erkennen, denn Lewis sah, wie sich dessen Augen weiteten und er wie im Traume sprach: „Ein Mädchen im grünen Halstuch. Sie lebt in einem ockerfarbigen Schloss. Die Philosophie, meine Braut, und sie ... oh nein, oh nein, sie stirbt!“
    Lewis sah voller Mitleid, wie sich die Augen Hardenbergs mit Tränen füllten.
    Er sprach mit dumpfer Stimme weiter. „Ein Fremdling ist da, umspielt von Blütenstaub ... nach Sais, nach Sais ... die Nacht, ein Lied an sie ... und die Blume ...“
    Hardenberg schwankte, und Lewis wollte den Arm ausstrecken, um ihn zu stützen, doch seine Glieder gehorchten ihm nicht. Er fühlte sich wie von Wasser umhüllt.
    „Das Lied der Toten“, hauchte Hardenberg und sah starr in die Flammen. Der Strom aus Rauch, der von dieser Schale aufgestiegen war, versiegte.
    Im gespenstischen Schein sah Lewis, wie Balsamo zur

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